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Flying Moon (German Edition)

Flying Moon (German Edition)

Titel: Flying Moon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
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Aber hier war ein anderes Leben. Auf einmal war es mir ganz klar. Verliebtsein war kein Zustand, es war ein anderer Raum den man betrat .Dorthin wollte ich zurück, sofort. Dort gab es keine Probleme, keinen Alltag, keine Langeweile, keinen Stress. Nur Liebe. Okay - und Sehnsucht.
    Nachdem ich aufgeräumt hatte, stand ich ratlos im Zimmer. Ich wollte eine Platte auflegen, Musik hören. Aber stattdessen setzte ich mich nur auf den Boden vor mein Bett.
    Etwas später hörte ich, wie die Wohnungstür aufgeschlossen wurde. Lion kam, wir tauschten einen High Five, dann setzte er sich neben mich vor das Bett.
    »Wie war es?«
    »Schön.«
    Er sah mich neugierig an.
    »Was ist passiert, warum grinst du so?«
    »Lion? Pa kommt her.«
    Es war später Abend. Draußen war es warm, die ideale Zeit für den Schuppen. Wir stiegen leise aufs Dach, legten uns auf den Rücken und sahen in den Himmel. Die Luft war klar, ein Himmel mit einer schmalen Mondsichel und vielen Sternen.
    »Wann?«, fragte Lion.
    »Morgen.«
    Ich atmete vorsichtig aus. Ich musste es ansprechen.
    »Lion, was ist denn genau passiert?«
    »Gar nichts. Sie haben mich halt erwischt, aber Moon, das ist alles so unwichtig.«
    »Unwichtig?«
    Ich wartete darauf, dass der Himmel sich dehnte, weit und frei wurde. Aber es klappte nicht, stattdessen stürzte die Dunkelheit auf uns herab.
    »Hat irgendwer Anzeige erstattet? Die Eltern?«
    »Weiß nicht.«
    »Lion. Es gibt da schon ein Problem, ich meine, wenn du strafbare Dinge tust.«
    Lion schnellte hoch. »Fängst du jetzt auch noch an?«
    »Nein, es – ach ...«
    »Kommt Pa deswegen?«, fragte Lion unsicher.
    »Nein, nein«, log ich.
    Am nächsten Morgen stand ich früh auf und schlich in Lions Zimmer. Er schlief noch. Ich setzte mich an seinen Computer, fuhr ihn hoch und ging ins Netz. Dann klickte ich mich bis zur richtigen Seite durch. JGG JUGENDGERICHTSGESETZ. Ich studierte jeden Paragraphen und mir fiel auf, dass ich eigentlich überhaupt nichts über diese Dinge wusste. Konnte man Lion einsperren? Machte man das mit anderen Jugendlichen?
    Lion schlief tief und fest. Nach einer Stunde Paragraphenstudium auf den entlegensten Seiten des Internets, rieb ich mir die Augen, setzte mich neben Lions Bett und wartete. Aber innerlich war ich nicht ruhig. Schließlich, als sein Schlaf leichter zu werden begann, räusperte ich mich hörbar. Er öffnete müde und erstaunt die Augen.
    »He, Moon, was ist los?«
    »Ich habe es gerade im Internet recherchiert.«
    »Was?«
    »Wenn ein Jugendlicher eine Straftat begeht, dann werden Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel angewandt. Erziehungsmaßregeln bedeuten: Dein Aufenthaltsortes wird bestimmt, also Heim oder Familie. Dann gibt es einen sozialen Trainingskurs und die Möglichkeit eines Täter-Opfer Ausgleichs.«
    Lion sah mich verschlafen an.
    »Wenn sie wollen, dann können sie dich auch einsperren. Dann bekommst du Freizeitarrest, Kurzarrest oder Dauerarrest bis vier Wochen.«
    »Wovon redest du überhaupt?«
    »Wen hast du beklaut? Wenn du ihnen das Geld zurück gibst, sehen sie vielleicht von einer Anzeige ab. Ich kann dir Geld geben!«
    Lion richtet sich auf. Langsam wurde er wach.
    Ich reichte ihm fünfzig Euro. »Hier, das ist von meinen Spesen und bald bekomme ich meine Gage. Geh hin und gib das Geld, entschuldige dich. Dann vergessen die das.«
    »Moon, lass mich einfach in Ruhe. Soll mich Mom doch in ein Heim stecken. Ist mir egal!«
    Aber mir war es nicht egal.
    Am Nachmittag saßen wir beide in der Küche, erschöpft von dem Versuch, Lions Probleme zu lösen und gleichzeitig in großer Aufregung, weil Dad kam. Meine Mutter war zum Flughafen gefahren und seitdem saßen Lion und ich in der Küche und starrten auf die große Wanduhr über der Tür. Wir waren beide nervös. Wenn ich aufstand, sprang Lion auch auf, obwohl ich nur zum Kühlschrank ging und mir etwas zu trinken holte. Lion biss an seinen Nägeln herum und gab zwischendurch sehr hilfreiche Kommentare ab, wie: »Was ist, wenn er fett geworden ist? Und wenn er uns nicht wiedererkennt? Oder uns nicht sehen will?« Und so weiter. Ich versuchte die ganze Zeit, mir eine Version zurecht zu legen, die ich meinem Vater von dem Dreh erzählen konnte, ohne irgendetwas über den Inhalt oder die mitspielenden Schauspieler zu erzählen. Einerseits freute ich mich riesig, meinen Vater wieder zu sehen, andererseits hatte ich Angst vor der Begegnung. Er hatte sich vermutlich nicht verändert aber ich schon. Ich war

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