Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
Zusatznummer nach der anderen gab, bis der Anbruch der Dämmerung die
Zuschauer davonscheuchte wie ein Windstoß einen Schwarm welke Blätter. James
ertappte sich dabei, dass er zum ersten Mal Verständnis für die Angst der Leute
empfand. Er ertappte sich außerdem dabei, dass er beim Gehen aufmerksam den
Boden im Blick behielt. Und als er sah, dass nicht nur der Chef, sondern auch
Brogue, John und Lowell jetzt mit einer Dikrana ausgerüstet waren und sie
griffbereit im Gürtel trugen, fand er das beruhigend.
Die hatten ihn gar nicht gebraucht bei der
Vorstellung. Massen von Leuten – darunter auch Mädchen – waren ganz scharf
darauf, an der Scheibe des Messerwerfers zu stehen, der am Nachmittag den
Cabbacubb getroffen hatte. Diesmal erlaubte es der Chef. Nur drehen durften sie
die Scheibe nicht.
Es war fast schon dunkel, als es endlich Essen gab.
Nach dem Vorfall mit dem Cabbacubb hatten sie die Wagen noch enger
zusammengeschoben, sodass nicht mehr viel Platz blieb, zumal ja auch die
Gilwissel und die Hunde untergebracht werden mussten. Jakobe hatte an den
Außenecken des Lagergevierts große Schalen mit glimmendem Palintegrus
aufgestellt. Das Zeug räucherte jeden Bissen, den sie aßen, aber wenigstens hielt
es die Mückenschwärme fern. Gerade war die erste Portion Zemmes mit Ziegenfleisch
ausgegeben worden, als ihre Ruhe schon wieder gestört wurde.
„Da kommt jemand“, verkündete Juniper, der von seinem
Platz auf den Stufen des Kalendio-Wagens aus die Brücke im Blick hatte. „Der
Gelichterjäger! Klar, sonst traut sich ja auch keiner mehr raus.“
„Da ist aber noch einer bei ihm“, meinte Carmino.
Die beiden Gäste wurden von Schneemann verfolgt, dem
einzigen Hund, den die Montagus hier frei laufen ließen. Selbstbewusst bückte
sich der Gelichterjäger zwischen den Garnfäden hindurch, ohne erst auf eine
Einladung zu warten. Vermutlich war er daran gewöhnt, überall willkommen zu
sein. James betrachtete seinen Begleiter. Wie der Jäger trug auch er kniehohe,
umschnürte Stiefel und den Hut mit dem Netz, das sein Gesicht verdeckte. Als
die beiden beim Feuer angekommen waren, schoben sie die Hüte in den Nacken, und
James erkannte einen der beiden schrägen Typen, die ihm mittags in der Stadt
aufgefallen waren.
„ Haike Kumatain !“, grüßte der Gelichterjäger
und sah sich um. Zusätzlich zu dem Stab, mit dem auch Walkor Denn von Kantabre
ausgerüstet gewesen war, hatte dieser Jäger ein dicht geknüpftes Netz über der
Schulter hängen. Die Kugeln, die zur Beschwerung hineingeknüpft waren,
baumelten dicht über dem Boden. Dass sein Gruß nur vereinzelt und ziemlich
desinteressiert erwidert wurde, kratzte ihn anscheinend nicht. Er ging
zielstrebig zu Nicholas Montagu hinüber, der mit Brogue und John bei den
Gilwisseln stand. Dort platzte er mitten in die Beratung über eines der Ponys,
das seit dem Vormittag lahmte. Sein Begleiter, der den Blick aufmerksam über
das ganze Lager schweifen ließ, folgte ihm grußlos.
„Was wollen die denn noch hier?“, fragte Juniper nicht
gerade leise. „Der hätte sich mal lieber heute Mittag zeigen sollen!“
„Vielleicht will er ’ne Beratung von erfolgreichen
Dämonenbezwingern! ’n bisschen Nachhilfe!“
„Seid still. Ich will da zuhören!“, zischte Stanwell.
Dank der Enge des Lagers war das nicht schwer, zumal sie ganz in der Nähe der
Gilwissel saßen. Außerdem schienen die Besucher auch gar nicht auf eine private
Unterredung aus zu sein.
„Einen guten Abend frei von Plagen wünsche ich euch,
Ska Montagu“, grüßte der junge Jäger. „Ihr habt die Stadt heute schwer
beeindruckt mit eurem Sieg über den Cabbacubb. Und eure Vorstellung war das
Ausharren in den Mückenschwärmen jedenfalls wert.“
„Guten Abend, Ska … wir haben dich vermisst am
Mittag.“
„Ein unverzeihliches Missgeschick meinerseits, das ich
sehr bedaure“, parierte der Mann glatt. „Aber in Fendurnen verlässt man mittags
die Häuser nur selten, das konntet ihr natürlich nicht wissen. Deshalb nutze
ich den Mittag immer für die Belange meines Geschäfts. Um meinen Fehler ein
wenig wieder gutzumachen, bringe ich euch eines meiner besten Erzeugnisse.
Hier!“, er nahm das Netz von der Schulter und schlug es mit einer schnellen
Bewegung aus. Eine Wolke strengen Geruchs wallte auf, und der Hund, der den
Fremden nicht von der Seite gewichen war, ließ ein warnendes Knurren hören. Das
schimmernde Gewebe – so dicht, dass man Motten darin hätte fangen
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