Fortinbras ist entwischt
wütend. «Das ist keine Arbeit für eine Frau. Und schließlich ist ja Ihr Zuhause auch überschwemmt. Sie müssen sich ja auch um Ihre eigenen Sachen kümmern.»
Sie schien ganz entsetzt: «Aber Mrs. Darling hat so schöne Dinge, so wertvolle Dinge.»
«Ihre sind auch wertvoll, zumindest für Sie.»
«Kommen Sie, Mrs. Twegg!» rief Mrs. Darling.
Hilda Twegg lächelte. «Es würde mir das Herz brechen, wenn all die schönen Dinge hier verdorben würden, Mr. Pentecost. Außerdem hat Mrs. Darling mich darum gebeten.»
«Mrs. Twegg», sagte er. «Sie sind eine Heilige.»
«Oh, das bin ich nicht, Mr. Pentecost.» Als er ihr beim Aussteigen half, hatte er plötzlich den Eindruck, daß sie seine Finger ein wenig fester drückte. Sie kicherte. «Ich bin ganz schön munter, wenn ich erst mal in Schwung komme», sagte sie.
Das will ich gerne glauben, dachte er. Er betrachtete sie zum erstenmal mit einigem Interesse, und zum erstenmal stellte er auch fest, daß sie etwas jünger als er sein mußte, kräftig gebaut war und runde rosige Wangen hatte. Sie erinnerte ihn, er wußte nicht warum, an einen reifen Apfel. Sie sah so aus, als würde sie viel lachen, sich leicht Sorgen machen, sie aber auch ebenso leicht wieder vergessen. Sie ist eine ausgesprochen großzügige, warmherzige, gutmütige Person, dachte er. Nicht, daß sie ihn interessiert hätte. Das einzige, was ihn beschäftigte, war, möglichst bald nach Hause zu kommen, ein heißes Bad zu nehmen und sich -wenn möglich - mit May zu versöhnen. Selbst die schöne Helena hätte ihn jetzt nicht zu mehr als einem Grußwort reizen können.
«Nun, ruhen Sie sich mal schön aus, Mr. Pentecost», sagte Mrs. Twegg. «Ich mach so schnell wie möglich.»
«Ich helfe Ihnen», sagte er.
Jetzt sah sie wirklich erschrocken aus. «Aber Mr. Pentecost, das ist doch keine Arbeit für so jemand wie Sie.»
«Jemand wie ich, was meinen Sie damit?»
Sie sah verlegen aus. «Ich meine nur, Sie sind es doch nicht gerade gewohnt...»
«Hart zu arbeiten?» sagte er lächelnd. Sie gingen ins Haus.
Mrs. Darling kam die Treppe herunter. Sie hatte sich umgezogen und war jetzt in Hosen und Pullover. «Ausgezeichnet», sagte sie, «wir fangen mit dem Teppich im Wohnzimmer an. Wenn Sie vielleicht hier anpacken, Mr. Pentecost.»
Jocelyn ergriff einen Zipfel des Teppichs und versuchte ihn hochzuheben. Vergeblich! Dafür hatte er jedoch das Gefühl, sein Rückgrat sei ihm in der Mitte durchgebrochen. «Versuchen wir es noch mal, Mr. Pentecost», sagte Mrs. Darling. «Sie haben sich nicht genügend angestrengt.»
Jocelyn sagte: «Das ist aber wirklich seltsam. Das Gewicht eines mit Wasser vollgesogenen Teppichs entspricht offenbar keineswegs dem Gewicht des Wassers plus dem des Teppichs, nein, man muß beides miteinander multiplizieren.»
«Kaum zu glauben!» sagte Mrs. Twegg beeindruckt. Aber Mrs. Darling erklärte: «Vielleicht, Mr. Pentecost, überlassen Sie diese Arbeit doch lieber uns. Gehen Sie doch schon zum Boot hinunter und warten Sie dort auf uns.»
«Das kommt gar nicht in Frage», sagte er.
«Offen gesagt, sind Sie uns nur im Weg», sagte Mrs. Darling.
«Ach, lieber Mr. Pentecost, gehen Sie ruhig und warten Sie im Boot», sagte Mrs. Twegg freundlich. «Ich habe Ihnen doch gleich gesagt, das ist nicht die richtige Arbeit für Sie.»
Er war überstimmt. Eine Frau, dachte er, kann innerhalb von zehn Sekunden aus einem Mann eine lächerliche Figur machen. Aber wenn es nun sogar zwei waren... «Rufen Sie mich, wenn Sie mich brauchen», sagte er, als er zur Tür ging. Aus dem Schweigen der beiden ging ziemlich deutlich hervor, daß sie letzteres für äußerst unwahrscheinlich hielten. Entmutigt öffnete er die Haustür. Sein Selbstbewußtsein hatte den Tiefpunkt erreicht. May fand ihn albern und patzig; seine Romane mochten zwar verkauft und sogar von den Kritikern anerkannt werden, aber ihr Aufbau ließ offensichtlich zu wünschen übrig. Nicht einmal einen nassen Teppich brachte er von der Stelle. Nein, das einzige, wozu er sich halbwegs zu eignen schien, war, eine Art Wasser-Taxi-Dienst zu betreiben. Er wäre besser an der Wolga oder in Venedig geboren worden.
Aber dort gehörte Singen zu diesem Beruf, fiel ihm ein. Also gut, er würde geduldig im Boot warten, bis seine Passagiere fertig waren. Dann würde er sie nach Hause rudern und sich endlich von seinem Tagewerk ausruhen.
Im Boot warten. Ja, das Boot. Wo war denn das Boot? «O Gott!» sagte Jocelyn. Das Boot trieb
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