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Fortinbras ist entwischt

Fortinbras ist entwischt

Titel: Fortinbras ist entwischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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natürlich, das verstehe ich nur zu gut. Ich will Sie ja auch gar nicht mit meiner wöchentlichen Bestellung belästigen. Ich brauche nur Hundekuchen für Feydeau, das ist alles.»
    «Aber ich komme nicht ran, Mrs. Darling. Das Wasser im Laden steht fast bis zur Decke.»
    «O wie lästig für Sie. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß Feydeau sein Doggy-Woggy braucht, Mr. Briggs.»
    «Also gut, ich werde sehen, was sich machen läßt», sagte der Kolonialwarenhändler zweifelnd. «Aber ehrlich gesagt...» Er stellte Schrubber und Eimer weg und watete in den Laden. Fünf Minuten später erschien er wieder, sechs Dosen Doggy-Woggy balancierend. «Ah, vielen Dank, Briggs», sagte Mrs. Darling. «Schreiben Sie es bitte auf die Rechnung.» Sie gab Jocelyn ein Zeichen, weiterzurudern. Ein Jammer, daß sie nicht Pfeife raucht, dachte er verbittert. Sie hätte sogar Tabak bekommen.
     
    Gaylord sprang an Land und rannte zum Haus hinauf. «Mummi», schrie er, «du bist gar nicht meine Mummi.»
    «Da irrst du aber, Liebling, zufällig kann ich mich noch genau daran erinnern...»
    «Nein, Mummi! Meine richtige Mummi und mein richtiger Paps sind von den Rothäuten umgebracht worden, und dann haben die Rothäute das Blockhaus angezündet und jemand, ich glaube, es war Buffalo Bill, aber ich bin nicht ganz sicher, hat sich in den Rauch und die Flammen gestürzt und mich gerettet und...»
    «Wie ungemein aufregend», sagte Mummi.
    Gaylord schien, als klänge es reichlich skeptisch. «Aber es ist doch mwahr, Mummi», sagte er etwas von oben herab. «Ich habe genau gehört, wie Paps es Mrs. Darling erzählt hat.»
    May hatte die ganze Zeit schwer gearbeitet, um ihr Haus in einen Darling-würdigen Zustand zu versetzen. Aber jetzt legte sie ihr Staubtuch beiseite und sagte: «Was hast du gehört?»
    In diesem Augenblick erschien Jocelyn. Ihm war zumute, als hätte man ihm die Schultern ausgerenkt und als seien seine Arme um etliche Zentimeter länger geworden. «Ich sehe sicher wie ein Affe aus?» fragte er müde.
    «Nicht im geringsten», sagte May, «warum auch?»
    «Ach, nur so», sagte er. «So komme ich mir jedenfalls vor.» Er wankte zu seinem Stuhl. Aber May überfiel ihn mit der Frage: «Was hast du Mrs. Darling denn da für Geschichten über Gay lord und die Indianer erzählt?»
    Er blickte sie verlegen an. «Sie hat gesagt, sei ein amerikanischer Name, und ich wollte sie daraufhin ein bißchen hochnehmen.»
    «Ich finde das recht ungezogen», sagte May.
    «Da bin ich anderer Meinung», sagte er eisig. «Ironisch, ja; vielleicht auch sarkastisch; aber nicht ungezogen!»
    «Du vergißt gelegentlich, daß nicht jeder deine Art von Humor hat.»
    «Langsam komme ich auch dahinter», sagte er, «aber bisher habe ich immer noch angenommen, bei dir wäre es anders.»
    Gaylord hörte bestürzt zu. Der frostige Tonfall, in dem seine Eltern miteinander sprachen, war ihm ganz ungewohnt, ebenso wie die kühlen, fast feindlichen Blicke, die sie tauschten. Aber auch abgesehen davon, gelangte er langsam zu einer äußerst enttäuschenden Erkenntnis. «Dann ist es also gar nicht wahr?» fragte er tief traurig.
    «Natürlich nicht», schnappte Mummi.
    «Aber warum hat Paps das dann Mrs. Darling erzählt?»
    «Weil er albern war und patzig.»
    «Wie kannst du es wagen, so etwas zu sagen», zischte Jocelyn.
    «Weil es zufällig wahr ist.»
    «Es ist nicht wahr», sagte Jocelyn. «Und ich verbitte mir, daß du mich vor meinem eigenen Sohn als albern und patzig hinstellst.»
    Mays Augen blitzten vor Zorn, so wie er es selten bei ihr gesehen hat. «Dann benimm dich gefälligst nicht patzig und albern», sagte sie.
    «Vielen Dank für die Blumen», sagte Jocelyn und ging aus dem Zimmer.
    «Paps ist wütend», sagte Gaylord.
    «Er ist nicht der einzige», sagte Mummi und fing an, den Tisch mit einer Heftigkeit zu polieren, als habe er ihr etwas getan.
    Gaylord trollte sich. Auch dieser Tag, der so hoffnungsvoll begonnen hatte, würde in Langeweile enden. Nun würde er seinem Freund Henry Bartlett die Geschichte seiner abenteuerlichen Rettung aus dem brennenden Blockhaus, die er sich schon in allen Einzelheiten zurechtgelegt hatte, nicht mehr erzählen können. Aber ein anderer Gedanke bedrückte ihn noch mehr. Er hätte es nie für möglich gehalten, daß Mummi und Paps ernstlich böse miteinander sein könnten - so wie eben. Er mochte das nicht. Es war, als ginge an einem heißen Sommertag plötzlich die Sonne unter und ein

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