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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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ziemlich hübsch.«
    »Dann war er’s«, sagte Eliza, und ihr Herz lief Galopp.

DRITTER TEIL
 
1850-1853

Eldorado
    Vier Mann brachten den Bären herein, zwei an jeder Seite, zogen sie ihn an dicken Seilen vor eine aufgeheizte Menge. Sie zerrten ihn in die Mitte der Arena und fesselten ihn an einem Bein mit einer zwanzig Fuß langen Kette an einen Pfosten, und dann brauchten sie fünfzehn Minuten, um ihn vorsichtig von den Seilen loszubinden, während er mit einer höllischen Wut um sich schlug und um sich biß. Er wog über vierhundert Kilo, eins seiner Augen war blind, sein Fell war dunkelbraun und wies auf dem Rücken mehrere kahle Stellen auf und Narben aus ehemaligen Kämpfen, aber er war noch jung. Schaumiger Geifer bedeckte seine Schnauze mit den riesigen gelben Zähnen. Auf den Hinterbeinen stehend, hieb er mit den gewaltigen Pranken sinnlos in die Luft, musterte die Menge mit seinem guten Auge und riß verzweifelt an der Kette.
    Es war ein elendes kleines Nest, in wenigen Monaten aus dem Nichts aufgetaucht, von Rast machenden Goldsuchern hastig zusammengehauen und ohne den Ehrgeiz, zu dauern. Da es an einer Stierkampfarena fehlte, wie es sie in allen mexikanischen Dörfern Kaliforniens gab, benutzten sie einen kreisrunden freien Platz, auf dem sonst Pferde zugeritten und Maultiere eingehegt wurden, verstärkten ihn mit Brettern und versahen ihn mit hölzernen Sitzreihen für das Publikum. An diesem Novembernachmittag drohte der stahlgraue Himmel mit Regen, aber es war nicht kalt, und die Erde war trocken. Hinter der Umzäunung antworteten die Hunderte von Zuschauern auf jedes Brüllen des Tieres mit höhnischem Gelächter. Die einzigen Frauen, ein halbes Dutzend junge Mexikanerinnen in bestickten weißen Kleidern, die ihre ewigen Zigaretten rauchten, stachen ebenso ins Auge wie der Bär, und auch sie wurden von den Männern mit Olé- Rufen gegrüßt, während die Schnapsflaschen und die Beutel mit Gold für die Wetten von Hand zu Hand gingen. Die Berufsspieler in ihren städtischen Anzügen, den modischen Westen, breiten Krawatten und Zylinderhüten hoben sich deutlich aus der bäurisch derben, struppigen Masse hervor. Drei Musiker spielten auf ihren Fiedeln alle Lieblingslieder, und als sie eben mit Schwung »Oh Susanna«, die Goldgräberhymne, anstimmten, sprangen zwei bärtige Komiker, als Frauen verkleidet, in das Rund und vollführten unter Obszönitäten und Beifallklatschen einen Wirbel von Überschlägen, wobei sie unter den Röcken behaarte Beine und Spitzenhöschen zeigten. Das Publikum bedachte sie mit einem großzügigen Münzen– regen, tosendem Applaus und wieherndem Gelächter. Als sie abtraten, verkündete ein Hornsignal und ein Trommel– wirbel den Beginn des Stierkampfes, gefolgt vom Auf– schrei der elektrisierten Menge.
    In der Masse verloren, folgte Eliza dem Spektakel mit Faszination und Grausen. Sie hatte mit dem bißchen Geld, das ihr noch verblieben war, eine Wette abgeschlossen in der Hoffnung, es in den nächsten Minuten vervielfacht zu sehen. Beim dritten Hornsignal wurde ein Gatter hochge– zogen, und ein junger Stier, schwarz und glänzend, betrat schnaubend die Arena. Einen Augenblick herrschte staunende Stille auf den Bänken, und dann empfing ein aus voller Kehle gebrülltes »Olé« das Tier. Der Stier blieb verdutzt stehen, den von großen, ungefeilten Hörnern gekrönten Kopf erhoben, die wachsamen Augen maßen die Entfernungen, die Vorderhufe scharrten im Sand, bis ein Brummen des Bären ihn aufmerksam machte. Sein Gegner hatte ihn gesehen und grub in Windeseile wenige Schritte von dem Pfahl entfernt eine Grube, in die er sich legte und eng an den Boden drückte. Auf das Geschrei des Publikums hin beugte der Stier den Kopf, spannte die Muskeln und rannte los, eine Sandwolke aufwirbelnd, blind vor Wut, schnaufend, Dampf aus der Nase ausstoßend und Schaum vorm Maul. Der Bär erwartete ihn. Der erste Hornstoß traf ihn im Rücken und riß eine blutige Furche in sein dickes Fell, vermochte ihn jedoch nicht einen Zoll zu bewegen. Der Stier trabte verwirrt einmal um das Rund, während die Menge ihn mit Beleidigungen reizte, dann griff er wieder an und versuchte, den Bären mit den Hörnern hochzuheben, aber der blieb in seine Grube gekauert und nahm die Verwundung ungerührt hin, bis er seine Gelegenheit gekommen sah und ihm mit einem sicheren Prankenhieb die Nase zertrümmerte.
    Stark blutend, vor Schmerzen betäubt und außer Fassung begann der Stier seinen Gegner

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