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Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken

Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken

Titel: Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 4 - Den Feind im Nacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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ergriff er die Schnur, mit der sich die Oberseite des Heißluftballons in der Mitte des Schiffs öffnen ließ, um den zusätzlichen Auftrieb der Maschinenabgase abzulassen.
    »Merki-Luftdampfer«, schrie Feyodor, klopfte Jack auf die Schulter und deutete nach Südwesten. Jack schaute auf und erblickte fünf, die sich sechs bis sieben Meilen entfernt im Tiefflug über die Steppe bewegten. Durch den Rückenwind hinter ihnen näherten sie sich schnell.
    »Wir müssen vor ihnen runter!«, brüllte er und drückte die Nase des Schiffs abwärts in Richtung der Front der Kolonne.
    Dennis Showalter stand in den Steigbügeln auf. Seine Augen brannten von den Rauchschwaden, die rings um ihn wirbelten. Er wusste, dass der Sonnenaufgang bevorstehen musste, doch es war unmöglich ihn zu erkennen. Meilenweit wanderte die Wand aus Rauch und Feuer im Süden unerbittlich gen Nordosten.
    Das Feuer war das Ergebnis einer ganzen Nacht Arbeit – und ein spektakulärer Anblick. Petracci hatte die Nachricht erst gestern Vormittag überbracht, dass Showalter sein halbes Regiment durch den Wald führen sollte, um vor die Merki zu gelangen, dann hinüber zum Ostufer des Kennebec, um das trockene Gras der Steppe in Brand zu setzen. Das andere Bataillon sollte zurück nach Westen und eine zweite Feuersbrunst weit hinten entfachen. Es hatte eines anstrengenden Tages auf einem Waldpfad bedurft, um vor die Merki und über den Kennebec zu gelangen. Bis kurz vor Mitternacht waren sie Richtung Süden geritten, dann hatten sie das erste Feuer gelegt, nach Norden kehrtgemacht und unterwegs die Steppe in ein Inferno verwandelt. Eine Schwadron war dafür abgestellt worden, durch die Nacht weiter nach Süden zur Kennebec-Station zu reiten, während er nach Norden umgekehrt war. Das Bataillon ritt in gleichmäßigem Tempo zurück zu seiner Zuflucht im Wald und entzündete unterwegs das Gras.
    Kurz zügelte er das Pferd und hob seine Feldflasche an. Das schlammige Wasser des Kennebec war kühl, erfrischend und wusch ihm den trockenen Rauch aus der Kehle. Zu seiner Rechten befand sich die Feuersbrunst eine halbe Meile entfernt. Die Steppe vor ihm präsentierte sich noch unversehrt, doch längstens eine Stunde nach Sonnenaufgang würde die Feuerwand bis zum Wald reichen.
    Es wird sich bis zum Sangros ausbreiten, und die Gäule dieser Mistkerle werden verhungern, dachte er grinsend. Südlich der Bahnlinie legte die Infanterie höchstwahrscheinlich weitere Brände. Er besann sich, irgendwo gelesen zu haben, dass dies ein alter Trick der Indianer gewesen war. Tja, jedenfalls war es ein verflucht guter Trick.
    Das Dasein als Kavallerist zählt zu den größeren Freuden des Lebens, dachte er lächelnd und nickte gut gelaunt den erschöpften Soldaten zu, die mit geschwärzten Gesichtern und rot geränderten Augen an ihm vorbeiritten. Sie waren müde von den fast vierundzwanzig Stunden, die sie ununterbrochen im Sattel verbracht hatten, aber glücklich über das von ihnen entfachte Flammenmeer.
    Er hörte einen Aufschrei, drehte sich um und schaute zum hinteren Ende der Kolonne. Die Männer deuteten geradewegs nach oben, einige immer noch mit jenem Anflug abergläubischer Furcht, die anderen winkten und lachten. Mehrere der Pferde, die den Luftdampfer mit den auf den Bug aufgemalten Augen wie ein urzeitliches Flugtier herabsinken sahen, gerieten in Panik und scheuten. Ein Soldat wurde abgeworfen, und der Gaul rannte davon.
    »Standartenträger!«
    Dennis wendete, galoppierte im rechten Winkel zur Kolonne davon und hoffte, dass der Pilot ihn sehen und ihm folgen würde. Das Schiff drehte sich und schwenkte in weitem, schwerfälligen Bogen.
    Dennis ritt eine niedrige Anhöhe mehrere hundert Meter westlich hinauf, zügelte das Pferd, stieg ab und warf die Zügel dem Standartenträger zu, der sich zurückzog.
    Das Schiff kam im Tiefflug herbei und verflachte die Flugbahn, bis die Korbgeflechtkabine beinah über den Boden schrammte. Hinter dem Schiff stieg eine Aschewolke auf. Vereinzelte Funken wurden zu neuem Leben entfacht und wirbelten im Sog des Propellers, dessen Dröhnen zu einem leisen, zischenden Brummen verebbte.
    Die Nase des Schiffes strich unmittelbar über Dennis* Kopf hinweg. Ehrfürchtig schaute er zu dem riesigen Luftgefährt auf. So nah war er einem Luftdampfer noch nie gewesen, und er verspürte einen Anflug von Neid. Die Arbeit als Kavallerist war großartig, aber es musste sich gottähnlich anfühlen, einen Luftdampfer zu steuern. Gleichzeitig

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