Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
hinterherlaufen. Sie hatte immer noch die breiverschmierte
Kelle in der Hand.
„ Kash !“, zischte Brogue, und sie blieb stehen.
„Die Pelektá! Nicht mit uns!“
„Aber Nicholas – war das wirklich klug?“
„Kein Wort mehr, Jakobe!“ Montagus Stimme war wie ein
Peitschenhieb. „Fall mir nie wieder bei einer Unterredung ins Wort, wenn du
beim Stern von Montagu bleiben willst!“
„Das hat gesessen“, stellte Juniper leise fest.
Firn stand auf. „Nachdem diese Sache also geklärt ist,
verabschiede ich mich dann auch mal, Chef. Bin in der Stadt verabredet.“
„Hast du noch nicht genug für heute?“, knurrte Montagu
im Vorbeigehen.
Firn wedelte mit einem Hut, der wie der des
Gelichterjägers aussah, nur dass seine Netze noch länger waren. „Wurde mir nach
der Vorstellung überreicht“, erklärte er mit einem fetten Grinsen. „Was kann
mir da noch passieren?“
„Das musst du selbst am besten wissen. Sieh zu, dass
du dir keine Schwierigkeiten einhandelst.“
„Bestimmt nicht. Mit der Pelektá hat die jedenfalls nichts zu tun. Sie ist Barbierin.“ Er deutete eine Verbeugung an und
grinste in Richtung Horgest, wobei alle seine Zähne aufblitzten. Dann tauchte
er unter der Garnbarriere hindurch, setzte den Hut auf und verschwand unter den
tanzenden Netzen in der Dunkelheit, während Horgest noch schnaufend nach Worten
rang.
„Du kannst ihn doch nicht einfach gehen lassen,
Nicholas!“, rief Jakobe, obwohl sie noch Tränen in den Augen hatte vom letzten
Anraunzer. „Es ist dunkel!“
„Geh schlafen, Jakobe.“ Montagus Ton war eisig.
Und dann schaffte es der Wutschrei in Horgest endlich
nach draußen. „ Sikkashai ! Hurensohn!!“, brüllte er so laut, dass sie
alle zusammenfuhren und der Chef doch noch stehenblieb. „Du verdammter
Drecksack! Du mieses –“
„Klappe, Horg!“, unterbrach ihn sein Vater – James
hörte ihn zum ersten Mal energisch sprechen, und selbst jetzt klang er noch
ziemlich gelassen. Vielleicht lag das an dem ewigen Zigarillo in seinen
Fingern.
„Die Sau hat mir das Mädchen weggeschnappt! Ich hab sie entdeckt, heut in der Stadt! Und ich werd sie mir auch holen, sikka
darraku !“ Aber bevor er losstürmen konnte wie ein wütendes Nashorn, hatte
ihn sein Vater am Arm gepackt. „Gib schon Ruhe. Lass die Finger von den
Kramperhuren.“
Montagu kam zu ihnen zurück. „Wenn du jetzt in die
Stadt gehst und es Ärger gibt, dann bring ich dich in Krai vor den Rat,
Horgest, verlass dich drauf. Das Maß ist voll.“
„Was er braucht, ist ’ne Ehefrau, und die besorg ich
ihm in Krai“, erklärte John seinem Vater ruhig und wandte sich dann dem Sohn
zu. „Alles locker jetzt, Mann. Setz dich wieder hin. Du willst keinen Ärger vor
dem Rat. Und schon gar nicht mit diesen Krampern da.“
„Das Schwein treibt’s doch jede Nacht mit der Tirp!
Was will der noch mit den Weibern aus der Stadt?“ Horgest japste vor Wut. „Der
macht das nur, weil ich sie wollte! Ich mach ihn kalt – eines Tages mach ich
den kalt, er treibt’s zu weit! Ich mach –“
„Horgest!“, sagte John und trat seinen Zigarillo aus.
„Ist genug jetzt! Benimm dich wie ein Mann mit Ehre! Ich hab jetzt noch was zu
besprechen – also reiß dich zusammen und mach uns keine Schande, verstanden?“
Er drückte seinen Sohn auf seinen Platz am Feuer zurück und tauschte einen
Blick mit Stanwell. Der nickte ihm zu.
Der Chef hatte das alles in eisiger Ruhe mit
angesehen. „Ich will hier heut nichts mehr von euch hören, ist das klar? Wir
haben genug Ärger am Hals. John, Lowell, Brogue – ich will mit euch reden!
Deine Sache mit der Ulgullen, John – die kann noch ein paar Minuten warten!“
Damit wandte er sich ab und ging zu seinem Wagen. Die anderen folgten.
James, der immer noch über den seltsam bedrohlichen
Auftritt des Mr Jones nachdachte, horchte auf, als der Name Ulgullen fiel. Johns Sache? Hatte Pix nicht gesagt, Halfast wollte mit Odette über Orla sprechen? Wo
war der überhaupt?
Er sah zum Wagen der Wahrsagerin hinüber – da standen
sie in der Tür, Odette, Nella und Aruza, in aufgeregtem Gespräch. Zumindest die
letzte Szene mussten auch die Frauen mitbekommen haben. Zweifellos redeten sie
jetzt über Horgest, dessen Auftritt gerade eine tolle Empfehlung für seinen
Zwillingsbruder abgab. Auf einmal wusste James, dass er dieses Gespräch
zwischen Halfast und Odette mit anhören musste. Er musste einfach mehr über
Orla erfahren. Das quälende Gefühl, dass er sie kannte und
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