Flurfunk (German Edition)
Unterhaltungswert auf alle Fälle. Wir waren im Viper .«
Lena riss entsetzt die Augen auf.
»Sag nicht, dass du da freiwillig ’nen Fuß reingesetzt hast! Ich dachte, die Schmach vom letzten Mal hätte dir gereicht.«
Anscheinend nicht. Natürlich war Lena empört darüber, wollte aber gleichzeitig detailliert erfahren, wie es im Fegefeuer
der Oberflächlichkeiten denn so gewesen sei. Meinen Bericht quittierte sie mit besserwisserischen Kommentaren und weisem Nicken.
»Siehste, habe ich dir doch gleich gesagt, was für ’ne Klientel sich da rumtreibt, aber du wolltest es wieder nicht wahrhaben. War denn jemand da, den man kannte?«
Aha!, und wieder einmal siegte Lenas Neugierde. Natürlich würde sie es nie zugeben, dass auch sie das Leben der Promis interessierte.
»Und wie war dein Abend, Lenchen?«
Sie seufzte. »Schön. Malte und ich waren im botanischen Garten und anschließend bei einem Jazzabend im Kula . Er zeigt zum Glück nicht nur Interesse an Heuschrecken und anderen Insekten.« Lena grinste zweideutig.
»Nee! Sag nicht, ihr habt …?«
»Doch! Wir sind durch den Park nach Hause geradelt und haben beim Feuchtbiotop einen kleinen Halt gemacht«, erzählte sie kichernd.
»Lena! Das ist nicht dein Ernst!«
»Wieso? Ich finde das sehr passend. Mit einem Biologen die erste Liebesnacht in der Nähe eines Feuchtbiotops zu verbringen. Da ist er in gewohntem Gefilde und fremdelt wenigstens nicht.«
Typisch Lena. Sie pfiff auf Konventionen. Was täten meine Eltern mit ihr als Tochter! »War es denn wenigstens romantisch?«
»Null! Wer auch immer das Gerücht in die Welt gesetzt hat, es gebe nichts Romantischeres, als es in freier Natur zu machen, lügt. Wir haben uns abwechselnd die Mücken und Schnaken im Gesicht und am Po totgeschlagen, um dann angeekelt die Reste abzukratzen. Außerdem kann einen dieses ständige Mückengesurre wirklich in den Wahnsinn treiben und hat nur wenig mit musikalischer Untermalung zu tun. Und dann das Gras! Es war total nass geregnet, von Entspannung also keine Rede. Entweder krabbelte irgendein Viech auf mir herum, das Malte, typisch Biologe, auch noch versuchte zu identifizieren, oder Grashalme kitzelten mich. Ich schlug also prophylaktisch wild um mich.«
»Und was war dann schön? Sich gegenseitig die Insektenstiche aufzukratzen?«
»Na ja, schön wurde es erst später. Ich habe Malte noch mit in die Wohnung genommen. Du warst ja mit deinen neuen Showbizfreunden unterwegs. Und nach dem Parkerlebnis konnte es ja nur besser werden.« Sie verdrehte sehnsüchtig die Augen. Ich wusste, was jetzt kam. Eine detaillierte Beschreibung von Maltes Fähigkeiten als Liebhaber. Wenigstens hatte Malte äußerlich mit dem, wie man sich einen Biologen im Forschungsjahr vorstellte, nichts gemein. Er war ein dunkler sportlicher Typ, äußerst durchtrainiert und hatte auffallend schöne Zähne. Lena schwärmte von Maltes Körper, ließ kein Detail dabei aus, während in mir erneut die Übelkeit hochstieg. Ich hechtete ins Badezimmer und hielt meinen Kopf wieder über die Toilettenschüssel – und während ich dachte, dass der WC -Stein mit Meeresbrise eigentlich immer besser gerochen hatte als der jetzige mit Zitrone, plauderte Lena munter durch die verriegelte Tür weiter und achtete sogar auf die dramaturgischen Pausen, in denen ich die Spülung betätigte.
Nachdem ich wieder halbwegs stehen konnte, gurgelte ich ausgiebig mit Mundwasser. Man musste in der Redaktion ja nicht auf Anhieb riechen, wie ich mir die Nächte um die Ohren schlug.
Lena, fürsorglich, wie sie war, gab mir noch Proviant, bestehend aus Salzstangen und Cola, mit.
Mir fiel ein, dass ich meinen Wagen am Viper hatte stehen lassen und mit dem Taxi gekommen war. »Eine vernünftige Entscheidung«, wie Lena befand.
»Dann nehme ich eben den Mini«, brummelte ich vor mich hin, was Lena veranlasste, mir »Manchmal ist es doch ganz gut, Großkapitalisten als Eltern zu haben« hinterherzurufen.
Ich sah auf die Uhr. Mist! Schon eine halbe Stunde zu spät! Ich trat aufs Gas und versuchte nebenbei Felix zu erreichen. Völlig verpennt und vom Glück verfolgt, wurde ich geknipst, 25 Stundenkilometer zu schnell und mit dem Handy in der Hand. Glückwunsch! Der Wagen war auf meinen Vater angemeldet, dem seine rasende, telefonierende Tochter als hübsches Foto ins Haus schneien würde. Die Predigt konnte ich mir jetzt schon ausmalen, und an die offizielle Strafe mochte ich erst recht nicht denken. Das gab sicher Punkte in
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