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Flusskrebse: Roman (German Edition)

Flusskrebse: Roman (German Edition)

Titel: Flusskrebse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Auer
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schneller wachsen als die Gruppe der Egoisten, aber mit der Zeit werden die Altruisten in der Gruppe immer weniger werden und schließlich aussterben.“
    „Und das konnten Sober und Wilson widerlegen?“
    „Nein. Aber sie konnten folgendes zeigen: Stellen Sie sich einen Stamm vor, der, sagen wir, aus 1000 Menschen besteht. Dieser Stamm teilt sich gewöhnlich in Gruppen von ungefähr 50 Menschen auf, die getrennt voneinander sammeln und jagen. Nur alle paar Jahre treffen sie sich zu einem großen Fest, bei dem sich die jungen Leute kennenlernen und Ehen geschlossen werden. Jedes Mal, wenn der Stamm zu dem Fest zusammen kommt, sind die Gruppen, die mehrheitlich aus Altruisten bestehen, stärker gewachsen als die, die mehrheitlich aus Egoisten bestehen. Es gibt also insgesamt nun einen höheren Anteil an Altruisten im Stamm. Wenn das Fest vorüber ist, teilt sich der Stamm wieder in Gruppen. Und nun beginnt das Spiel von vorne. So kann der Anteil der Altruisten im Stamm zunehmen, obwohl er in jeder einzelnen Jagdgruppe abnimmt.“
    „Und ist das in der Wirklichkeit nun auch vorgekommen?“
    „Ehrlich gesagt bringen die Autoren hauptsächlich Beispiele aus der Welt der Bakterien und Insekten. Aber sie zeigen eine Richtung auf, in der man denken kann. Sie zeigen, dass aus dem Egoismus der Gene noch lange nicht folgt, dass auch die Organismen egoistisch sein müssen. Und sie zeigen, dass die Selektion auf verschiedenen Ebenen angreifen kann: auf der Ebene der Gene, der Organe, des Individuums oder auch einer Gruppe von Individuen.“
    „Aber geht es uns denn überhaupt um Altruismus?“ Frau Saberis Stimme war leise, aber fest. „Ist das Gegenteil von Egoismus Altruismus? Geht es darum, Opfer zu bringen? Ist nicht viel wichtiger die Bereitschaft zur Zusammenarbeit? Die kann es doch auch ohne Altruismus geben. Wenn zehn oder zwanzig Inuit zusammen einen Wal von 75 Tonnen erlegen können, dann ist es doch nur vernüftig, sich so einer Gruppe anzuschließen statt alleine angeln zu gehen und vielleicht, ein oder zwei Kilo Fisch am Tag zu fangen. Da werden die Männer, die zur Zusammenarbeit bereit sind, auf jeden Fall mehr Kinder füttern können als die Einzelgänger. Auch ohne dass die Gruppen immer wieder aufgeteilt und durchgemischt werden.“
    „Und in solchen Gruppen“, warf Juvénal ein, „da müssen die Egoisten sich eigentlich selbst ausrotten. Ich denke, wenn auf einem Walfängerboot einer nur auf die eigene Sicherheit bedacht ist, bringt der womöglich die ganze Gruppe in Lebensgefahr. Er reißt die anderen mit in den Tod, aber er rottet sich selber aus.“
    „Ich habe Ihnen noch ein zweites Buch mitgebracht“, sagte Mautner. „Es handelt davon, wie bei frühen Menschen möglicherweise Gruppen, die Gleichberechtigung und Zusammenarbeit praktiziert haben, anderen Gruppen überlegen waren, wo Rangordungen und Egoismus geherrscht haben. Der Autor heißt Christopher Boehm. Er hat Berichte über viele Sammler- und Jägervölker untersucht und hat festgestellt, dass es bei Sammler- und Jägervölkern entweder gar keine offiziellen Anführer oder nur sehr schwache gibt. Es gibt wenig oder gar keine Rangunterschiede und auch kaum Unterschiede im Besitz.“
    „Zwischen allen Mitgliedern der Gruppe oder zwischen den Männern?“ fragte Frau Saberi.
    „Sie haben recht: zwischen den erwachsenen Männern der Gruppe. Aber auch zwischen Männern und Frauen ist der Unterschied im Rang nicht sehr groß. Wenn Entscheidungen getroffen werden sollen, wird meistens so lange palavert und diskutiert, bis sich ein Lösung herausbildet, mit der alle leben können. Und da reden auch die Frauen mit.“
    „Warum heißt das Buch dann ,Hierarchy in the Forest’?” fragte Juvénal. “Das heißt doch wohl ‚Hierarchie im Wald’?”
    „Der Autor meint, dass es in diesen Gruppen eine umgekehrte Hierarchie gibt. Die Schwachen kontrollieren die Starken. Sie achten darauf, dass keiner sich hervortut und wenn jemand Herrschergelüste zeigt, geben sie ihm gleich einen Dämpfer. Hier ist ein Beispiel von den San in der Kalahari.“
    Mautner las und übersetzte aus dem Englischen ins Französische: „,Sagen wir, ein Mann war jagen. Er darf nicht heimkommen und prahlen: Ich hab da draußen ein ordentliches Trumm erwischt. Er muss sich erst ganz still niedersetzen, bis ich oder irgend ein anderer zu seinem Feuer komme und ihn frage: Was hast du heute gesehen? Dann antwortet er ruhig: Ah, ich bin ein schlechter Jäger, ich hab gar

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