Forbidden
kaum stillhalten, so lustig findet sie die Späße ihres größeren Bruders.
»Wirkt ganz so, als würdet ihr beide unglaublich eifrig miteinander Hausaufgaben machen«, sage ich zu Kit. »Hoffentlich wisst ihr auch, wo der Staubsauger steht.«
Kit wirft als Antwort eine Handvoll Cheerios in Willas Richtung. Einen Augenblick lang glaube ich, dass er mich einfach ignoriert, aber dann erklärt er: »Das ist kein Spiel, wir üben Zielen. Und Mum ist das sowieso alles egal. Sie ist mal wieder mit ihrem Macker unterwegs, und bis sie nach Hause kommt, ist sie so zu, dass sie eh nichts mehr merkt.«
Ich öffne den Mund, um ihm zu sagen, dass er über seine Mutter nicht so reden soll. Aber Willa möchte weiterspielen, und weil ich merke, dass Kit weder schmollt noch auf Streit aus ist, lasse ich das Thema fallen. Ich schmeiße mich auf die Couch. Mein dreizehnjähriger jüngerer Bruder hat sich in den letzten Monaten stark verändert: Ein Wachstumsschub im Sommer hat ihn noch dünner und schlaksiger werden lassen, seine hellbraunen Haare hat er jetzt kurz, damit alle den falschen Diamantstecker in seinem Ohr sehen können, und seine haselnussbraunen Augen haben einen harten Glanz bekommen. Und auch in seinem Verhalten hat sich etwas verändert. Das Kind in ihm ist immer noch da, aber wie unter einer Maske an Härte und Selbstbehauptung versteckt. Der neue, andere Ausdruck in seinen Augen, das trotzig vorgeschobene Kinn, das harte, freudlose Lachen, all das lässt ihn kantig und fremd wirken. Aber in unverkrampften kurzen Momenten wie diesem mit seiner kleinen Schwester, wenn er einfach nur Spaß hat, blitzt auf einmal wieder mein jüngerer Bruder von früher durch.
»Macht Lochan Abendessen?«, frage ich.
»Wer sonst.«
»Abendessen!« Willas Hand fährt erschrocken an den Mund. »Lochie hat gesagt, er ruft uns zum allerletzten Mal …«
»Hat er doch nur so gesagt«, versucht Kit sie zu beruhigen, aber da ist Willa schon zur Tür raus und ab durch den Flur in die Küche. Sie will es immer allen recht machen. Ich setze mich gähnend auf. Kit fängt an, mit den Cheerios auf meine Stirn zu zielen.
»Heb sie dir lieber auf! Mehr haben wir für morgen zum Frühstück nicht. Ich glaub nicht, dass du sie dann vom Fußboden essen willst.« Ich stehe auf. »Komm mit. Lass uns mal sehen, was Lochan gekocht hat.«
»Beschissene Nudeln – was sonst? Was anderes kann er doch gar nicht.« Kit schmeißt die offene Cheerio-Schachtel dermaßen heftig auf die Couch, dass die Hälfte des Inhalts auf den Polstern landet. Seine gute Laune ist weg.
»Vielleicht solltest du auch mal kochen lernen. Dann könnten wir uns zu dritt abwechseln.«
Kit wirft mir einen verächtlichen Blick zu und geht mir in die Küche voran.
»Raus, Tiffin! Ich hab gesagt, der Ball muss aus der Küche raus.« Lochan hält in der einen Hand den heißen Topf und versucht mit der anderen, Tiffin auf den Gang hinauszuschieben.
»Tor!«, brüllt Tiffin und schießt den Fußball zwischen den Tischbeinen hindurch. Ich hole den Ball unter dem Tisch vor, kicke ihn in den Flur und halte Tiffin fest, als er an mir vorbeiwill.
»Hilfe! Hilfe! Maya erwürgt mich!«, brüllt er und verzieht dabei das Gesicht, als wäre er am Ersticken.
Ich manövriere ihn auf seinen Stuhl. »Setz dich hin!«
Bei der Aussicht auf Abendessen gibt Tiffin klein bei. Er greift nach Messer und Gabel und veranstaltet damit ein Trommelkonzert auf dem Tisch. Willa lacht und nimmt ihr Besteck, um ihn nachzumachen.
»Willa …«, warne ich sie.
Ihr Lächeln verschwindet, und einen Moment blickt sie ganz schuldbewusst drein. Ich spüre einen Anflug von schlechtem Gewissen. Willa ist immer lieb und brav, Tiffin dagegen platzt vor Energie und hat dauernd nur Unfug im Kopf. Trotzdem trifft es meistens sie, während ihr Bruder oft genug so durchkommt. Mit flinken Bewegungen hole ich die Teller aus dem Schrank, fülle Wasser in den Krug, räume die Kochzutaten auf.
»Okay, alles hinsetzen!« Lochan stellt das Essen hin. Vier gefüllte Teller und eine rosa Barbie-Schüssel. Nudeln mit Käse, Nudeln mit Käse und Soße, Nudeln mit Soße, aber ohne Käse, der Brokkoli – den weder Kit noch Tiffin anrühren werden – kunstvoll am Rand versteckt.
»Hallo, du!« Ich zupfe Lochan am Ärmel, bevor er sich wieder zum Herd umdreht, und lächle ihn an. »Alles in Ordnung?«
»Ich bin erst seit zwei Stunden zu Hause, und alle sind bereits außer Rand und Band.« Er wirft mir einen so übertrieben
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