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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Zeltdorf, das eben aus dem Nichts zu wachsen begann mit seiner Kneipe und seinem Laden, wo die dringendsten Bedürfnisse befriedigt werden konnten. Ihre Nachbarn waren drei Oregonesen, die gleichermaßen widerstandsfähig beim Arbeiten wie beim Alkoholtrinken waren und keine Zeit damit verloren, die Neuankömmlinge zu begrüßen, sondern sie sofort wissen ließen, daß sie den greasers, den Ölköpfen, das Recht, amerikanischen Boden auszubeuten, nicht zuerkannten. Einer der Chilenen entgegnete ihnen, daß auch sie hier nichts zu suchen hätten, das Land gehöre den Indianern, und daraus hätte sich eine handfeste Keilerei entwickelt, hätten die übrigen sich nicht eingemischt und die Gemüter beruhigt.
    Ringsum herrschte ein ständiger Lärm von Schaufeln, Hacken, rauschendem Wasser, herunterrollenden Fels– steinen und Flüchen, aber der Himmel war klar, und die Luft roch nach Lorbeerblättern. Die Chilenen ließen sich todmüde auf die Erde fallen, während der falsche Elias Andieta ein kleines Lagerfeuer machte, um Kaffee zu kochen, und seinem Pferd Wasser gab. Aus Mitleid gab sie auch den armen Maultieren etwas und schnallte ihre Lasten ab, damit sie sich ausruhen konnten. Die Müdigkeit umnebelte ihren Blick, und die Knie zitterten ihr so sehr, daß sie kaum stehen konnte, und ihr wurde klar, daß Tao Chi’en recht gehabt hatte, als er sie warnte, sie müsse erst zu Kräften kommen, ehe sie sich in dieses Abenteuer stürzte. Sie dachte an die Hütte aus Brettern und Segeltuch, wo er zu dieser Stunde meditieren oder mit einem Pinsel und chinesischer Tusche in seiner schönen Schrift etwas aufzeichnen würde. Sie lächelte und wunderte sich zur gleichen Zeit, daß ihr Heimweh nicht das stille Nähstübchen von Miss Rose oder die warme Küche von Mama Fresia heraufbeschworen hatte. Wie sehr ich mich verändert habe, seufzte sie und betrachtete ihre Hände, die von der unbarmherzigen Sonne verbrannt und voller Blasen waren.
    Am nächsten Tag schickten ihre Kameraden sie zu dem Laden im Dorf, wo sie das zum Überleben Nötigste kaufen sollte und eine jener Schwingtröge zum Goldwaschen, denn sie sahen, um wieviel wirksamer die waren als ihre bescheidenen Bottiche. Die einzige Straße des Dorfes, falls man diese Ansammlung von Hütten so nennen konnte, war ein mit Abfällen übersäter Morast.
    Der Laden, ein aus Baumstämmen und Brettern zusam– mengezimmerter Schuppen, war der Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in dieser Gemeinschaft einsa– mer Männer. Hier konnte man alles mögliche kaufen, Alkohol wurde unbegrenzt ausgeschenkt, und es gab auch Essen; abends, wenn die Miners zum Trinken zusammen– kamen, belebte ein Fiedler die Umgebung mit seiner Musik, und dann hängten sich einige der Männer ein Tuch in den Gürtel zum Zeichen, daß sie die Rolle der Damen übernahmen, während die anderen sich abwechselten, um sie zum Tanz aufzufordern. Viele Meilen in der Runde gab es nicht eine einzige Frau, aber von Zeit zu Zeit kam ein von Maultieren gezogener Wagen, der mit Prostituierten beladen war. Sie erwarteten sie sehnsüchtig und bezahlten sie großzügig. Der Inhaber des Ladens war ein geschwät– ziger, gutmütiger Mormone, der in Utah drei Frauen hatte und jedem Kredit anbot, der sich zu seinem Glauben bekehren würde. Er war Abstinenzler, und wenn er Alkohol verkaufte, predigte er über das Laster der Trunksucht. Er habe einen Joaquín kennengelernt und der Name habe ihm auch wie Andieta geklungen, erzählte er Eliza, als sie ihn befragte, aber das sei schon eine ganze Zeit her, daß der hier durchgekommen sei, und er könne nicht sagen, in welche Richtung er gegangen sei. Er erinnere sich an ihn, weil er in eine Schlägerei zwischen Nordamerikanern und Spaniern wegen einer Schürfstelle verwickelt gewesen sei. Chilenen? Vielleicht, er sei nur sicher, daß er Spanisch gesprochen habe, könnte auch Mexikaner gewesen sein, für ihn sähen alle greasers gleich aus.
    »Und was ist schließlich passiert?«
    »Die Amerikaner behielten das Stück Boden, und die anderen mußten sich scheren. Was sollte sonst passiert sein? Joaquín und ein anderer Mann blieben zwei oder drei Tage hier im Laden. Ich habe ihnen ein paar Decken da in die Ecke gelegt, damit sie sich ausruhen konnten, bis sie sich ein bißchen erholt hatten, denn sie hatten eine Menge Prügel abgekriegt. Sie waren keine schlechten Leute. Ich erinnere mich gut an deinen Bruder, er war ein Bursche mit schwarzem Haar und großen Augen,

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