Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
ihm Energie ab, um ihre eigenen seelischen Defizite aufzufüllen. Er konnte sich niemals entspannen, musste immer Leistung bringen, für die Fans da sein. Schön und gut gelaunt. Und deshalb fand er auch keine Freundin, die ihm das gab, was er brauchte. Patricia konnte es aushalten, wenn er nicht perfekt war, Kopfschmerzen hatte, müde war. Er durfte ein Mensch sein bei ihr. Und jetzt, wo sie fort war, vermisste er sie.
Der Gedanke an sie beruhigte ihn. Er hatte schon mal daran gedacht, sie um ein Date zu bitten, aber dann hatte er es doch nicht getan. Es war bescheuert, aber er hatte Angst, zurückgewiesen zu werden. Wenn sie nein sagte … oder sogar lachte, weil sie ihn nicht ernst nahm … das wäre unerträglich. Und peinlich. Eine Setmitarbeiterin mit strubbeligen Haaren wies Kiran Advani zurück … sein Ego würde dann einen beachtlichen Knacks erleiden. Deshalb hatte er sich bisher zurückgehalten und das Risiko gemieden. Er schaffte es noch nicht, seine Maske fallen zu lassen und jetzt … war es zu spät. Selbst wenn er hier lebend raus kam, dann gab es da immer noch das andere Problem, über das er hatte mit ihr reden wollen. Er musste sich damit abfinden und die Sache aus seinem Kopf kriegen.
Müdigkeit wogte heran. Er war erschöpft und brauchte Schlaf. Es half alles nichts. Der Schlaf kam über ihn, während er noch grübelte.
Etwas Nasses, Kühles in seinem Mund. Kiran schluckte aus Reflex und sein noch halb schlafendes Gehirn registrierte den bekannten, leicht bitteren Geschmack. Er schlug die Augen auf und zuckte zusammen. Daniela beugte sich über ihn. In ihrer Hand hielt sie eine Injektionsspritze ohne Nadel. Er brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen. Sie hatte ihm das Medikament in den Mund gespritzt und er hatte es geschluckt.
Nein!
Sie hatte ihn ausgetrickst und die Wut kochte wieder in ihm hoch. Er wollte sich auf diese Frau stürzen, die ihn betäubte und quälte und dabei behauptete, ihn zu lieben.
„Tut mir leid“, sagte sie. „Aber ich mache das für dich. Ich muss dir ein paar Kleider kaufen und dafür lasse ich dich jetzt eine Weile allein, sobald du schläfst.“
Kiran presste die Lippen zusammen und ballte die Fäuste. In diesem Moment war er bereit, ihr ernsthaft wehzutun. Ob sie eine Frau war oder nicht. Scheiß drauf. Er konnte sich kaum noch beherrschen.
Sie sah ihn an, mit diesem verliebten Blick, der seinen Ärger noch schürte. Sie ging hinaus und ließ ihn allein. Die Wirkung setzte verteufelt schnell ein. Seit fast zwei Tagen hatte er keine Nahrung mehr zu sich genommen. Innerhalb von Minuten war er handlungsunfähig. Daniela kam zurück und berührte ihn, brachte seinen Kopf in eine andere Position, tat irgendwas mit ihm, was er nicht verstand. Während sie noch an ihn herumhantierte, verließen ihn die Sinne.
11
Patricia saß mit einem Kaffee an ihrem Rechner und surfte im Netz. Um fünf Uhr war sie aufgestanden. Um sieben hatte sie bei der Polizei nachgefragt und erfahren, dass noch kein Ergebnis vorlag, sprich, Kiran lag nicht nach einem Unfall im Krankenhaus. Eine Handy-Ortung war wahrscheinlich nicht möglich, denn sein Handy war ausgeschaltet oder kaputt. Das hatte sie vergessen zu fragen, aber es lag auf der Hand.
Jetzt dachte sie weiter nach, was sie noch tun könnte. Einfach abwarten konnte sie nicht. Und etwas sagte ihr, dass die Zeit drängte.
Deine Innovation sagt dir das … hahahaaa
Attila war manchmal ein echter Proll.
Aber ihre Intuition sprach auf sie ein, die ganze Zeit. Nur verstand sie nicht, was sie ihr sagen wollte. Sie musste immer wieder an diese Frau denken, die Kiran nach draußen gebracht hatte, weil ihm übel war. Sie hatte ihm den Orangensaft gekauft und war dann mit ihm rausgegangen. Warum Orangensaft? Patricia versuchte, sich die Situation bildlich vorzustellen. Kiran wartete auf sie und dann kam eine Frau und gab ihm einen Orangensaft aus. Beim Hinausgehen behauptete sie dann, er sei ihr Freund und er leide öfters unter Kreislaufproblemen … Patricia richtete sich auf. Plötzlich war sie aufgeregt. Die Frau hatte gelogen. Der Satz des Barkeepers fiel ihr erst jetzt wieder ein.
Sie sagte, das würde ihm öfters passieren. Der Kreislauf … sie meinte, er sei ihr Freund und sie würde das schon kennen …
Die Frau log und Kiran widersprach ihr nicht. Weil er nicht mehr widersprechen konnte? Plötzlich war sie sich sicher, dass sie auf der richtigen Spur war. Eine Frau in Kirans Begleitung, die er nicht
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