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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Decken umhängen, und Eliza griff sich schnell ihre Blechschachtel, in der sie die kostbaren Briefe aufbewahrte. Flammen und Rauch hüllten den Schuppen ein, und in weniger als zehn Minuten brannte er wie eine Fackel, während die nur halb angezogenen Frauen und ihre benommenen Kunden in hoffnungsloser Ohnmacht dem Schauspiel zuschauten.
    Da warf Eliza einen prüfenden Blick über die Umstehenden und sah plötzlich entsetzt, daß Tom No Tribe fehlte. Das Kind hatte schlafend in dem Bett gelegen, das sie beide teilten. Sie riß Esther den Umhang von den Schultern, ohne recht zu wissen, was sie tat, bedeckte ihren Kopf, rannte los und durchbrach die dünne Trennwand aus brennendem Holz, gefolgt von Babalú, der sie schreiend zurückzuhalten suchte und nicht begriff, weshalb sie sich ins Feuer stürzte. Sie fand den Jungen, der mit erschrockenen Augen, aber völlig gelassen in dem dichten Rauch stand. Sie warf ihm die Decke über und versuchte, ihn hochzuheben, aber er war ihr zu schwer, zudem krümmte sie sich unter einem Hustenanfall. Sie fiel auf die Knie und stieß Tom von sich, damit er hinauslief, aber er rührte sich nicht von ihrer Seite, und beide wären zu Asche verbrannt, wäre nicht Babalú in diesem Augenblick aufgetaucht, der sich unter jeden Arm einen klemmte, als wären sie Pakete, und mit ihnen nach draußen rannte, wo ihn die Wartenden mit Beifall empfingen.
    »Verdammter Bengel! Was hattest du da drin zu suchen!« schalt Joe den kleinen Indianer, während sie ihn umarmte und küßte und zwischendurch ohrfeigte, damit er tüchtig atmete.
    Da zum Glück der Schuppen abseits stand, brannte wenigstens nicht das halbe Dorf ab, worauf der Sheriff später hinwies, der Erfahrung mit Bränden hatte, weil sie hierorts nur allzu häufig vorkamen. Auf den Feuerschein hin kam ein Dutzend Freiwillige herbeigeeilt, vom Schmied angeführt, um die Flammen zu bekämpfen, aber es war bereits zu spät, und sie konnten nur noch Elizas Pferd retten, an das in der Aufregung der ersten Minuten keiner gedacht hatte und das in seinem Verschlag wahnsinnig vor Angst wild um sich trat. Joe Bonecrusher verlor in dieser Nacht alles, was sie auf der Welt besaß, und zum erstenmal sahen sie sie schwach werden. Den Jungen im Arm, erlebte sie die Zerstörung mit und konnte die Tränen nicht zurückhalten, und als nur noch rauchende Trümmer übrig waren, versteckte sie ihr Gesicht an Babalús breiter Brust, dem Brauen und Wimpern versengt waren. Angesichts der Schwäche dieser Übermutter, die sie für unverwundbar gehalten hatten, brachen die vier Frauen im Chor in Schluchzen aus, eine traurige Schar in Unterröcken, mit zerzausten Haaren und bebenden Schul– tern. Aber das Netz des Zusammengehörigkeitsgefühls wurde wirksam, noch ehe die Flammen erloschen, und in weniger als einer Stunde hatten alle in verschiedenen Häusern des Dorfes Unterkunft gefunden, und einer der Goldgräber, den Joe während der Ruhrepidemie gepflegt und gerettet hatte, veranstaltete eine Sammlung. Der Chilenito, Babalú und der Junge, die drei Männer der Truppe, verbrachten die Nacht in der Schmiede. James Morton legte zwei Matratzen mit dicken Zudecken neben die immer heiße Esse und setzte seinen Gästen am Morgen ein großartiges Frühstück vor, das die Frau des Pastors sorgfältig zubereitet hatte, desselben Pastors, der an den Sonntagen mit dröhnender Stimme die schamlose Ausübung des Lasters anprangerte, wie er das Treiben in den beiden Bordellen nannte.
    »Dies ist nicht der Augenblick für Zimperlichkeiten, diese armen Christenmenschen zittern vor Jammer«, sagte sie, als sie mit ihrem Hasenklein, einer Kanne Schokolade und Zimtkuchen erschien.
    Dieselbe Dame marschierte durch High Gallows und bat um Kleidung für die Täubchen, die immer noch in Unterröcken dasaßen, und die Antwort der anderen Frauen war großzügig. Sie vermieden es zwar, an dem Lokal der anderen Madame vorüberzugehen, aber mit Joe Bonecrusher hatten sie sich während der Epidemie verbünden müssen und sie achten gelernt. So kam es, daß die vier Straßenmädchen eine ganze Zeit lang als sittsame junge Damen auftraten, von Kopf bis Fuß brav bedeckt, bis sie die züchtige wieder gegen freigebigere Gewandung eintauschen konnten. In der Brandnacht hatte die Frau Pastor den kleinen Tom mit sich nach Hause nehmen wollen, aber der klammerte sich an Babalús Hals, und keine menschliche Macht wäre imstande gewesen, ihn von dort wegzureißen. Der Riese hatte schlaflose Stunden

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