Flying Moon (German Edition)
schlaftrunken den Kopf.
»Was machst du hier?«
»Sieht aus, als könnte ich nicht mehr in mein Zimmer. Krista und Marco ...«
Ich richtete mich schlaftrunken auf. Lasse lachte leise. Er trug noch die Sachen von vorhin, er war offenbar gar nicht in sein Zimmer gegangen. Ich sah die offene Balkontür. Er ließ sich neben mich auf das Sofa fallen.
»Wenn du willst, ich meine ...« Er zögerte, dann sah er mich gleichmütig an. »In meinem Zimmer ist noch ein Bett frei.«
Lasses Zimmer war genau so geschnitten wie unser Zimmer, nichts besonderes, zwei Betten, zwei Nachttische, nur, dass er allein darin wohnte. Überall lagen seine Sachen verstreut, Kleider und Drehbücher, ein Laptop und etliche CDs und DVDs, die sich auf dem Boden und beiden Betten verteilten. Lasse räumte mit ein, zwei Griffen die Sachen von dem unbenutzten Bett und bot mir einen Platz an. Ich setzte mich etwas verlegen, während mein Verstand versuchte, die Situation zu analysieren.
Du bist in seinem Zimmer. Du sitzt auf einem Bett in seinem Zimmer .
»Ich kann dir ein T-Shirt zum Schlafen leihen«, sagte Lasse und schlug sein Bett auf.
»Schon okay.« Ich schloss die Augen. Hier in Lasses Zimmer, auf diesem Bett, fiel es mir schwer, einen vernünftigen Gedanken zu denken. Mein Körper schien sich wie eine Pflanze zur Sonne und damit zu ihm hin zu bewegen, ob ich es wollte oder nicht.
Ich hörte, wie Lasse sich auszog. Stoff, der über Haut glitt, bis es wieder still war und er durch den Raum ging. Als ich die Augen öffnete, trug er ein T-Shirt und Boxershorts. Am Waschbecken wusch er sich Gesicht und Hände und putzte sich die Zähne. Er kam zurück und setzte sich auf sein Bett.
»Willst du die Jeans wirklich anlassen? Ich meine, ich kann weggucken«, sagte er freundlich.
Ich verstand nicht, wie er so ruhig bleiben konnte. Als ob es mich stören würde, wenn er zusah, wie ich meine Jeans auszog! Als ob das überhaupt das Problem war.
»Sorry! Wie du willst.« Er hob beide Arme.
Ich öffnete im Liegen den Reißverschluss der Jeans und schlängelte mich heraus. Dann schlüpfte ich unter die Decke und rollte mich zusammen. Mein Verhalten war vielleicht auch nicht so leicht zu verstehen. Ich verstand es selber nicht.
»Danke. Für das Bett und vorhin.«
»Kein Thema.«
Er ging zur Tür, machte das Zimmerlicht aus und setzte sich wieder auf sein Bett. Es war nicht ganz dunkel, der Raum wurde genauso trübe vom Hoflicht beleuchtet wie unser Zimmer. Ich beobachtete ihn aus fast geschlossenen Augen und sah, wie er die Hände vor das Gesicht schlug, sich erschöpft über die Augen fuhr und sich dann zurück fallen ließ.
Ich hielt den Atem an, als ob ich damit Zeit gewinnen könnte. Nur wofür? Kristas Parfüm strömte mir aus dem geliehenen T-Shirt entgegen und ich dachte an ihre Worte. Lasse, der die Mädchen verführte. Gefährlich war. War das hier gefährlich? Für mich hätte es ruhig etwa gefährlicher werden können.
»Moon?«
Lasse flüsterte leise, wie um zu kontrollieren, ob ich schon schlief.
»Ja?«
»Geht es dir gut?«
Geht es dir gut? Nein, ich bin verliebt, ich sehne mich danach, dich zu berühren, dich zu spüren .
»Alles gut. Noch mal, danke.«
Lasse drehte sich auf die Seite.
»Vorhin war ich total müde, aber jetzt ... «
Er stockte. Auf einmal war es wie auf dem Balkon. Dunkel und vertraut.
»Hast du auch so´n Durst?«
»Nein.«
Er stand im Dämmerlicht auf und ging zum Waschbecken, ich hörte wie er trank. Auf einmal hatte ich doch Durst, großen Durst. Meine Zunge klebte am Gaumen, als hätte ich Staub eingeatmet.
»Hast du doch was zu trinken?«
Lasse spülte ein Zahnputzglas sorgfältig aus und füllte es mit Wasser. Dann kam er an mein Bett und reichte es mir.
»Danke.«
Er wartete, bis ich das Glas ausgetrunken hatte und setzte sich dann zögernd auf die Bettkante. Mein Herz raste. Ich stellte das Glas auf den kleinen Nachtisch neben dem Bett. Lasse starrte geradeaus, in Gedanken weit weg.
»Lasse?«
Ich berührte vorsichtig seinen Arm. Er schreckte zusammen und sah mich an. Im Dämmerlicht schimmerten seine weit geöffneten Augen. Er war so nah, dass ich seinen Atem auf meinem Gesicht spürte. Er blinzelte leicht. Ich kam näher und er neigte sich vor. Wir küssten uns so vorsichtig, dass ich kaum seine Lippen auf meinen spürte, nur ein Prickeln, als wäre da Elektrizität. Er zuckte leicht zurück, sein Blick war für einen Moment verwirrt und er hielt inne.
»Moon«, sagte Lasse leise.
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