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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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verbracht, den Chilenito in einem Arm und den Jungen im andern, und war ziemlich gereizt über die verwunderten Blicke des Schmiedes.
    »Schlagen Sie sich die Idee aus dem Kopf, Mann. Ich bin kein warmer Bruder«, stotterte er beleidigt, aber ohne einen der beiden Schläfer loszulassen.
    Die Spendensammlung der Goldgräber und die unter der Eiche vergrabene Kaffeetüte genügten, damit die Abge– brannten in ein so bequemes und solides Haus ziehen konnten, daß Joe Bonecrusher schon daran dachte, ihrer fahrenden Gesellschaft aufzukündigen und sich hier niederzulassen. Während andere Dörfer wieder ver– schwanden, wenn die Goldgräber zu neuen Goldwasch– plätzen aufbrachen, wuchs dieses, festigte sich, und die Einwohner dachten schon daran, den Namen gegen einen würdigeren zu vertauschen. Wenn der Winter vorbei war, würden neue Abenteurerwellen wieder zu den Berglehnen der Sierra aufsteigen, und die andere Madame bereitete sich darauf vor. Joe Bonecrusher rechnete nur noch mit drei Mädchen, denn es war offenkundig, daß der Schmied ihr Esther wegzunehmen gedachte, aber sie würde sich schon zu helfen wissen.
    Mit ihrem barmherzigen Wirken hatte sie sich ein gewisses Ansehen erworben und wollte es nicht wieder verlieren: zum erstenmal in ihrem bewegten Leben fühlte sie sich in einer größeren Gemeinschaft anerkannt.
    Das war sehr viel mehr, als sie in Pennsylvania unter Holländern erfahren hatte, und der Gedanke, Wurzeln zu schlagen, war in ihrem Alter gar nicht so übel. Als Eliza von diesen Plänen hörte, entschied sie, wenn Joaquín Andieta - oder Murieta - im Frühling nicht auftauchte, würde sie sich von ihren Freunden verabschieden und weiter nach ihm suchen müssen.

Enttäuschungen
    Im ausgehenden Herbst erhielt Tao Chi’en Elizas Brief aus dem Frühjahr, der mehrere Monate von Hand zu Hand gewandert und seiner Spur bis San Francisco gefolgt war. Er hatte Sacramento im April verlassen. Der Winter hatte ewig gedauert in dieser Stadt, und nur die sporadisch eintreffenden Briefe Elizas, die Hoffnung, daß Lins Geist ihn fand, und die Freundschaft mit dem anderen zhong yi hatten ihn aufrecht gehalten. Er hatte Bücher über westliche Medizin gekauft und begeistert die Aufgabe übernommen, sie geduldig Zeile für Zeile seinem Freund zu übersetzen, so konnten beide gleichzeitig diese von den ihren so verschiedenen Kenntnisse in sich aufnehmen. Sie stellten fest, daß man im Westen wenig wußte von der Heilkraft der Pflanzen, vom Verhüten von Krankheiten oder vom Qi - die Energie des Körpers wurde in diesen Büchern gar nicht erwähnt, aber in anderen Punkten war man dort wesentlich weiter fortgeschritten. Mit seinem Freund verbrachte er ganze Tage damit, zu vergleichen und zu erörtern, aber das Studium war doch kein ausreichender Trost; ihn bedrückte die Einsamkeit so sehr, daß er seine Bretterhütte und den Garten mit den Heilpflanzen verließ und in ein chinesisches Hotel umzog, wo er wenigstens seine eigene Sprache hörte und aß, was ihm schmeckte. Obwohl seine Patienten sehr arm waren und er sie oft umsonst behandelte, hatte er Geld gespart. Wenn Eliza zurückkehrte, würden sie sich in einem richtigen Haus einrichten, dachte er, aber solange er allein war, genügte das Hotel. Der andere zhong yi hatte vor, sich in China eine junge Ehefrau zu bestellen und sich endgültig in den Vereinigten Staaten niederzulassen, denn obwohl er ein Fremder war, konnte er hier doch ein besseres Leben führen als in seiner Heimat. Tao Chi’en warnte ihn vor der Eitelkeit der goldenen Lilien, besonders in Amerika seien sie unangebracht, wo man soviel zu Fuß ging und die fan gui sich über eine Frau mit Puppenfüßen lustig machen würden. »Schreiben Sie dem Heirats– vermittler, er soll Ihnen eine lächelnde und gesunde Frau schicken, alles übrige ist unwichtig«, riet er ihm und dachte an den kurzen Gang seiner unvergeßlichen Lin durch diese Welt, und wieviel glücklicher sie mit Elizas kräftigen Füßen und gesunden Lungen gewesen wäre. Seine Frau hatte sich verirrt, sie konnte ihn in diesem fremden Land nicht finden. Er rief sie an in seinen Meditationsstunden und in seinen Gedichten, aber sie erschien nicht wieder, nicht einmal in seinen Träumen. Zum letzten Mal war er an jenem Tag im Laderaum des Schiffes mit ihr zusammengewesen, als sie ihn besuchte in ihrem grünen Seidenkleid und mit den Päonien im Haar, um ihn zu bitten, er möge Eliza retten, aber das war auf der Höhe von Peru, und

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