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Follower - Die Geschichte einer Stalkerin

Follower - Die Geschichte einer Stalkerin

Titel: Follower - Die Geschichte einer Stalkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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Komparsenrolle gewonnen hatte. Unbedeutend und unwichtig für ihn. Nicht auf Augenhöhe. Keine Schauspielerin … nicht schön genug. Die Tränen flossen nur so aus ihr heraus.
    Die Sanitäterin reichte ihr Papiertaschentücher und hielt ihre Hand.
    „Sie sind schwanger, nicht wahr?“, fragte sie Daniela.
    „Nein“, schluchzte Daniela. Die Sanitäterin lächelte verständnisvoll. Daniela sah, dass sie ihr nicht glaubte.
    „Ich gehe jetzt“, sagte Daniela.
    „Oh nein. Sie bleiben“, sagte die Sanitäterin freundlich. „Wir bringen Sie gleich ins Krankenhaus. Nicht, dass Ihrem Kind noch was zustößt.“
    „Ich bin NICHT schwanger!“ Daniela setzte sich auf. „Ich gehe jetzt. Auf eigene Verantwortung. Das ist mein Recht.“
    Sie rutschte von der Liege herab und kam auf die Füße zu stehen.
    „Das ist aber verantwortungslos Ihrem Kind gegenüber“, sagte die Sanitäterin. Daniela drehte sich um. Langsam wurde sie richtig wütend.
    „Hören Sie eigentlich mal zu? Es gibt kein Kind! Und wehe, Sie erzählen diesen Blödsinn hier auch noch rum!“
    Sie ließ die Frau einfach stehen und ging hinaus in den Flur. Dort hielt sich niemand auf und die Studiotüren waren geschlossen. Und dahinter, im Scheinwerferlicht, berührten Kirans Lippen wahrscheinlich gerade die einer Schlampe, die ihn gar nicht verdient hatte und die sich jetzt schamlos an ihn heranschmiss. Wut und Trauer wechselten sich in ihr ab, und Daniela beschloss, der Wut den dominanten Part einzuräumen, bis sie hier raus war. Sie lief den Weg zu dem Raum, wo sie sich getroffen hatten, schnappte ihre Sachen und verließ das Studiogebäude. Sie wollte nichts mehr hören, keine bedauernden Worte, keine Vermutungen, sie sei schwanger. Aber was hätte sie auch sagen sollen?
    Ich bin in einen Seriendarsteller verliebt und kriege Ohnmachtsanfälle wie ein Teenager, wenn er mich ansieht.
    Wirklich? Oh, dann entschuldigen Sie, und wir dachten, Sie seien schwanger. Wie dumm von uns, das anzunehmen …
    Keine Ursache! Kann ja mal vorkommen.
    Daniela schloss ihren Wagen auf und ließ sich hinters Steuer sinken. Ihre Füße suchten automatisch Kupplung und Bremse, als sie an dem ungewohnten Gefühl merkte, dass sie noch ihre Pumps trug. Den rechten hatte er in der Hand gehalten … und ihr wieder angezogen. Wieder erfasste sie ein Weinkrampf und Daniela sank nach vorne auf das Lenkrad. Die schreckliche Ungerechtigkeit des Lebens brach über ihr zusammen. Ausweglosigkeit, Hoffnungslosigkeit … Einsamkeit. Sie gönnte sich ein paar Minuten der Verzweiflung und des Selbstmitleids, dann richtete sie sich wieder auf. Sie begutachtete sich selbst im Rückspiegel. Tränenüberströmt, rot geweint, so sah sie aus. Unsouverän, mit angezaustem Haar, das heute Morgen noch perfekt gesessen hatte. Eines Gastes des Garbacher Hofes würdig. Jetzt sah sie aus wie eine abgehalfterte Komparsin. Eine Frau mit dummen Träumen, die nichts mit dem echten Leben zu tun hatten. BIH war nur eine Serie und Kiran ein Serien-Darsteller, der tat, was das Drehbuch verlangte. Er würde älter werden und weniger Fans haben und dann kam ein neuer, junger Schauspieler nach und die Fans würden treulos den Neuen anhimmeln, das Forum wechseln, andere Poster aufhängen und Kiran Stück für Stück aus ihrem Alltag löschen. Das würden sie. Weil sie ihn eben nicht kannten, nicht so wie sie selbst. Und dann … was blieb ihm dann noch? Eine Vergangenheit als Teeny-Schwarm. Daniela wusste, dass sie es als Einzige wirklich ernst mit ihm meinte. Sie würde zu ihm halten. In guten und in schlechten Zeiten, egal, wie viele neue Darsteller es gab. Und das wusste er nicht. Woher auch? Es hatte sich einfach keine Gelegenheit ergeben, ihm alles zu sagen, ihm zu zeigen, wie sie war. Sie war als Unbekannte gekommen und wieder gegangen. Bestenfalls blieb sie als die Statistin in seinem Gedächtnis, die den Dreh aufgehalten hatte und die angeblich schwanger war. Die Tränen kämpften sich wieder in ihre Augen zurück, als ihr die Niederlage in voller Tragweite bewusst wurde. Sie hatte furchtbar versagt, obwohl der Start perfekt gewesen war.
    Daniela wischte sich über die Augen. Dann langte sie nach der Wasserflasche im Fußraum des Beifahrersitzes. Sie schraubte den Deckel ab und trank. Die kühle Flüssigkeit klärte ihr erhitztes Denken ein wenig. Jetzt war es Zeit, sich zusammenzureißen. Sich zu konzentrieren. Ihre Fähigkeit, sich schnell wieder aufzurappeln, hatte sie bis eben im Stich gelassen. Das

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