Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Kalendio-Truppe ran musste,
zu der jetzt, wie selbstverständlich, auch Carmino gehörte. Sie schafften eine
dreistufige Menschenpyramide und bekamen den ersten spontanen Beifall. James,
dem bei diesem Einmarsch ausgerechnet Jakobe auf dem Galiziak assistieren
musste, ertappte sich dabei, wie er mitjohlte. Und das, obwohl wir vor ein paar
Stunden noch fast von einer Horde Irrer abgeschlachtet worden wären, dachte er.
Zuhause hätten sie uns erst mal psychologische Betreuung verordnet.
    Sie fuhren weiter in die nächste Gasse hinein, die
sich am Ende auf den Marktplatz öffnete. Da blockierte ein Wagen die Hälfte des
Weges, um den die Truppe herumfahren musste. Bei der Enge der Gasse schon ein
kleines Kunststück. James gähnte und trat weiter in die Pedalen. Hoffentlich
kippte nichts um. Die Leute, die in den Fenstern hingen, schienen genau darauf
zu warten –
    Hinter ihm ertönte plötzlich ein Schrei, und dann
stürmte jemand an ihm vorbei auf das Hindernis zu. Da drehte wohl irgendwer
durch. Kein Wunder nach der Nacht. Wollte die Kiste anscheinend eigenhändig von
der Straße – verdammt, das war Pix, die da mal wieder ausflippte!
    „ Inglewing ! Das ist der
Scheißverdammtemistarsch-Inglewing!“, kreischte sie, und auf einmal war er
hellwach.
    „Verflucht! Ich glaub, da muss ich mal hinterher!
Schaffst du das hier allein, Jakobe?“
    „Was denkst du? Wie haben wir’s wohl gemacht, bevor du
hier erschienen bist, eh?“, erwiderte sie mit beißendem Sarkasmus. „Ruf das
Mädchen zur Ordnung, wenn du das kannst, heißt das – und dann sieh zu, dass du
–“
    Den Rest kriegte er nicht mehr mit, da war er schon
vom Galiziak runter und rannte. Inglewings Reparaturen , natürlich! Er
musste halb schlafen, dass er den Wagen nicht sofort erkannt hatte! Pix hatte
ihn schon erreicht und hämmerte wie eine Verrückte an die Tür.
    „Mach auf! Mach sofort auf, du miese Ratte! Du denkst
wohl, du könntest dich hier verstecken!“, brüllte sie und hämmerte immer weiter
gegen die grünen Latten des Wagens.
    „Hör auf! Hör auf zu schreien! Die Leute kriegen das
doch alle mit!“, zischte er, obwohl die Kapelle den meisten Lärm übertönte. Die
Frauen und Kinder aus dem Kalendio-Wagen sahen allerdings neugierig zu ihnen
hin.
    „Verdammte Scheiße, die Sau will kneifen, kapierst du
das denn nicht?“, heulte Pix. „Der hatte gar nicht vor, uns wiederzutreffen!
Schon gar nicht, uns zurückzubringen! Aber den mach ich fertig, der soll nicht
glauben, dass er so einfach –“
    „Pix! Jetzt sei doch still!! Verflucht noch mal, er
ist hier, genau da, wo wir auch sind! Denk doch mal nach! Der hat sich gedacht,
dass wir hierherfahren, weil wir doch nicht auf dem anderen Weg waren! Der ist
bestimmt hier, um auf uns zu warten! Weil ihm klar war, dass wir durch diese
Stadt kommen würden!“
    Auf einmal sackte die Erleichterung wie ein Stein in
seinen hohlen Magen. Er setzte sich einfach auf die Stufen zur Fahrertür und
sah den Stern von Montagu durch das Flimmern vor seinen Augen
vorbeiziehen.
    Oh Mann. Sie hatten ihn wiedergefunden. Inglewing war
hier! Und er hatte solchen Hunger, und jetzt würde er auch noch das Frühstück
im Lager verpassen!
    „ Inglewing !“ Pix klang wie ein heulender Wolf,
und sie fing wieder mit dem Hämmern an. „Komm endlich raus!“
    „Lass es! Der ist nicht im Wagen, hast du das noch
nicht kapiert?!“
    „Der tut doch nur so! Der versteckt sich doch!“
    „Pix! Er ist hier im Ort, und wir auch! Das ist kein
Zufall, der hat uns gesucht! Jetzt hab doch mal fünf Minuten Geduld!“
    Endlich waren die Wagen der Montagus alle vorbei. Nur
die Musik hörte man noch, dumpfe Trommelschläge, hin und wieder das Dröhnen der
Tuba. Aus den Fenstern ringsum sahen nun, da es nichts anderes mehr zu sehen
gab, ein paar neugierige Gesichter auf sie herunter.
    „Jetzt kriegen wir nicht mit, wo die das Lager
aufschlagen –“
    „Ist doch scheißegal! Wir gehen doch sowieso nicht
zurück zu denen!“
    Dieser Gedanke war ihm noch gar nicht gekommen – dass
ihre Zeit mit den Montagus jetzt abgelaufen war.
    Hinter ihnen schlug eine Tür, und dann stand er da,
der Mann, der das Fluidum erforschte, wenn er nicht gerade irgendwas erfand:
Dorian Inglewing, angezogen, aber ohne Schuhe, blinzelte er ins helle
Sonnenlicht und kam auf sie zu.
    „Oh Mann! Du bist also wirklich da!“
    „Ich dachte mir, dass ihr hier durchkommen müsst“,
erwiderte er und lächelte sie an. Er hatte sein Hemd verknöpft und