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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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blindlings mit Kopfstößen zu attackieren, wobei er ihn ein ums andere Mal verwundete, aber er kriegte ihn nicht aus der Grube. Plötzlich aber erhob sich der Bär zu voller Größe auf die Hinterbeine, packte ihn in einer furchtbaren Umarmung um den Hals und biß ihm in den Nacken. Einige Minuten tanzten sie so zusammengeklammert durch den Kreis, den die Kette zuließ, während der Sand mit Blut getränkt wurde und von den Bänken das Johlen der Männer dröhnte. Endlich konnte der Stier sich losmachen, entfernte sich schwankend ein paar kraftlose Schritte, sein glänzendes obsidianschwarzes Fell rot gefärbt, bis ihm endlich die Beine einknickten und er zu Boden stürzte. Da feierte ein ungeheurer Schrei den Sieg des Bären. Zwei Reiter kamen auf den Kampfplatz, schossen dem Besiegten eine Kugel zwischen die Augen, banden ihm ein Lasso um die Hinterbeine und schleppten ihn hinter ihren Pferden hinaus. Eliza bahnte sich angeekelt einen Weg zum Ausgang. Sie hatte ihre letzten vierzig Dollar verloren.
    In den Sommermonaten und im Herbst 1849 war Eliza die Mutterader abgeritten, von Süden nach Norden, von Mariposa bis Downieville und wieder zurück auf der sich immer mehr verwischenden Spur von Joaquín Andieta, der sie über steile Anhöhen, zu den Betten der Flüsse und bis zu den Flanken der Sierra Nevada folgte.
    Wenn sie nach ihm fragte, hatten sich zu Anfang nur wenige Leute an einen jungen Mann dieses Namens oder dieses Aussehens erinnert, aber gegen Ende des Jahres nahm seine Gestalt wirkliche Konturen an, und das gab ihr die Kraft, weiterzumachen. Sie hatte die Nachricht in Umlauf gebracht, daß sein Bruder Elias ihn suche, und mehrmals während dieser Monate gab ihr das Echo ihre eigene Stimme zurück. Verschiedentlich wurde sie, wenn sie nach Joaquín fragte, als sein Bruder erkannt, noch ehe sie sich vorstellen konnte. In dieser Wildnis kam die Post aus San Francisco meist mit monatelanger Verspätung an, und auch die Zeitungen brauchten Wochen, aber die von Mund zu Mund weitergegebene Nachricht fand über– raschend schnell ihr Ziel. Wieso hatte Joaquín nicht gehört, daß sie ihn suchte? Da er keine Brüder hatte, mußte er sich doch fragen, wer dieser Elias sein mochte, und wenn er nur ein Fetzchen Intuition hatte, mußte er diesen Namen mit dem ihren verbinden, dachte sie; aber selbst wenn er nicht sie dahinter vermutete, dürfte er doch zumindest neugierig sein, wer sich da für seinen Verwandten ausgab. In den Nächten schlief sie kaum, schlug sich mit Vermutungen herum und mit dem hart– näckigen Verdacht, das Schweigen ihres Liebsten könne nur bedeuten, daß er tot war oder nicht gefunden werden wollte. Und wenn er tatsächlich vor ihr flüchtete, wie Tao Chi’en angedeutet hatte? Am Tage ritt sie und legte sich dann irgendwo auf dem nackten Boden unter ihrer Wolldecke mit den Stiefeln als Kopfkissen zum Schlafen. Schmutz und Schweiß waren ihr schon lange nicht mehr lästig, sie aß, wann sie konnte, ihre einzigen Vorsichts– maßregeln bestanden darin, das Trinkwasser abzukochen und den Gringos nicht in die Augen zu sehen.
    Inzwischen gab es schon über hunderttausend Glücks– ritter, und es kamen immer noch mehr; sie breiteten sich längs der Mutterader aus, stellten die Welt auf den Kopf, bewegten Berge, leiteten Flüsse ab, zerstörten Wälder, pulverisierten Felsen, verlagerten Tonnen von Sand und gruben riesige Löcher. An den Punkten, wo es Gold gab, wurde die idyllische Gegend, die seit ewigen Zeiten unbe– rührt geblieben war, in eine Mondlandschaft verwandelt. Eliza führte ein anstrengendes Leben, aber sie hatte ihre Kräfte zurückgewonnen und die Angst verloren. Sie bekam auch wieder die Regel, als es ihr am wenigsten paßte, denn es war schwierig, es in der Gesellschaft von Männern zu verbergen, aber sie war doch dankbar dafür, weil es zeigte, daß ihr Körper endlich wieder gesund war.
    »Deine Akupunkturnadeln haben sich gut bewährt, Tao. Ich hoffe, in Zukunft Kinder zu bekommen«, schrieb sie ihrem Freund und war sicher, daß er ohne weitere Erklärungen verstehen würde. Von ihren Waffen trennte sie sich nie, auch wenn sie nicht recht damit umgehen konnte, und hoffte, sie würde nie in die Verlegenheit kommen, sie benutzen zu müssen.
    Nur einmal schoß sie in die Luft, um ein paar Indianer– jungen zu verjagen, die allzu nahe herankamen und bedrohlich auf sie wirkten, aber wenn sie sich ernstlich mit ihnen angelegt hätte, wäre sie ziemlich böse zugerichtet

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