Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
wirklich, wie dieses Riesentier hieß, aber es lenkte Robert von seiner Bemerkung ab, sie sei unausgeschlafen.
„Barbarossa heißt er. Im Schulbetrieb nehmen wir ihn nicht, er ist ein Hengst und nix für Anfänger. Ich bewege ihn regelmäßig und dann werden wir sehen, was aus ihm wird. Ein Prachtkerl, was?“
Daniela betrachtete das glänzende braune Tier. Sie konnte nicht beurteilen, ob es ein Prachtkerl war, aber sie nickte.
„Streichel ihn doch mal am Hals“, forderte Robert sie auf. Daniela zögerte und Robert legte seine Hand an ihren Rücken und schob sie näher an das Pferd heran. Seine Berührung war angenehm und gar nicht aufdringlich. Sie legte ihre Hand auf den bemuskelten Pferdehals und strich über das Fell. Barbarossa schnaubte wie ein Saurier.
„Das gefällt ihm. Vielleicht mag er dich ja“, sagte Robert.
„Ich weiß nicht“, sagte Daniela. Barbarossa drehte den Kopf und Daniela fühlte die weiche Pferdenase an ihrer Wange. Anscheinend roch er an ihr. Dann öffnete Barbarossa das Maul und gähnte herzhaft.
„Na toll. Ich langweile ihn“, sagte Daniela und fühlte sich tatsächlich ein wenig zurückgewiesen, obwohl Barbarossa ein Tier war. Robert lachte wieder.
„Nein, du langweilst ihn nicht. Er spürt deine Unsicherheit und mit dem Gähnen zeigt er, dass er harmlos ist und dir nichts tun wird. Hat mit Langeweile nichts zu tun. Hier, schau mal.“ Robert fuhr mit seiner Hand an Barbarossas Hals und kratzte kräftig das Fell. Barbarossa machte eine lange Schnute und bewegte sein Pferdemaul hin und her.
„Er macht ein Genussgesicht, siehst du? Das ist eine seiner Lieblingsstellen.“
„Aha“, sagte Daniela. Sie fühlte sich erstaunlicherweise etwas besser. Für ein paar Minuten hatte sie kaum noch an BIH, das Forum und die Entführungsfolge mit Emilia gedacht. Sie stellte sich näher an Barbarossa und streichelte ihn, ließ sich von seiner seidenweichen Nase berühren und entschied, dass Pferde sympathischer waren, als sie zunächst angenommen hatte.
„Du kannst gar nicht reiten und hast keine Ahnung von Pferden, oder?“, fragte Robert. Sie schüttelte den Kopf.
„Und warum hat Martina dir dann die Stelle hier gegeben?“, fragte er.
„Ich kann gut und schnell putzen“, sagte Daniela und senkte den Kopf, weil sie rot wurde. Als ob Putzen das Einzige war, das sie konnte.
„Hey, das ist doch gut. Sunny zum Beispiel ist viel zu faul zum Putzen und das muss auch gemacht werden. Und die Stallarbeit zeig ich dir. Ist nicht so schwer“, sagte Robert.
„Danke“, sagte Daniela. Sie atmete durch. Wenn sie erst die BIH Folge von heute überstand, dann hatte sie es hier gar nicht so schlecht getroffen.
Mit Roberts Hilfe kämpfte sich Daniela durch den Tag. Nachmittags putzte sie im Gästehaus und Martina schien hochzufrieden mit ihr zu sein. Das Abendessen ließ sie ausfallen. Sie täuschte Kopfschmerzen vor und ging in ihr Zimmer. Sie klappte das Notebook auf und sah immer wieder auf die Uhr. Die Zeit quälte sich dahin und Daniela suchte im Forum nach Hinweisen, fand aber nur Spekulationen vor. Die meisten User waren der Ansicht, dass Emilia ein Lösegeld für Alex verlangen würde. Herr Garbach würde bezahlen und Alex kam nach einem Showdown mit Emilia frei. Aber warum war das so ein Geheimnis? Manche vermuteten einen reinen Werbegag, andere glaubten, dass Kiran Advani so sein Trauma verarbeitete.
Als das Video endlich freigeschaltet wurde, hatte Daniela schon gefühlte einhundert Mal aktualisiert. Ihre Hand zitterte so, dass sie zunächst zweimal daneben klickte, bevor sie die Play-Schaltfläche erwischte. Der Vorspann begann und Daniela presste unbewusst die Hände an die Wangen.
Emilia erschien auf dem Bildschirm. Sie hielt ein Telefon ans Ohr und man sah Alexander im Hintergrund auf dem Bett liegen, wo er sich gegen die Fesseln sträubte.
„Hey Stephan“, säuselte Emilia ins Telefon. „Solltest du nicht in deine Emails geschaut haben vor lauter feiern, dann hol das schnell nach. Du findest dort ein Video von deinem geliebten Sohn. Alexander ist hier bei mir. Noch ist ihm nichts geschehen …“
„Emilia … du … tu das nicht“, sagte Herr Garbach gepresst.
„Ach, du hast das Video schon gesehen? Sehr schön, das spart Zeit.“
„Was verlangst du für meinen Sohn? Was muss ich tun?“, fragte Herr Garbach und man hörte an seinem Tonfall, dass er aufgegeben hatte.
„Zehn Millionen dürften für den Anfang reichen“, sagte Emilia.
„Zehn Mil…
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