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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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schneller, aber Annabelle hatte heute ’nen schlechten Tag, und wir mussten ewig wiederholen. Ich glaube, sie war echt durch und unkonzentriert, denn einmal hat sie sogar aus Versehen mit Zunge küssen wollen.«
    Ich glaubte, mich übergeben zu müssen. Aber natürlich ließ ich mir nichts anmerken, ich musste mich doch als professionelle potenzielle Freundin eines Schauspielers beweisen. Da kam es nicht gut, wenn man kleinlich wirkte und Eifersuchtsszenen hinlegte. Also bemühte ich mich, das gequält verständnisvolle Lächeln zu entkrampfen. Die beste Performance für den ungerührtesten Gesichtsausdruck in der Kategorie Angebeteter Schwarm erzählt von Zungenkuss mit ätherischer Kindfrau geht an Charlotte Rosenzweig für ihre glaubwürdige Darstellung der gelassenen Freundin.
    Wenig später saßen wir mit der gesamten Mannschaft im Pashna , einer Art Nobelinder, aßen Chicken Masala, und ich bekam zuhauf Gelegenheit, an der Rolle der gelassenen Freundin zu feilen. Sanfter Augenaufschlag, als erst Annabelle und dann die halbe weibliche Belegschaft Justus begrüßten, als ob er wochenlang als vermisst gegolten hätte. Begütigendes Lächeln, als Ulli Becker und Annabelle Justus in ihre Mitte platzieren wollten, ohne von mir Notiz zu nehmen. Achselzucken, als auch noch der hübsche Stylist ihm durch die Haare fuhr. Geduldiger Blick, als Uli, der Regisseur, noch schnell mit Justus etwas besprechen wollte.
    Wir hatten bereits die Vorspeise hinter uns, als Justus sich endlich zu mir setzen durfte. Wenn ich gedacht hatte, ihn jetzt für mich zu haben, hatte ich weit gefehlt.
    »Justus, wenn du die Bettszene mit Annabelle drehen musst, stelle ich mich als Double zum Einleuchten bereit«, gackerte die Visagistin, die noch den vernünftigsten Eindruck gemacht hatte, angeshakert über den Tisch.
    »Das würde dir so passen! Du darfst mich höchstens doubeln, wenn ich die Regenszene habe und klatschnass durch die Kulisse laufen muss!«, rief Annabelle.
    Hallo? War ich unsichtbar? Ja, ich hatte Kleidergröße S, aber das war weit entfernt von unsichtbar! Justus sah meine eingefrorene Mimik, nahm meine Hand, küsste mich zum Entsetzen seiner Bewunderinnen und flüsterte mir ins Ohr: »Lass dich nicht verunsichern. Die testen dich gerade aus. Das machen die immer. Du musst was entgegnen, dann ist Ruhe.«
    Was war beunruhigender? Dass eine geschlossene Gruppe mich auf die Probe stellte, oder Justus’ Kommentar, dass sie das immer machten. Wann immer? Immer, wenn er eine Neue mitbrachte, die dann wieder verschwand?
    Wenn ich gehofft hatte, sein Kuss hätte für Klarheit und Ruhe gesorgt, hatte ich mich getäuscht. Den lustigen Filmleutchen war das eher noch Ansporn.
    »Sag bloß, das ist dieses Mal was Ernstes. Lohnt es sich, ihren Namen zu merken, oder ist sie nur flavour of the month ?« Hinter vorgehaltener Hand kicherte eine Kamerafrau, die neben Justus saß, laut genug, dass ich es hören konnte.
    Es reichte mir endgültig!
    Das war nicht mehr witzig, nicht mehr ironisch, das war einfach nur noch beleidigend und unverschämt.
    Natürlich konnte ich gute Miene zum bösen Spiel machen und den ganzen Abend zu stutenbissigen Kommentaren meinen Mund halten, aber dafür hatte ich zu viel Stolz. Zwar war ich unsterblich in Justus verliebt, aber eine ungesunde Schmerzgrenze bemerkte selbst ich durch den Hormonschleier!
    »Wir können ja Justus zum Geburtstag einen Kalender schenken, mit Fotos der Mädels passend zu jedem Monat«, führte der Regieassistent die Idee aus.
    Ich stand auf.
    »Okay. Es reicht. Ihr scheint Justus’ Gesellschaft dringender zu brauchen als ich. Und wenn ihr schon ’nen Kalender macht, bastelt doch gleich noch eine frustrierte Verschmähtengalerie mit euren Fotos dazu. Einen schönen Abend wünsche ich.«
    Mit einem Mal war es still, alle starrten mich fassungslos an.
    Auf dem Absatz drehte ich mich um und ging Richtung Ausgang. Meinen Oscar für die dienende, geduldige Starfreundin hatte ich gerade eben vergeigt.
    Ich hörte, wie Justus aufsprang und mit wutverzerrter Stimme in die Runde rief: »Danke! Ihr seid wahre Freunde. Da könnte es einmal was Ernstes werden, und ihr könnt es nicht ertragen oder mir nicht gönnen! Warte, Charlotte, ich komme mit!«
    Justus folgte mir auf die Straße und sah mich betrübt an.
    »Ich versteh nicht, was in sie alle gefahren ist!«
    »Na, es scheint, dass sie mich eben nicht besonders mögen.«
    Justus schüttelte energisch den Kopf. »Das glaub ich nicht,

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