Flurfunk (German Edition)
schließlich bist du keine Zicke und auf alle freundlich zugegangen. Ich glaube, das hängt eher mit mir zusammen.«
Für mich war nicht ersichtlich, was die Antipathie mir gegenüber mit ihm zu tun haben sollte. Und was mich viel brennender interessierte, war, wie die Anspielungen auf die vielen Mädchen vorher gemeint gewesen waren.
»Sag mal, Justus, dass du jeden Monat eine andere hast, haben sich deine so genannten Freunde doch nicht aus den Fingern gesogen, da ist doch was dran, oder?«
Er seufzte. »Allerdings. Charlotte, ich habe so ziemlich alles ausprobiert und getestet, was man testen kann, dazu gehören auch Frauen, und zwar nicht wenige. Ich bin nicht wirklich stolz drauf, es war mehr ’ne Suche oder die Hoffnung, dass mich eine plötzlich vollkommen umhaut. Es war natürlich total bescheuert, ich kann es aber nicht mehr ändern.«
Ich wusste nicht, was ich zu seiner Spontanbeichte sagen sollte.
»Erst du hast mich wirklich umgehauen. Auch wenn es abgedroschen klingt, aber du hast so was Natürliches an dir, und das ist eine wahre Wohltat im Gegensatz zu den teilweise verlebten und echt kranken Mädels, die ich gedatet hab. Wenn ich an dich denke, und glaube mir, das mache ich eigentlich die ganze Zeit, bin ich aufgeregt, glücklich und getröstet zugleich. Das Einzige, was mir wichtig ist, ist, dass es mit uns beiden klappt und nicht irgendwelche Deppen das zerstören. Ich weiß, dass es nichts Abtörnenderes gibt, als gleich zu Beginn solche Psychogespräche zu führen, aber wahrscheinlich ist es in meiner Situation komplizierter und ich muss öfter etwas erklären, weil du es sonst von anderen zuerst erfährst, und das möchte ich nicht. Ich will nichts vor dir verbergen. Du kannst mich alles fragen.«
Ich war sprachlos. Justus meinte es tatsächlich ernst mit mir! Er hatte es also auch von Anfang an gespürt! Wen störte da seine Vergangenheit? Zumal er bereit war, sich mir komplett zu öffnen. Aber wollte ich wirklich wissen, wie er bisher gelebt hatte? Ich war doch nicht blöd und ließ mir Dinge erzählen, die ich mir dann vorstellte und die mich doch nur schmerzen würden. Was zählte, war das Hier und Jetzt!
»Komm, wir gehen zu mir. Wenn Cara dich mag, ist alles okay …«, sagte ich und musste grinsen.
elf »Cara ist ’ne Katze? Charlotte, du hast ’nen Schuss!«
Justus war nach einem kurzen Rundgang durch die Wohnung in den Garten hinaus und hatte Cara dort liegen sehen.
»Was hast du denn gegen Cara? Mit ’nem Hund hättest du doch leichtes Spiel gehabt, die sind viel zu gutmütig. Der Katzentest ist viel aufschlussreicher!«
»Na super! Und was muss sie jetzt machen, damit ich bestehe? Sich auf den Rücken rollen, alle vier Pfoten spreizen oder auf meinen Schoß springen?«
»Das kannste getrost abhaken. Es reicht, wenn sie dich nicht gleich kratzt und das Weite sucht.«
Ich hörte, wie die Tür ins Schloss fiel.
»Wobei … – Es gibt noch einen effektiveren Test. Voilà, meine Freundin Lena!«
Lena war passend zu meinem Stichwort auf die Terrasse getreten und sah Justus erstaunt an. Wenn mich nicht alles täuschte, wurde sie sogar rot, ausgerechnet meine tiefsinnige Freundin, die Filmstars so gar nichts abgewinnen konnte.
»Hi, ich bin Justus.«
»Äh. Weiß ich. Ich bin Lena.«
Lena wirkte tatsächlich gehemmt und eingeschüchtert, ein Zustand, den ich an ihr gar nicht kannte. Sie war es doch immer, die mir sagte, ich sei unlocker und solle endlich mal kiffen.
Justus bemerkte sofort, wie verkrampft Lena war, und versuchte das Eis zu brechen. Er schaffte es, dass sie sich schnell wieder
fing.
»Setz dich doch zu uns«, forderte Justus sie auf.
»Das würde ich furchtbar gerne, aber Casper wartet auf mich. Ich habe nur unsere Karten vergessen.«
Lena sah hin und her gerissen aus.
»Was macht ihr denn?«, fragte Justus interessiert.
»Wir gehen in die Vagina Monologe .«
Casper musste wirklich ganz anders als seine Eltern sein. Allein beim Wort »Vagina« würden sie ihn enterben.
»Ich habe sie gesehen, als Eleonore Hecht sie gespielt hat. Wer spielt sie denn gerade?«
Lena war happy, dass Justus das Stück kannte und sie sich keinen dummen Kommentar wie von so vielen anderen anhören musste. Sie unterhielten sich noch kurz über die Besetzung, dann begleitete ich Lena zur Tür.
»Mann, Lotte! Du hast echt Glück mit Justus. Der hat ’ne Ausstrahlung! Übrigens hast du heute sturmfrei, ich übernachte bei Casper. Aber zum Frühstück morgen möchte ich
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