Flug in den Weltraum
der Höhe ab, schlug auf dem Waldboden auf und blieb regungslos liegen.
»Ist ja kaum möglich!« wunderte sich der Bauer. »Habe noch nie gehört, daß eine Eichkatze sich zu Tode gefallen hat ... Da muß noch was anderes im Baum gesessen haben ... ein Wiesel vielleicht ... oder ein Marder ... der ihm an die Kehle wollte?« Während Schanze so vor sich hin sinnierte, haftete sein Blick an dem gestürzten Tier. Es sah nicht, wie sich zwanzig Meter höher aus der Baumkrone ein zylindrischer Körper nach oben erhob, jetzt schon die obersten Baumzweige hinter sich ließ und in langsamem Flug senkrecht emporstieg.
Diesmal war es wirklich ein Tier gewesen, ein spielender Eichkater, der in jähem Sprung gegen die Strahlflächen von Hegemüllers Rakete geprallt war und sie dabei verstellt hatte. Nicht eben sehr viel, aber doch so viel, daß die Maschine wieder einen leichten Auftrieb bekam, ihren Stützpunkt verließ und in langsamem Flug nach oben strebte.
Von alledem aber sah der Bauer Schanze nichts, weil seine Blicke am Boden hafteten. Er trat an den Stamm heran, hob das Tier auf, überzeugte sich, daß es tot war, und steckte es in seinen Rucksack. Ich werd’s zu Hause abledern, dachte er, während er rüstig weitermarschierte. Der Pelz ist gut. Gibt ein schönes Stück für den Winter.
*
Die Werkssirenen waren verklungen; hinter den letzten Leuten der Belegschaft schlug der Pförtner das eiserne Gittertor zu; still und verlassen lagen die Bauten und Höfe des Werkes. Nur an zwei Stellen herrschte noch Leben und Betrieb in ihm.
Auf dem Abstellplatz waren um den schimmernden Rumpf der neuen Rakete Lüdinghausen, Grabbe und Saraku versammelt. Die Tür des geräumigen Zylinders stand offen. Aus dem Innern klang das Klappern einer Morsetaste. Dr. Hegemüller war dabei, noch einmal die Funkeinrichtung zu überprüfen. Provisorisch hatte er sie an eine auf dem Hallendach befindliche Antenne angeschlossen. Die Antwort kam aus dem Turm des Verwaltungsgebäudes, in dem in der Funkstation des Werkes zwei Mann der Gefolgschaft vor ihren Apparaten saßen, bereit, den drahtlosen Verkehr mit der neuen Rakete für die folgenden Stunden aufrechtzuerhalten.
»Alles in Ordnung. Schluß vorläufig!« hämmerte Hegemüller in die Taste, legte die Kopfhörer ab und löste die Verbindung mit der Hallenantenne.
»Klar zum Start, Herr Professor«, meldete er Lüdinghausen. Lüdinghausen blickte auf seine Uhr, während Hegemüller und Saraku bereits das Innere der Rakete betraten.
»Zwei Uhr zwölf Minuten«, wandte er sich an Grabbe. »Sie können um viertel drei Uhr abfliegen. Bleiben Sie nicht länger als eine Stunde fort. Melden Sie sich unterwegs möglichst bald. Ich werde zu den Funkern im Turm gehen ... und passen Sie auf Hegemüller auf«, rief er Grabbe noch nach, der auch schon in der Rakete stand.
»Wird geschehen, Herr Professor«, lachte der Chefingenieur und zog die Tür hinter sich zu.
Lüdinghausen hörte ein Geräusch von Werkzeugen. Die Schrauben, welche den Türverschluß luftdicht machten, wurden von innen angezogen. Er sah, wie die Strahlflächen sich allmählich auseinanderbewegten, wie der Rumpf der Rakete unter einer leichten Erschütterung erzitterte, sah den schweren Körper sich Zoll um Zoll vom Boden abheben und senkrecht emporschweben. Eine kurze Weile noch verfolgte er ihn mit den Blicken. Dann wandte er sich um, ging zum Turm und stieg in den Funkraum hinauf.
An einem der Raketenfenster stand Grabbe. Langsamer als bei jenem kurzen Flug in der ersten Rakete stieg die neue Maschine. Dr. Hegemüller schien die Anweisungen, die ihm Professor Lüdinghausen am Vormittag noch unter vier Augen gegeben hatte, zu beherzigen. Der Chefingenieur sah die Landschaft vor seinen Blicken in die Tiefe sinken und sich stetig ausweiten.
Endlich scheint Freund Hegemüller vernünftig geworden zu sein, ging es ihm durch den Kopf, dann nahm ihn das sich ständig ändernde Landschaftsbild wieder in Anspruch. Schon lagen die Häuser von Gorla wie Kinderspielzeug vor seinen Blicken; Weiler und Dörfer sah er wie von einer spielerischen Riesenhand zwischen Äckern und Triften hier- und dorthin verstreut; sah jetzt in blauer Ferne dunstig verschwommen auch den Kamm des Hochgebirges und konnte sich immer noch nicht von dem wechselvollen Bild losreißen.
Und doch hätte der Chefingenieur Grabbe besser daran getan, seine Aufmerksamkeit den Meßinstrumenten in der Rakete als der Landschaft draußen zuzuwenden, denn ein kleiner,
Weitere Kostenlose Bücher