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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Herrschaft hütete sie sich, sie ihr zu geben. Eliza nahm die Warnung ernst und beschloß, immer wachsam zu bleiben, damit sie sich nicht erfüllte. Sie umwickelte sich den Oberkörper fest mit einer seidenen Binde, denn sie war sicher, wenn diese Methode seit Jahrhunderten wirksam war, die Füße der Chinesinnen klein zu halten, wie Onkel John erzählte, dann gab es keinen Grund, weshalb sie jetzt dabei versagen sollte, ihr die Brüste plattzudrücken. Sie nahm sich auch vor, zu schreiben; jahrelang hatte sie Miss Rose in ihre Hefte schreiben sehen und vermutete, sie wolle damit den Fluch der verschwommenen Gedanken bekämpfen. Was den letzten Teil der Prophezeiung anging - nämlich daß jeder Mann mit ihr machen könne, wozu er Lust hatte -, so hielt sie ihn für ganz und gar unwichtig, weil sie schlicht außerstande war, sich vorzustellen, daß es in ihrer Zukunft Männer geben sollte. Alle Männer, die sie kannte, waren alt, mindestens zwanzig Jahre, die Welt hatte in ihrer eigenen Generation einfach keine Wesen männlichen Geschlechts aufzuweisen. Die einzigen, die ihr als Ehemann gefallen hätten, Kapitän John Sommers und Jacob Todd, waren für sie nicht erreichbar, der erste war ihr Onkel und der zweite in Miss Rose verliebt, wie ganz Valparaíso wußte.
    Jacob Todd ließ keine Gelegenheit aus, seine Beziehun– gen zu den Sommers warmzuhalten, es gab keinen eifrige– ren und pünktlicheren Gast bei den Musikabenden, keinen aufmerksameren, wenn Miss Rose ihre hinreißenden Koloraturen sang, und keinen, der mehr bereit gewesen wäre, ihren witzigen Einfällen zu applaudieren, selbst jenen etwas grausamen, mit denen sie ihn zu quälen pflegte. Sie war eine Person voller Widersprüche, aber war er das nicht selber auch? War er vielleicht kein Atheist, verkaufte aber fröhlich Bibeln und beschwatzte die halbe Welt mit dem Märchen einer Evangelisierungsmission? Er fragte sich, weshalb sie, die so reizvoll war, nie geheiratet hatte; eine unverheiratete Frau hatte keinen leichten Stand in der Gesellschaft. Innerhalb der englischen Kolonie munkelte man über einen Skandal, den es vor Jahren in England gegeben habe, das würde ihre Anwesenheit in Chile erklären, wo sie nun die Haushälterin für ihren Bruder spielte, aber er wollte die Einzelheiten nie ergründen, er zog das Geheimnis dem Wissen über Dinge vor, die er vielleicht nicht hätte ertragen können.
    Die Vergangenheit zählte nicht viel, wiederholte er sich gern. Ein einziger Verstoß gegen Diskretion oder eine Fehleinschätzung genügten, um den Ruf einer Frau zu beflecken oder ihr die Aussichten auf eine gute Heirat zu verderben. Er hätte Jahre seines Lebens dafür gegeben, seine Neigung erwidert zu sehen, aber sie ließ durch nichts erkennen, daß sie bereit gewesen wäre, seiner Belagerung zu erliegen, obwohl sie auch nicht vorhatte, ihn zu entmutigen, sie hatte Spaß an dem Spiel, ihm hin und wieder die Zügel zu lockern, um sie dann scharf wieder anzuziehen.
    »Mr. Todd ist ein großer häßlicher Unglücksvogel mit komischen Ideen, Pferdezähnen und schweißigen Händen. Ich werde ihn niemals heiraten, und wenn er der letzte Junggeselle auf der Welt wäre«, vertraute sie Eliza lachend an.
    Dem Mädchen gefiel die Bemerkung ganz und gar nicht. Sie fühlte sich in Todds Schuld, nicht nur, weil er sie bei der Prozession des Christus von Mayo gerettet hatte, er hatte auch über den Vorfall geschwiegen, als wäre er nie geschehen. Sie mochte diesen merkwürdigen Verbünde– ten: er roch nach großem Hund genau wie ihr Onkel John. Eines Tages hörte sie, versteckt zwischen den Falten des schweren Samtvorhanges im Saal, ein Gespräch zwischen ihm und Jeremy Sommers mit an.
    »Ich muß einen Entschluß fassen, was Eliza betrifft, Jacob. Sie hat nicht den mindesten Begriff von ihrem Platz in der Gesellschaft. Die Leute beginnen Fragen zu stellen, und Eliza bildet sich sicherlich eine Zukunft ein, die ihr nicht zukommt. Es gibt nichts Gefährlicheres als den Dämon der Phantasie, wenn er sich der weiblichen Seele bemächtigt hat.«
    »Übertreiben Sie nicht, mein Freund. Eliza ist noch ein kleines Mädchen, aber sie ist intelligent und wird gewiß ihren Platz finden.«
    »Intelligenz ist ein Hindernis bei einer Frau. Rose möchte sie auf Madame Colberts Schule für junge Damen schicken, aber ich bin nicht dafür, Mädchen zu gründlich zu unterrichten, sie werden unlenksam. Jeder auf seinem Platz, ist mein Wahlspruch.«
    »Die Welt wandelt sich, Jeremy.

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