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Follower - Die Geschichte einer Stalkerin

Follower - Die Geschichte einer Stalkerin

Titel: Follower - Die Geschichte einer Stalkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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zu verschiedenen Geräten führten. Seine Herztöne … das Geräusch des Beatmungsgeräts …
    Nein. Bitte nicht.
    Für ein paar Minuten wurden die Sorgen übermächtig. Dann doch lieber das Bild von Kiran und seiner Fan-Tussi. Wenigstens geschah ihm dabei nichts. Patricia setzte sich mit untergeschlagenen Beinen auf ihr Bett und hielt ihre Teetasse fest. Sie trank in kleinen Schlucken und dachte nach. Zuerst hatte sie ausgeschlossen, dass der Mann in der Bar Kiran gewesen war. Warum? Ihm war schlecht geworden … aber deshalb hatte sie das nicht gedacht. Der Barkeeper hatte am Vortag was erwähnt. Die Frau hatte behauptet, dass Kiran ihr Freund sei. Deshalb hatte sie angenommen, es müsse jemand anders sein. Das war auf jeden Fall merkwürdig. Und Kiran hatte sich schlecht gefühlt. So sehr, dass er an die Luft musste. Kreislaufprobleme. Hatte die Frau ihn wegen seiner Kreislaufprobleme ins Krankenhaus gebracht? Wenn ja, dann gab es keinen Grund, warum man ihn telefonisch nicht erreichen konnte. Er hätte sicher dafür gesorgt, dass das Krankenhaus am Set anrief. Außerdem war seine Identität bekannt, wenn er eingeliefert wurde. Er müsste schon die ganze Zeit bewusstlos sein, damit er die nötigen Dinge nicht regeln konnte … und selbst dann hatten sie seine Brieftasche und die Frau in seiner Begleitung konnte Auskunft geben. Nein, das war keine Erklärung. Wenn ihm übel war, dann hatte sie ihn wahrscheinlich in ihrem Auto zum Arzt mitgenommen. Patricia nahm sich vor, morgen noch mal zum Babs zu fahren und nach seinem Wagen zu suchen. Und sie würde bei der Polizei nachhaken. Wenn er im Krankenhaus lag, dann wussten sie das morgen. Patricia stellte ihre Tasse auf ihren Lesetisch neben dem Bett und löschte das Licht. Dann versuchte sie, einzuschlafen.
     
    Kiran lag mit offenen Augen in der Dunkelheit und lauschte. Er war sich nicht sicher, ob er sich die gleichmäßigen Atemzüge, die er aus dem Flur zu hören glaubte, nur einbildete. Nachdem Daniela zu Bett gegangen war, hatte er selbst noch über eine Stunde reglos ausgeharrt. Ob er es jetzt wagen konnte? Sein Plan war, zuerst ins Bad zu gehen und mit der Seife zu versuchen, seinen Fesseln zu entkommen. Wenn sie ihn dabei erwischte, konnte er behaupten, er wolle nur zur Toilette gehen.
    Lautlos richtete er sich auf, in eine sitzende Position. Er tastete nach der Kette und begann, sie langsam, Stück für Stück, hochzunehmen und festzuhalten. Die Kette durfte keine Geräusche machen. Er musste sie tragen und nach Bedarf abrollen. Kiran rutschte vorsichtig vom Bett herunter und stand auf. Dann ging er leise, und wie in Zeitlupe, Richtung Bad. Seine Hand tastete nach dem Lichtschalter. Er fand ihn und die Deckenleuchte flammte auf. Kiran schloss die Tür, so weit es die Kette zuließ. Das Metall stieß gegen den Türrahmen und Kiran erschrak. Er blieb still stehen und lauschte. Jeden Moment rechnete er damit, dass Daniela die Tür aufriss und ihn stellte. Aber nichts geschah und Kiran entspannte sich wieder. Er inspizierte die Badausstattung, aber er sah nichts, was ihm behilflich sein konnte. Abgesehen von der Handseife. Vorsichtig drehte der das Wasser auf, so dass nur einige Tropfen herauskamen und benetzte seine Hände. Er wickelte die Mullbinden ab, dann verteilte er die Flüssigseife aus dem Spender gründlich über seine Handgelenke. Er versuchte, die Ketten abzustreifen. Es schmerzte und er biss die Zähne zusammen. Er drehte sein Handgelenk, zog und half mit der anderen Hand nach. Aber Daniela hatte ganze Arbeit geleistet. Er musste sich schon die Knochen brechen, um aus der Fessel herauszukommen. Sie lag noch enger an als eine Handschelle. Als sein Handgelenk schon wund wurde und die Seife auf seiner Haut brannte, gab Kiran auf. Er spülte die Seife ab und trocknete seine Hände. Er brachte den Mull wieder an, damit Daniela keinen Verdacht schöpfte.
    Dann sah er sich um. Welche Möglichkeiten blieben ihm noch? Die Kette reichte nicht bis zum Badezimmerfenster und im Schlafzimmer war sie gerade lang genug, dass er bis aufs Fensterbrett klettern konnte, wenn er den Schaumstoff abriss und das Fenster nicht zugenagelt war. Er traute es ihr zu. Selbst wenn er das schaffte, hing er hilflos an der Kette am Fenster und kam nicht weiter. Dieses Szenario musste er sich aufheben für den Fall, dass Daniela ihn mal allein ließ. Dann konnte er den ganzen Wald zusammenschreien in der Hoffnung auf einen Jäger oder Spaziergänger, der ihn hörte. Es war schon

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