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Forbidden

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Titel: Forbidden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabitha Suzuma
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einem baufälligen Haus am anderen Ende der Stadt zur Miete gewohnt, aber in einem der besseren Viertel. Wir hatten nie viel Geld, nicht mit einem Dichter als Vater, trotzdem war mit ihm alles viel einfacher, aus mehreren Gründen. Doch das ist alles schon lange, lange her. Unser Zuhause ist jetzt in der Bexham Road 62: ein zweistöckiger, grau verputzter Kasten mit vier Zimmern, eingeklemmt zwischen Nachbarhäusern, die alle gleich aussehen, mit leeren Colaflaschen und Bierdosen auf den verwilderten Grasstreifen zwischen den kaputten Gartentüren und den früher einmal orangefarbenen Haustüren.
    Die Straße ist so schmal, dass die Autos mit den Pappen vor den Windschutzscheiben oder den verbeulten Kotflügeln halb auf dem Gehsteig parken müssen. Deshalb ist es auch einfacher, mitten auf der Straße zu gehen. Ich kicke eine leere Bierdose vor mir her, dribble mit ihr, sie scheppert metallisch auf dem Asphalt, bald kommt das Kläffen eines Hundes hinzu, die Schreie von Kindern, die auf der Straße Fußball spielen. Laute Reggae-Musik dröhnt aus einem offenen Fenster. Meine Tasche hüpft und springt gegen meinen Oberschenkel, und ich spüre, wie mein unwohles Gefühl sich allmählich auflöst. Als ich an den Fußball spielenden Kindern vorbeiwill, schießt eines von ihnen, das ich nur zu gut kenne, gerade den Ball über die Torlinie. Ich tausche die Bierdose gegen den Ball und ziehe leichtfüßig an den kleinen Fußballern in ihren übergroßen Arsenal-T-Shirts vorbei, sie rennen hinter mir her und protestieren laut schreiend. Der dunkelblonde Torjäger stürmt auf mich zu: ein kleiner Hippie, dem die Haare bis zu den Schultern reichen, sein heute früh noch weißes Hemd ist dreckverschmiert und hängt ihm aus der abgewetzten grauen Hose. Er schafft es, mich zu überholen, läuft dann rückwärts vor mir her und brüllt: »Zu mir, Lochie, zu mir! Schieß ihn zu mir!«
    Lachend tue ich, was er will. Mit Triumphgeschrei fängt mein acht Jahre alter Bruder den Ball ab, rennt zu seinen Freunden zurück und ruft: »Ich hab ihn ihm abgenommen, ich hab ihn ihm abgenommen! Habt ihr gesehen?«
    Drinnen im Haus ist es kühler, ich werfe die Haustür hinter mir zu, lehne mich einen Moment dagegen, um wieder zu Atem zu kommen, und wische mir die verschwitzten Haare aus der Stirn. Dann richte ich mich auf und gehe durch den schmalen Flur in Richtung Küche. Mit den Füßen schiebe ich automatisch die auf den Boden geworfenen Schuluniform-Jacken, die Schultaschen und Schuhe beiseite, über die sonst noch einer stolpert. In der Küche stoße ich auf Willa. Sie ist auf die Arbeitsplatte geklettert und versucht, aus dem Oberschrank die Cheerios herunterzuholen. Als sie mich sieht, erstarrt sie einen Moment und guckt mich aus ihren blauen Augen schuldbewusst an. »Maya hat heute mein Pausenbrot vergessen!«
    Ich knurre laut, bin mit einem Satz bei ihr, packe sie mit einem Arm und hole sie herunter. Sie kreischt auf und juchzt, als ich sie ein paar Augenblicke lang mit dem Kopf nach unten hin- und herpendeln lasse. Ihre langen blonden Haare streifen über den Boden. Danach befördere ich sie auf einen Küchenstuhl und stelle die Cheerio-Schachtel, Milch und eine kleine Schüssel vor sie hin.
    »Eine halbe Schüssel voll, nicht mehr.« Ich reiche ihr einen Löffel. »Es gibt heute früh Abendessen. Ich muss danach noch jede Menge Hausaufgaben machen.«
    »Und wann?« Willa klingt nicht sehr überzeugt. Sie schüttet sich Cheerios in die Schüssel und verstreut dabei die Hälfte auf dem abgestoßenen Tisch, der den Mittelpunkt unseres chaotischen Küchenlebens bildet. Trotz der neuen Hausordnung für alle, die Maya an den Kühlschrank geklebt hat, hat Tiffin schon tagelang nicht mehr den Mülleimer rausgebracht, in der Spüle stapelt sich der Abwasch, ohne dass Kit bisher auch nur einen Teller angerührt hätte, und Willas kleiner Kinderbesen scheint wieder einmal unauffindbar. Ihr einziger Beitrag besteht darin, die Krümel auf dem Boden noch zu vermehren.
    »Wo ist Mum?«, frage ich.
    »Macht sich fertig.«
    Ich seufze und lasse Willa dann in der Küche allein. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, stürme ich die Treppe hoch, antworte auf Mums Hallo-Rufe nicht, sondern suche nach der einzigen Person, mit der ich jetzt wirklich gern reden würde. Aber als ich durch die offene Tür in das leere Zimmer blicke, fällt mir ein, dass Maya ja heute nach der Schule noch irgendein Treffen hat. Einen Augenblick fühle ich mich müde. Dann

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