Flurfunk (German Edition)
ausführlich berichtet bekommen, was ich verpasst habe.«
Das versprach ich.
»Sind wir alleine?«
Justus stand hinter mir, legte die Arme um mich und küsste mich in den Nacken.
»Wenn du Cara nicht dazuzählst, sind wir alleine.«
Wir steuerten geradewegs auf mein Bett zu. Nie zuvor war ich so aufgeregt gewesen. Und nie zuvor hatte ich so für jemanden gefühlt.
Justus’ Intensität und Sinnlichkeit beschränkte sich nicht nur auf seine Schauspielkunst, und wenn seine Affären dazu beigetragen hatten, so lieben zu können, würde jede der Damen morgen Früh ein Dankesschreiben von mir bekommen.
Ich war glücklich, einfach überglücklich und musste mich immer wieder versichern, dass Justus noch da war. Er schien nicht weniger aufgekratzt, und so machten wir in dieser Nacht kein Auge zu, sondern unterhielten uns und alberten rum, bis wieder dieses Kribbeln da war und eins zum anderen führte.
zwölf »Oh Mann, Lotte! Es war gut! Und wie! Das steht dir ins Gesicht geschrieben!« Lena stand mit verschmierter Wimperntusche und fleckigem Make-up im Türrahmen. Justus war schon lange gegangen, sein Drehtag begann früh.
»Und dir steht ins Gesicht geschrieben, dass Casper keine Abschminkpads bunkert, oder ist das eine neue Protestaktion gegen den gesellschaftlichen Schönheitswahn?«
»Nö, ich hab vergessen, mich abzuschminken.« Lena lachte, holte sich einen Teller, setzte sich zu mir und schmierte sich einen Toast mit Marmite. Eine ekelhafte Vorliebe, die sie sich seit ihrer Aupairzeit in England angewöhnt hatte. Neugierdehalber hatte ich einmal abgebissen! Widerlich, da konnte man auch gleich Maggi-Brühwürfel lutschen. Lena hingegen schwor auf das Zeug und aß es fast schon glasweise.
»Aber wie war’s mit Justus? Erzähl endlich!«
»Ohne Worte! Fast schon beängstigend gut. Lena, wenn das mal zu Ende sein sollte, finde ich sicher nie wieder einen Mann, der so unglaublich ist. Es macht mir wirklich Angst, wie unterschiedlich wir sind und uns doch anziehen. Das kann eigentlich nicht gut gehen. Er kommt aus einer Art Schauspielerdynastie. Sein Vater lehrt Schauspiel am Stein-Konservatorium, und seine Mutter ist Journalistin. Er ging als Kind in den Kinderladen und wurde ohne Tabus großgezogen. Wenn meine und seine Familie aufeinander treffen sollten, dann …«
»Dann möchte ich auf alle Fälle dabei sein, denn das riecht nach ganz großem Kino!«, unterbrach Lena mich gut gelaunt.
»Lotte, hör endlich auf, dir Horrorvisionen auszumalen. Lebe, genieße den Augenblick und bring bitte eine Kamera in der Dusche an, falls Justus jetzt öfter hier übernachtet.«
»Das wird er, nehme ich an. Du, Lena … Justus hatte vor mir eine ziemlich wilde Zeit.«
»Na, dann hat er wenigstens nicht das Gefühl, was verpasst zu haben. Sei froh. Sag mal, sollen wir essen gehen, oder musst du wieder zu deinen Eltern?«
Mist, das hatte ich vergessen! Der monatliche Sonntagsbrunch meiner Eltern stand an. »Gut, dass du mich daran erinnerst. Komm doch mit.«
Lena verzog das Gesicht.
»Nee, die Überschneidungen, die sich gerade zwangsläufig durch Casper ergeben, reichen, glaube ich, beiden Seiten. Aber grüß doch recht herzlich von mir.«
Es war schon lustig, die Hassliebe zwischen Lena und meinen Eltern.
dreizehn » Scharlott! Du siehst großartig aus. Macht das dein neuer Freund? Du musst unbedingt alles erzählen!«
Meine Mutter war anscheinend richtig gut drauf, was bei ihr rüberkam, als ob sie eine Packung Valium intus hatte. Sie trug eines ihrer Chanel-Kostüme, dazu die passend sitzende Betonfrisur, Perlen und wie immer ihr Lieblingsparfum Coco , das früh am Morgen schon bei einmaligem Einatmen Migräne verursachen konnte.
»Danke, du siehst aber auch sehr entspannt aus«, versuchte ich, von mir abzulenken, was mir zumindest einen kurzen Moment lang gelang.
»Ja, nicht? Ich war gemeinsam mit Marlene und Katharina im Spa zum Wellnesstag. Ich hatte ein Rosen-Facial, ein Honig-Milch-Treatment und eine indische Kopfmassage. Das nächste Mal kommst du mit, dann machen wir mit Marlene und Katharina einen Mutter-Tochter-Tag. Das wird so amüsant!«
Ungefähr so amüsant wie ein Langzeitflug in der Economyclass. Gab es eine schlimmere Vorstellung? Drei gackernde Hühner, die in weißen Bademänteln und mit Frotteepuschen an den Füßen in der Lounge des Spa Katharinas Hochzeit planten und stundenlang über die richtige Stärke des geschöpften Papiers für die Einladungen diskutierten.
»Katharina
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