Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
all den geraden,
kräftigen Linien – Augenbrauen, Nase, Mund und Kinn, alles gerade und
schnörkellos. Wie seine Eckzähne beim Lächeln die Unterlippe berührten. Sie
hätte ihn gerne geküsst. Sie war neugierig auf seine Küsse.
Als Damis Krakatsoulis zu ihnen zurückkehrte, waren
sie beinahe fertig mit dem Nachtisch, der aus eisgekühltem Feigenmus mit
kleinen, schwarzen Beeren darin bestand, die Kate nicht kannte. Sie schmeckten
herb und hinterließen ein raues Gefühl im Mund. Der Wirt zog sich einen Stuhl
vom Nachbartisch heran und setzte sich zu ihnen. „Ihr erlaubt doch?“
„Wir bitten darum – was soll die Frage, wir sind unter
Freunden, oder?“
Anstelle einer Antwort streifte Damis Kate mit seinem
Blick, und sie sah, dass sie, wenn auch nicht direkt unwillkommen, so doch auf
jeden Fall entbehrlich war. Und dass es offenbar keine Floskel gab, um sich
nach ihr zu erkundigen.
„Das ist Kate Walker“, stellte Dorian sie beiläufig
vor und dann, in einem Ton, der Zweifel ebenso wenig wie weitere Fragen zuließ:
„Sie steckte in Rhondaport fest, jetzt reist sie ein Stück mit mir Richtung
Norden.“
„Also warst du in Rhondaport – das hatte ich gehofft.
Man hört ein paar seltsame Dinge von dort in den letzten Tagen! Ganz zu
schweigen von den Custodians, die hier überall herumgeschnüffelt haben! Ging
alles um die Kallisti , richtig?“
Dorian nickte.
„Hör zu, Dorian – kann ich offen reden?“
„Klar.“
„Wir haben das Haus voller Flüchtlinge aus dem Süden.
Verwandte meiner Frau … haben sich auf den Weg gemacht, als dieser Berg da
unten seine erste Ascheladung gespuckt hat … Du hast davon gehört, ja?“
„Vom Tosu Magaton, ja. Dass er schon spuckt, das
nicht.“
„Die Leute fliehen da unten im Süden in Massen! Jeder
hat gehört, wie es beim letzten Mal war, beim Éllambru! Jetzt, wo Michaelius
keine Schiffe aus dem Süden mehr nach Rhondaport reinlässt, kommen sie mit
allem, was schwimmt, über die Ostküste. Parrot lässt sie in Gassapondra noch
rein – gegen einen saftigen Aufpreis natürlich.“ Damis machte eine Pause und
sah seine Zuhörer an.
Kate bemerkte, dass sich Dorians Gesicht verschlossen
hatte und ein nervöser Ausdruck in seine Augen getreten war. Er wich sowohl
ihrem als auch dem Blick seines Freundes aus. Dieser Vulkan gehörte auch zu den
Themen, über die er sich ihr gegenüber ausschwieg. Dabei hatte er allerdings
die zerschnittenen Zeitungen nicht bedacht, die als Klopapier in seinem Wagen
lagen.
„Und jetzt hört man noch schlimmere Gerüchte“, fuhr
Damis fort und ließ den forschenden Blick nicht von seinen Gästen. „Viele hier
überlegen schon, ob sie nicht auch fliehen sollen. Hast du davon gehört? Von …
von der Bendewikke? Auf der Kallisti ?“
„Das ist Quatsch, absoluter Quatsch! Damis, wirklich!
Da ist ein paar Leuten die Fantasie durchgegangen!“
Aber Damis schüttelte den Kopf und sah an ihnen vorbei
mit sorgenvollem Blick auf den Fluss hinaus. „Nein, so klang es nicht.“
„Michaelius hatte die Hosen voll, deshalb die ganze
Aufregung über die Kallisti . Da hat’s irgendein Fieber gegeben auf dem
Schiff und im Süden, davon gibt es da jedes Jahr genug. Und nur weil der Tosu
rumort und so weiter, machen die Schwätzer gleich auch noch die Bendewikke daraus,
weil es so gut passt, verstehst du? Aber diese Krankheit – die hat es seit
Jahrhunderten nicht gegeben. Warum sollte sie jetzt gerade –“
„Der Tosu ist auch seit Jahrhunderten nicht
ausgebrochen! Und der Mond – was sagst du denn zum Mond? Und zu all den anderen
Sachen – dreihundertfünfzig Jahre, sagt die Liste!“
Dorian schnaubte. „ Kash – diese verfluchte Liste
wird die Leute noch in den Wahnsinn treiben! Das ist doch nur altes Geschwätz!“
„Und wenn nicht? Dorian, wir sind beide aus Orolo –
wir sind mit einer Menge Dinge aufgewachsen, die die Leute hier auch für
Geschwätz und Aberglauben halten würden! Aber wir wissen, dass es sie gibt! Und
wir wissen, was ein Vulkanausbruch aus einem Land machen kann! Wie er es
verwüstet … und was er hinterlässt!“
Jetzt sah er wieder unbehaglich in ihre Richtung. Aber
sie gab sich keine Mühe, auch nur so zu tun, als lausche sie nicht gespannt
diesem Gespräch.
„Das war eine Sache … Ewigkeiten her … und es
ist nicht gesagt, dass die – die Besonderheiten von Orolo vom Ausbruch des Éllambru
herrühren“, erwiderte er.
„Früher warst du anderer Ansicht!“
„Mich macht einfach diese
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