Flurfunk (German Edition)
rummäkeln würden, weil er mal wieder nicht gut genug für mich war? Wenn sie ihn nicht ausgesucht hatten, bestand kaum eine Chance …
»Momentan habe ich keinen Freund«, zog ich mich aus der Affäre.
»Echt nicht? Aber so, wie du aussiehst, hast du massenweise Angebote, oder?«
An meinem Aussehen lag es wohl tatsächlich nicht. Angeblich ähnelte ich vom Typ her Winona Ryder, als sie Männer noch dazu brachte, sich ihren Namen auf die Haut tätowieren zu lassen. Das war, bevor der »Winona forever« -Schriftzug in »Vino forever« umgestochen werden musste und sie lange Finger bekam.
»Das Kompliment kann ich nur zurückgeben, Mimi. Wie sieht es denn bei dir aus? Hast du ’nen Freund?«
Mir schien, als ob ich einen wunden Punkt angesprochen hatte, denn Mimis Lächeln verschwand augenblicklich von ihren Lippen.
»Das ist etwas komplizierter bei mir. Lass uns nicht darüber sprechen, okay?«
Das klang geheimnisvoll! Aber gut, ich wollte niemanden zwingen, über unangenehme Dinge zu sprechen. Nur Tim konnte es wieder nicht lassen.
»Ist er verheiratet?«
»So etwas in der Art«, antwortete Mimi und wechselte schnell das Thema. »Sag, Charlotte, hat dir dein Studium eigentlich Spaß gemacht? Ich überlege ja immer noch, ob ich nicht nach meinem Volontariat ein Studium anhängen soll.«
Mimi ließ sich von Tims Neugierde anstecken. »Meine Eltern haben früher immer demonstriert, war das bei dir auch noch aktuell, oder ist das voll 68er?«
»Also jetzt bin ich jedenfalls froh, dass die Studiererei ein Ende hat. Und die einzige Demo, die in meiner Studentenzeit organisiert wurde und an der alle Fachabteilungen teilgenommen haben, war, als es um die Erhöhung der Studiengebühren ging. Ansonsten wurde eher diskutiert, vor allem im AS tA.«
»Klingt nicht so spannend«, meinte Mimi enttäuscht.
»Da fällt mir ein, einmal habe ich mich von Lena, meiner besten Freundin, deren Hauptziel die Gleichberechtigung der Frauen an der Uni war, zur AS tA-Versammlung mitschleppen lassen, was sich jedoch als Fehler erwies. Ich sage dir, alle, die früher in der Schülermitverwaltung gesessen und Kaffee für Nicaragua verkauft hatten, saßen jetzt im AS tA und machten bekifft so gehaltvolle Vorschläge wie ›Sollen wir den Treffpunkt für Frauen, die abends nicht alleine zum Parkplatz gehen wollen, von der Mensa zum Haupteingang verlegen?‹. Wobei man gleich beim nächsten Thema angelangt war, nämlich, weshalb es überhaupt einen Parkplatz an der Uni gab. Alle sollten gezwungen werden, das Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Außerdem könne sich abgesehen von den Juristen und bwlern eh niemand ein Auto leisten. Der einzige anwesende Jurist und wahrscheinlich einzige Autobesitzer im Raum außer mir, der nicht etwa aus Interesse, sondern nur als Spitzel für den juristischen Arbeitskreis anwesend war und im AS tA den natürlichen Feind sah, rief etwas von ›Diktat der Neider‹ dazwischen, was unter den Debattierenden einen Tumult auslöste und schließlich mit dem Vorschlag endete, immens hohe Parkgebühren zu verordnen, damit die ›faulen Säcke‹ endlich mal auf Fahrräder umsteigen würden. Der Erlös sollte dann dem Gemeinwohl der gesamten Studentenschaft zukommen. Was das im Einzelnen bedeutete, wurde nicht festgelegt.«
Mimi und Tim standen mit offenen Mündern vor mir.
»Begleitet werden sollte der Vorschlag von der äußerst einfallsreichen Kampagne Autos stinken , was den Spitzeljuristen wiederum zum Zwischenruf ›Fahrradfahrer schwitzen‹ animierte. Ich bin nie wieder hingegangen!«
Mimis und Tims Gesichtsstarre löste sich, und sie lachten.
Wir gingen an die Bar und bestellten noch ein paar Drinks.
drei Am nächsten Morgen wachte ich früh auf, natürlich mit einem Kater. Ich ging erst mal ins Badezimmer. Lena, die mich gehört hatte, klopfte an der Tür.
»Lotte, alles okay bei dir? Soll ich dir ’nen Tee machen?«
Meinen Kopf noch über die Toilettenschüssel gebeugt, rief ich: »Ja bitte, aber bloß keinen deiner Frauenstimmungstees! Ich nehme Kamille oder Fenchel!«
Lena tat, wie ihr geheißen wurde, und machte sogar noch Toast mit Eiern und baked beans . Was würde ich nur ohne meine beste Freundin machen?
Ich schleppte mich in die Küche. An Lenas Blick konnte ich erkennen, dass ich genauso aussah, wie ich mich fühlte. Bevor sie zu einer spöttischen Bemerkung ansetzen konnte, winkte ich ab. »Sag nichts, ich weiß!«
»Hat es sich denn wenigstens gelohnt?«
»Vom
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