Fortunas Tochter
sollen wir nur tun, meine Kleine, was sollen wir nur tun?« jammerte die India weiter.
»Ich werde ihn heiraten.«
»Und wie, wenn der Mann verschwunden ist?«
»Ich werde ihn suchen müssen.«
»Ach du ahnungsloses Kind Gottes! Bist du verrückt geworden? Ich werde dir ein Mittel machen, damit bist du in ein paar Tagen wieder wie neu.«
Die India bereitete einen Aufguß aus Borretsch zu und einen Trank aus Hühnerkot in Schwarzbier, das gab sie Eliza dreimal am Tag zu trinken, außerdem ließ sie sie Schwefelsitzbäder nehmen und legte ihr Senfkompressen auf den Bauch. Die Folge war, daß Eliza gelb wurde und ständig einen klebrigen Schweiß absonderte, der nach verwelkten Gardenien roch, aber nach einer Woche gab es noch immer kein Zeichen für einen Abort.
Mama Fresia entschied, daß das Ungeborene männlich und zweifellos verflucht sei, deshalb klammere es sich so an die Eingeweide seiner Mutter. Diese Schlappe war zuviel für sie, das Ungeborene war ein Werk des Teufels, und nur seine Meisterin, die Machi, würde ein so gewaltiges Unglück besiegen können. Noch am selben Nachmittag erbat sie sich Urlaub von ihrer Herrschaft und ging noch einmal zu Fuß den beschwerlichen Weg zu der Schlucht, um niedergeschlagen vor die blinde alte Zauberin zu treten. Als Geschenk brachte sie ihr zwei Formen mit Quittengeleekuchen und eine mit Estragon geschmorte Ente.
Die Machi hörte sie an und nickte mit grämlicher Miene, als hätte sie von Anfang an gewußt, was nun eingetreten war.
»Ich habe es ja gesagt, Versessenheit ist ein starkes Leiden: es befällt das Gehirn und zerreißt das Herz. Versessenheiten gibt es viele, aber die schlimmste ist die in der Liebe.«
»Können Sie etwas für meine Kleine tun, damit der Bastard abgeht?«
»Können könnte ich schon. Aber das wird sie nicht heilen. Sie wird ihrem Mann trotzdem folgen müssen.«
»Der ist weit weg, Gold suchen gegangen.«
»Nach der Versessenheit der Liebe ist die auf das Gold die zweitschlimmste«, stellte die Machi fest.
Mama Fresia begriff, daß es unmöglich sein würde, Eliza aus dem Haus und zur Schlucht der Machi zu bringen, dort die Abtreibung vorzunehmen und mit ihr heimzukehren, ohne daß Miss Rose es merkte. Die Zauberin war hundert Jahre alt und war fünfzig Jahre nicht aus ihrer elenden Bleibe herausgekommen, sie würde auch jetzt nicht in das Haus der Sommers gehen, um das junge Mädchen zu behandeln. Ihr blieb keine andere Lösung als die, es selbst zu tun. Die Machi gab ihr ein feines Rohr aus Colihuebambus und eine schwärzliche, übelriechende Salbe und erklärte ihr genau, wie sie dieses Rohr mit der Schmiere bestreichen und in Elizas Körper einführen sollte. Dann lehrte sie sie die Zauberworte, die das Kind des Teufels ausstoßen und gleichzeitig das Leben der Mutter beschützen würden. Dieser Eingriff mußte in der Freitagnacht vorgenommen werden, dem einzigen Tag der Woche, der dafür zugelassen sei, ermahnte die Machi sie. Mama Fresia kehrte sehr spät und sehr erschöpft heim, das Bambusröhrchen und die Salbe unter dem Umhang.
»Bete, Kind, denn in zwei Nächten werde ich dir helfen«, erklärte sie Eliza, als sie ihr die heiße Früh– stücksschokolade ans Bett brachte.
Kapitän John Sommers landete in Valparaíso an dem von der Machi festgesetzten Tag. Es war der zweite Freitag im Februar eines verschwenderisch reichen Sommers.
Die Bucht kochte vor Betriebsamkeit, ein halbes Hundert Schiffe lag hier verankert, während draußen auf See weitere darauf warteten, einlaufen zu können. Wie immer empfingen Jeremy, Rose und Eliza auf dem Kai diesen wunderbaren Seefahrer, der wieder mit Neuigkeiten und Geschenken beladen ankam. Die Bürger von Valparaíso, die sich hier trafen, um die Schiffe zu besichtigen und Schmuggelware zu kaufen, mischten sich mit Seeleuten, Reisenden, Stauern und Zollbeamten, während die in einer gewissen Entfernung postierten Prostituierten ihre Chancen ausrechneten. In den letzten Monaten, seit die Goldmeldung die Gier der Menschen an jedem Ufer der Erde anstachelte, kamen und gingen die Schiffe in einem aberwitzigen Tempo, und die Bordelle hatten alle Hände voll zu tun. Die verwegeneren Frauen jedoch gaben sich nicht zufrieden mit dem glänzend laufenden Geschäft in Valparaíso, sie bedachten, wieviel mehr sie in Kalifornien verdienen könnten, wo auf eine Frau zweihundert Männer kamen, wie man hörte. Im Hafen drängten sich die Menschen, stießen gegen Karren, Zugtiere und Frachtballen;
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