Flying Moon (German Edition)
»Hör mal«, sagte er schläfrig. »Wir können hier angezogen liegen, aber wenn du dich ausziehst ...«
»Ich zieh mich nicht ganz aus. Nur diese verdammt enge Jeans.«
Er seufzte. Meine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt, ich sah, dass er es ernst meinte.
»Was?«
Er rückte leicht von mir ab. »Hör mal, damals, bei Nora ...« Er stockte.
»Ja?«
»Ich war betrunken. Und es war nicht okay, dass ich ... du weißt schon.«
»Nein.«
Ich wusste, dass ihn das die ganze Zeit belastet hatte. Natürlich. Sein ganzes Verhalten, schon in Leipzig sollte mir zeigen, dass er sich verändert hatte. Ein anderer geworden war. Schön und gut. Ich akzeptierte das, aber im Grunde hatte ich nie unter seinem schlechten Verhalten gelitten.
»Aber jetzt sind wir nüchtern.«
Er lachte leise. »Ja, und ich habe keine Entschuldigung mehr, verstehst du? Ich sehe dich den ganzen Tag, wir liegen zusammen im Heu, du umarmst mich ... ich, krieg das einfach nicht länger hin.«
»Was?«
»Dich nicht zu begehren.«
Ich schluckte. Er sagte nicht ficken oder etwas anderes Grobes. Dann wäre es irgendwie leichter gewesen.
»Und jetzt?«
Er ließ sich zurück auf das Bett fallen und starrte an die Decke. »Ich habe mal gehört, es gibt eine Art Meditation, mit der man seine Erregung in spirituelle Energie verwandeln kann.«
»Oder wir können uns küssen.«
Er drehte leicht den Kopf. »Moon, du machst mich echt fertig.«
Ich rollte mich neben ihn. »Du warst ein guter Verführer.«
»Nein, ich war ... Ich wollte unbedingt mir dir schlafen. Mehr nicht. Aber dann ...«
»Was?«
»Es war nicht das Wichtigste. Nicht das Einzige.«
»Ich weiß.«
Ich fuhr mit der Hand unter sein T-Shirt, rollte es hoch und schob es sanft über seinen Kopf, die Arme.
»Manchmal stimmen die Sachen, die man in Filmen sieht.« Ich ließ meine Hand zu seiner Gürtelschnalle gleiten, öffnete sie langsam. Sein Blick war leicht erschrocken und fasziniert zugleich. »Und ich verspreche dir, wir werden nicht so schrecklichen Sex haben, wie die beiden Schauspieler eben.«
Sein Gürtel war offen.
Er blinzelte unsicher. »Und nun?«
»Ich bräuchte einen Kran, der dich anhebt, damit ich hier weitermachen kann.«
»Siehst du, es ist völliger Quatsch. Man zieht sich immer selber aus.« Er schlängelte sich aus der Hose und kickte sie vom Bett. »Und du hast es nicht anders gewollt.«
Ich grinste. »Ich würde sagen: Ich habe es genauso gewollt.«
Ich breitete die Arme aus und schloss die Augen.
»Du kannst mich jetzt lieben oder töten.«
Er küsste mich sanft. »Ich denke, ich fange mit lieben an.«
Als ich am Morgen aufwachte, wusste ich im ersten Moment nicht, wo ich war. Durch einen schmalen Schlitz im Vorhang fiel starkes Sonnenlicht. An der Decke des Zimmers tanzte ein Lichtpunkt und ich suchte nach dem Gegenstand, der das Licht brach. Dann sah ich Lasses Uhr auf dem Nachtisch. Er lag neben mir und schlief entspannt. Ich legte seinen Arm vorsichtig von meiner Hüfte, zog die Vorhänge auf und schlüpfte ins Bad. Ich duschte, zog mir eine Jogginghose und ein T-Shirt über und ging zurück ins Zimmer.
Lasse blinzelte gegen die Sonne. »Kann ich bei dir duschen?«
Ich nickte. »Rechts sind frische Handtücher.«
Er sammelte seine Kleider auf und ging ins Bad. Ich schaltete vom Bett aus MTV ein. Im Bad ging die Dusche an und wieder aus und Lasse steckte seinen nassen Kopf aus dem Badezimmer.
»Moon, kannst du mir einen Gefallen tun? Ich bräuchte saubere Klamotten. Kannst du mir was von drüben holen?«
Er warf mir seinen Zimmerschlüssel zu.
»Da liegt irgendwo rine zweite Jeans und in meiner Tasche sind noch saubere Sachen.«
Niemals hätte ich Lasses Sachen ohne seine Erlaubnis auch nur angerührt und es war seltsam, in seinem Zimmer umherzugehen und alles abzusuchen. Seine Jeans war relativ leicht zu finden, sie hing über dem Stuhl. Auf dem Stuhl lag ein Buch über Filmkunst. Vermutlich konnte man Lasses sämtliche Interessen an den Gegenständen in seinem Zimmer ablesen.
Am Bett lagen sein iPod, daneben ein Roman, ein iPad und ein Stapel DVDs. Der Zimmerservice war auch in seinem Zimmer gewesen, hatte das Bett gemacht und seine Sachen grob zusammengelegt, aber eine Tasche konnte ich nirgendwo entdecken. Mein Blick streifte den Schreibtisch, auf dem ein geöffneter Briefumschlag und ein Foto lagen. Ich trat näher heran und erkannte Agnes Loose. Es war ein privates Foto, sie hatte ihr Haar offen und hielt es gegen den Wind
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