Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
berührten seine Stirn und er musste es ertragen, dass eine leicht feuchte Stelle von ihrem Kuss auf seiner Haut zurückblieb. Sie stand auf und er hörte Schritte, die sich entfernten. Kiran blieb still liegen. Einige Minuten später kam sie wieder ins Zimmer und tat irgendwas. Er konnte das Geräusch nicht einordnen. Dann roch er ihr Parfüm, als sie sich wieder über ihn beugte.
Geh endlich ins Bett und schlaf, dachte er.
Daniela war zufrieden. Mehr noch. Sie war glücklich. Kiran gewöhnte sich langsam an sie. Er hatte das Wasser von ihr angenommen und dann, als er erschöpft in die Kissen gesunken war, hatte sie ihn beruhigend gestreichelt. Kiran war unter ihren Händen eingeschlafen. Die Tropfen wirkten wohl noch ein wenig nach. Aber er fühlte sich auch wohl bei ihr. Er spürte, dass sie es gut mit ihm meinte. Morgen wollte sie ihm neue Kleidung kaufen. Sie hatte zwar seinen Wohnungsschlüssel, aber das Risiko war zu hoch. Daniela überlegte, ob sie ihn solange hier allein lassen konnte. Vielleicht nicht. Es war noch zu früh. Bestimmt versuchte er dann zu fliehen. Daniela nahm ihm das nicht übel. Schließlich fingen sie gerade erst an, sich einander zu nähern. Ein scheues Tier zähmte man mit Geduld. Er musste seine Angst ablegen und mit der Zeit würde er sie mögen. Einfach schon deshalb, weil niemand sonst hier war.
Daniela ging zu ihrer Handtasche und suchte die kleine Tüte heraus, in die sie ihre nicht ganz legalen Einkäufe gepackt hatte. Sie hatte sich Injektionsspritzen und Nadeln zugelegt, mit denen sie ein Nahrungsmittel oder ein noch verschlossenes Getränk für Kiran „impfen“ konnte. Zum Beispiel konnte sie mit der Nadel fast unbemerkt durch den Deckel eines Joghurtbechers stechen. Aber sie hatte noch eine andere Verwendung dafür. Sie legte eine der Spritzen bereit für morgen früh. Die Injektionsnadel brauchte sie dafür nicht. Sie sah auf ihre Uhr. Schon nach elf. Sie fühlte sich müde. Sie würde sich mit der Matratze in den Flur legen, damit sie hörte, wenn Kiran aufstand. Ein paar Stunden Schlaf … das würde ihr guttun. Aber erst musste sie sicher sein, dass Kiran fest schlief.
Sie ging auf Zehenspitzen in das Schlafzimmer und leuchtete mit ihrem Handy nach ihm. Er lag noch in derselben Position da und atmete tief und gleichmäßig. Sie schlich wieder hinaus und begann, sich ihr improvisiertes Bett einzurichten. Dann legte sie sich hin und lauschte noch ein paar Minuten auf die Geräusche im Haus. Alles blieb still und langsam driftete sie weg in den Schlaf. Sie hatte einen anstrengenden Tag hinter sich.
Patricia schlug ihre Bettdecke zurück und stand wieder auf. An Schlaf war einfach nicht zu denken. Sie nahm ihr Handy zur Hand. Natürlich keine Nachricht. Langsam entwickelte sich der Handycheck zur Zwangshandlung. Sie hatte versucht, sich abzulenken und sich gesagt, dass Kiran noch nicht so lange weg war, dass man sich ernsthafte Sorgen machen musste. Aber das tat sie trotzdem.
Bin ich doch eifersüchtig?
Wenn er sich vergessen hatte und mit einer Frau unterwegs war … es passte zwar nicht zu dem, was sie von ihm wusste, aber vielleicht bildete sie sich zu viel ein. Kiran war ein Teenystar, keine Frage. Die Mädels kreischten ihn taub, wenn der Sender ihn zu einer Autogrammstunde schickte. Sie himmelten ihn an, kippten um und heulten. Patricia war das gewöhnt und sie alle gingen damit um. Es gehörte zum Business. Kiran konnte jede von denen haben. Warum sollte er dieser Versuchung niemals nachgeben?
Weil er mit mir verabredet war und es schien ihm wichtig zu sein. Ich denke nicht, dass ich was Besonderes bin. Es war seine Idee.
Patricia ging wieder in die Küche. Sie warf den Wasserkocher an und brühte sich einen Tee auf.
Wo bist du, verdammt noch mal?
Warum kam sie nicht zur Ruhe? Patricia hatte das unbestimmte Gefühl, dass da etwas war. Etwas, das sie übersehen hatte. Nur was? Sie hatte alles getan. Angerufen, seine Wohnung durchsucht und die Polizei informiert. Inzwischen glaubte sie, dass die Beamten ihr nur zugehört hatten, weil sie betonte, dass es absolut untypisch für Kiran war, nicht zur Arbeit zu erscheinen. Ansonsten hätten sie bestimmt einfach abgewinkt.
Morgen würde sie im Revier anrufen und fragen, ob sie schon etwas von den Krankenhäusern wussten.
Das Bild von Kiran und seinem weiblichen Fan verschwand kurz aus ihrem Kopf und wurde durch ein anderes ersetzt. Kiran, der in einem weißen Bett lag. Schläuche, die von seinem Körper
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