Flug durch die Sonne
konnte.
Das Atmen machte ihm nun schon Schwierigkeiten. Die Gefahr einer Kohlendioxydvergiftung bestand nicht, denn jenes Gas wurde sofort chemisch gebunden. Aber dafür verringerte sich mit jedem Atemzug sein wertvoller Sauerstoffvorrat im Anzug. Er versuchte nur ganz schwach zu atmen und schloß die Augen, um zu ruhen. Schließlich konnte er im Augenblick gar nichts unternehmen, bis er den Asteroiden passiert hatte. Dort hinten auf der Nachtseite mochte Bigman vielleicht auf ihn warten.
Wenn es ihm dann gelang, in der Nähe des Schiffes Bigman mit seinem defekten Radio anzurufen, konnte er eine Chance haben.
Die Stunden waren Bigman langsam und quälend verstrichen. Jede Faser seines Körpers drängte danach zu landen, aber er wagte es nicht. Er sagte sich immer wieder, daß, wenn dort unten ein Feind existierte, er sich schon lange gezeigt hätte. Dann kam er wieder zu dem Schluß, daß eben dieses Schweigen auf die Existenz einer Falle hindeutete und daß Lucky gefangen worden war.
Er legte Luckys Kapsel vor sich und fragte sich, was sie wohl enthalten mochte. Wenn es nur eine Möglichkeit gäbe, sie zu öffnen, die dünne Rolle Mikrofilm, die sie enthielt, zu lesen. Wenn er das tun könnte, könnte er eine Radiomeldung zur Ceres durchgeben und dann auf dem Felsen landen. Er würde Lucky irgendwie heraushauen.
Nein! Erstens wagte er nicht, den Subäthersender einzuschalten. Zwar konnten die Piraten ihren Code nicht entschlüsseln, aber sie würden die Trägerwelle entdecken, und er hatte Anweisung, die Position des Schiffes nicht zu verraten.
Außerdem hatte es gar keinen Sinn, an das Öffnen einer persönlichen Kapsel zu denken. Ein Sonnenofen konnte sie vielleicht schmelzen und eine Atomexplosion sie vernichten – aber sie zu öffnen war unmöglich, wenn nicht die Person sie berührte, für die sie bestimmt war. Daran gab es nichts zu rütteln.
Und dann schrillten plötzlich die Glocken des Schwerkraftalarms.
Bigman blickte wie gebannt auf die Skala des Ergometers. Die Schwingungen mehrerer Schiffe verbanden sich zu komplizierten Kurven, die über den Bildschirm huschten.
Der Schild der Shooting Starr, der auf ausreichende Intensität geschaltet war, um den üblichen »Schutt« – so nannte man in der Weltraumfahrt Meteoriten von einem Zoll oder weniger Durchmesser – abzuwehren, stieg auf den Höchstwert. Bigman hörte, wie das leise Summen der Kraftanlage anschwoll. Die Schiffe kamen von dem Asteroiden, da sonst nirgends welche zu sehen waren. Sie mußten Lucky also gefangen haben, und er war vermutlich tot. Wie viele Schiffe jetzt auf Bigman zukamen, war ihm egal. Er würde es ihnen schon zeigen – jedem einzelnen von ihnen.
Er manipulierte an einem Zielgerät und brachte eines der feindlichen Schiffe ins Fadenkreuz. Dann drückte er eine Taste nieder, und das Piratenschiff glühte rot auf.
Das Aufglühen hatte nichts mit einer Veränderung seiner Hülle zu tun, sondern war vielmehr das Ergebnis der Aufladung des feindlichen Abwehrschirms: er glühte immer heller. Dann drehte das feindliche Schiff bei, und das Glühen erstarb.
Ein zweites Schiff und ein drittes tauchten auf. Ein Projektil bewegte sich auf die Shooting Starr zu.
Man konnte es jetzt ganz deutlich in den Strahlen der fernen Sonne erkennen. Es bildete einen kleinen Kreis auf einem Bildschirm, der immer größer wurde, bis er schließlich aus dem Feld des Bildschirms herausgewandert war.
Bigman hätte ausweichen können, aber er hatte nichts dagegen einzuwenden, daß das Projektil traf. Er wollte, daß sie sahen, womit sie hier spielten. Die Shooting Starr mochte wie die Privatjacht eines reichen Mannes aussehen, aber so leicht war ihr nicht beizukommen. Das Projektil traf und kam im Absorberschild der Shooting Starr zum Stillstand, das, wie Bigman wußte, für einen Augenblick aufgeflammt sein mußte. Das Schiff selbst machte eine kleine Bewegung, um die kinetische Energie aufzuzehren, die das Schild durchdrungen hatte.
»Und jetzt die Gegengabe!« murmelte Bigman. Die Shooting Starr besaß zwar keine Projektile, dafür aber Energieprojektoren.
Seine Hand schwebte schon über den Knopf des Zielgerätes, als er auf einem der Bildschirme etwas sah, das wie ein Mann in einem Raumanzug aussah. Er runzelte die Stirn.
Es läßt sich nicht leugnen, daß ein Mann in einem Raumanzug einem Raumschiff gefährlicher werden kann, als die besten Waffen eines anderen Schiffes. Ein feindliches Schiff läßt sich durch seine
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