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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Flensburg – oder drohte mir vielleicht sogar der Führerscheinentzug?
    Felix meldete sich.
    »Hallo, Felix. Ich bin gerade geblitzt worden«, sagte ich und seufzte schwer.
    Sein Mitleid hielt sich in Grenzen. Er erwartete mich dringend im Studio, also war er über meine Verspätung alles andere als entzückt.
    »Sag doch einfach, du warst zu spät dran und musstest dringend zu einer Produktion«, lautete sein hilfreicher Vorschlag.
    Typisch! Als ob es bei einer Fernsehproduktion um Leben und Tod ginge.
    »Felix, falls du jemals geblitzt wirst, bringe dieses Argument bitte nicht an. Es gibt ’ne bgh-Entscheidung dazu, die besagt, dass zu schnelles Fahren um des eigenen Vorteils willen als besonders verwerflich angesehen wird. Wenn schon ’ne Ausrede, dann so was wie, ich war kurz vor dem Blinddarmdurchbruch und auf dem Weg ins Krankenhaus, oder auf dem Rücksitz lag meine Frau in den Wehen, oder mir hat jemand ’ne Knarre in den Nacken gehalten … Hallo, Felix?«

    Endlich angekommen, raste ich ins Studio, wo Imka mich bereits erwartete.
    »Lotte, hast du das Material für das Staufen-Interview?«, fragte sie.
    Es lag noch an meinem Platz, das Interview war erst für nachmittags angesetzt. Schnell ging ich es holen und ratterte runter, was ich herausgefunden hatte.
    »Sag, wie sieht es mit ’ner Freundin aus? Ist er liiert oder Single? Poppt er durch die Gegend, oder ist er schwul?«, hakte Imka nach.
    »Eine Freundin wird nirgends erwähnt – es gibt über sein Liebesleben insgesamt nicht viel zu lesen, manche Quellen behaupten, er müsse schwul sein, so gut wie er aussähe …«
    »Verstehe. Hast du Tim mal dazu befragt?«
    »Ja.«
    »Und, was meint er? Schwul oder nicht schwul?« Imka wusste anscheinend auch um Tims Gaiderqualitäten.
    »Er war sich nicht sicher. ›Fifty, fifty‹, meinte er. Vielleicht zählt Justus Staufen auch nur zur Sorte Schauspielegomane und findet nur sich selbst toll«, gab ich zu bedenken.
    Unser Lachen verstummte bereits im nächsten Moment, als sich eine zornig dreinblickende gut aussehende, elegante Dame, die etwa Mitte dreißig war, vor uns aufbaute.
    »Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Becker, ich vertrete Justus Staufen. Ich verbitte mir die Art und Weise, wie Sie über ihn sprechen. Wenn das Ihre Vorstellung von professionellem Arbeiten ist, denke ich, sind wir mit unserem Interview hier fehl am Platz.«
    Wo bitte ging es zum Schafott?
    Wie peinlich! Wie war sie hereingekommen, und vor allem, was machte sie um diese Uhrzeit schon hier? Bis zum Interview dauerte es noch Stunden.
    Gerade wunderte ich mich, wieso Frau Becker von »wir« gesprochen hatte, als ich Justus Staufen himself im Türrahmen wahrnahm. Er war anscheinend ebenfalls Zeuge unseres Gesprächs geworden.
    Ich blickte ohne Übertreibung in das strahlendste Paar grüner Augen, das ich je gesehen hatte.
    Mein Kopf begann zu dröhnen, mein Puls, der sich gerade wieder beruhigt hatte, schnellte in die Höhe, und mein Kater war mit einem Mal wie weggeblasen. Wie blamabel! Mein Praktikum konnte ich mir in die Haare schmieren, »künstler dissen« kam nicht gut an, auch wenn es sich nur um ein Nachwuchstalent handelte.
    Imka war genauso überrascht wie ich und fragte fast mit Empörung in der Stimme: »Was machen Sie denn schon hier?« Ihre Frage entspannte die Situation nicht gerade.
    Felix, der hinter Justus Staufen den Raum betrat, begrüßte die schnaubende Frau Becker und Justus Staufen überschwänglich und bat sie in sein Büro, wohin sie von einer Redaktionsassistentin geführt wurden. Als sie außer Hörweite waren, meinte er verärgert: »Der Termin wurde vorverlegt, das habe ich euch beiden gestern Nacht noch auf die Mailbox gequatscht und auch als E-Mail geschickt.« Dann wurde sein Ton wieder lockerer. »Die Becker sieht ja echt pissed aus. Was habt ihr der denn erzählt?«
    Imka beichtete, und Felix schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
    »Sagt mal, seid ihr des Wahnsinns? Die Becker vertritt nicht nur Justus Staufen, sondern so ziemlich alles, was Rang und Namen in der Schauspielbranche hat. Jetzt darf ich das wieder gerade biegen! Weiber!«
    Ich fühlte mich schuldig. »Sagt einfach, ich bin eine dumme Praktikantin, die keine Ahnung hat und die ihr zur Strafe feuern werdet«, bot ich an.
    »Bring mich jetzt besser nicht auf so eine Idee!«, zischte Felix und rauschte ab.
    Imka wurde hysterisch und kicherte vor sich hin.
    »Also wenn’s nicht so peinlich wäre, fände ich es echt witzig.

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