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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Vielleicht haben wir Glück, und es ist nur Verstehen Sie Spaß ? oder so was.«
    Mir war nicht zum Lachen zu Mute. Erstens glaubte ich nicht, dass Imkas Bekanntheitsgrad für die versteckte Kamera ausreichte, und zweitens ärgerte ich mich, dass mir dieser Fauxpas passiert war. Sonst gehörte ich doch auch nicht zur undiplomatischen Sorte. Frau Becker jedenfalls sah nicht so aus, als ob sie sich leicht besänftigen ließe.
    Nach einigen Minuten kam Felix zurück. »Ab jetzt darf nicht mal der kleinste Ausrutscher passieren. Wir müssen das gesamte Interview zeigen, anstatt eines kurzen Beitrages, und zwar nachdem sie es freigegeben hat.«
    »Oh Mann! Solche Starallüren bereits am Anfang. Das kann ja heiter werden«, regte Imka sich auf.
    Doch Felix beschwichtigte sie.
    »Das geht allein von der Becker aus. Die ist zu geschäftstüchtig, um aus der Situation nicht Profit zu schlagen. Er scheint ganz cool zu sein, und ihm ist der Aufstand eher unangenehm, habe ich das Gefühl.«

    Als das Studio ausgeleuchtet war, konnte das Interview beginnen. Zu Beginn war die Atmosphäre noch angespannt, doch mit jeder Minute, die verging, wurde die Stimmung besser, was vor allem an Justus Staufen lag. Er schien nicht nachtragend zu sein, war ein interessanter Gesprächspartner und hatte mehr Humor als seine wichtigtuerische Managerin. Zwischendurch gab es neue Einstellungen, und es wurde nachgeschminkt.
    Während ich Justus Staufen verkabelt hatte, hatte ich es vermieden, ihn anzusehen. Mein Auftritt war mir noch immer peinlich gewesen – doch jetzt schaute ich umso lieber hin. Er hatte Charisma. Unsere Blicke trafen sich mehr als einmal; wahrscheinlich überlegte er schon, wie hoch er die Schadenssumme treiben konnte, wenn er mich wegen übler Nachrede verklagen würde. Ich überlegte im Gegenzug, ob ich eigentlich eine Rechtsschutzversicherung hatte und dass es mir nichts ausmachen würde, ihn wiederzusehen, und wenn es nur vor Gericht wäre.
    Nach einer halben Stunde gab es eine Pause. Ich stiefelte los, um Erfrischungen zu besorgen, die alle dankbar annahmen.
    Justus Staufen saß allein in seinem Sessel, Imka war wahrscheinlich gerade mal »nachpudern«, und so fasste ich mir ein Herz und sprach ihn an.
    »Ich – ich wollte mich für vorhin entschuldigen.« Oh Mann! Wie konnte ich mich selbst so demütigen. Das ist sonst wirklich nicht meine Art! Stotternd und völlig verkatert Schauspieler anzusprechen, während seine Managerin gerade die Messer wetzt, um mich über die Klinge springen zu lassen.
    Er sah mich mit seinen tiefgrünen Augen an und schmunzelte. »Also ich fand es interessant, zu hören, wie meine eventuellen sexuellen Vorlieben mal schnell durchdiskutiert wurden. An solche Sachen muss ich mich wohl gewöhnen, wenn ich eine öffentliche Person sein will. Danke, dass du schon mal versuchst, mich abzuhärten. Wie heißt du denn?«
    Sein Ton war locker, und ich freute mich, dass er mich duzte. »Charlotte«, antwortete ich, »die meisten nennen mich Lotte.« Er schien überhaupt nicht sauer zu sein, und ich war mit einem Schlag erleichtert. Aber warum ging dieses dumme Gefühl im Bauch nicht weg?
    »Ich finde Charlotte schöner. Lotte klingt so nach Pferdeschwanz. Und du bist Praktikantin? Was willst du denn nach dem Praktikum machen?«
    »Heiraten, wenn’s nach meiner Mutter geht«, rutschte mir raus.
    Justus lachte.
    »Und was sagst du dazu … oder ein Zukünftiger?«
    »Na, daran wird es wohl scheitern, es gibt noch gar keinen Kandidaten. Das heißt, meine Mutter findet schon genug Anwärter, aber leider ist ihre Tochter zu bockig und wählerisch und treibt sich lieber bei unseriösen Privatsendern rum.«
    »Na, da befindest du dich doch in bester Gesellschaft. Aber dass es heutzutage tatsächlich noch Mütter gibt, deren Ziel es ist, die Tochter bestmöglich zu verheiraten, hätte ich nicht gedacht.«
    Er kannte eben Mutter oder Maman , wie sie sich zurzeit nennen ließ, und ihre berüchtigte Langeweile nicht.
    »Und wie sieht es bei dir aus?«, fasste ich mir ein Herz.
    »Äh, meinst du jetzt privat oder beruflich?«
    Natürlich meinte ich privat, aber das getraute ich mich nicht zu fragen, und schwenkte auf beruflich um.
    »Also ich möchte einfach nur spielen. Ob Film oder Fernsehen, ist mir relativ egal. Für mich gab’s noch nie eine Alternative. So was nennt man wohl Glück gehabt – oder besessen sein. Ich glaube nämlich, dass ›Beruf‹ von Berufung kommt, schließlich verbringt man den Großteil

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