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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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könnte. Die Berichte in den Zeitungen lasen sich immer verführerischer: »In einem Teil der Gruben, genannt dry diggings, braucht man weiter kein Werkzeug als ein gewöhnliches Messer, um das Metall von den Felsen zu kratzen. In anderen Teilen ist es bereits herausgebrochen, und man verwendet nur eine ganz einfache Maschinerie, die aus einer simplen Mulde besteht mit einem ovalen Boden von ungefähr zehn Fuß Länge und im oberen Teil zwei Fuß Breite. Da kein Kapital nötig ist, ist die Konkurrenz groß, und Männer, die kaum imstande waren, sich für einen Monatslohn mit dem Allernötigsten zu versorgen, besitzen jetzt Tausende Pesos des edlen Metalls.«
    Als Andieta die Möglichkeit erwähnte, sich nach Kalifornien einzuschiffen, reagierte seine Mutter ebenso unwillig wie Eliza. Ohne sich je gesehen zu haben, sagten beide Frauen genau das gleiche: wenn du gehst, Joaquín, dann sterbe ich. Beide versuchten ihm die unzähligen Gefahren eines solchen Wagnisses klarzumachen und schworen ihm, daß sie unabwendbare Armut an seiner Seite einem illusorischen Reichtum vorzögen, der das Risiko barg, ihren Joaquín für immer zu verlieren. Seine Mutter versicherte ihm, sie würde nie aus der Wohn– kaserne ausziehen, nicht einmal, wenn sie Millionärin wäre, hier lebten ihre Freunde und sie habe sonst keinen Ort auf der Welt, wohin sie gehen könne. Und ihre Lungen - da sei ohnehin nichts zu machen, man könne nur hoffen, daß sie aufhörten zu rumoren. Und Eliza bot ihm verzweifelt an, mit ihm zu fliehen, falls die Sommers sie nicht heiraten ließen. Aber er hörte weder auf die eine noch auf die andere, in seinen Wahn verloren, war er sicher, daß er nie wieder eine ähnliche Gelegenheit haben würde, und sie vorbeigehen zu lassen wäre unverzeihliche Feigheit. Er diente seiner Besessenheit mit der gleichen Inbrunst, mit der er früher die freiheitlichen Ideen verbreitet hatte, aber ihm fehlten die Mittel, seine Pläne zu verwirklichen. Er konnte sein Ziel nicht erreichen ohne eine gewisse Summe für die Fahrt und die Ausrüstung. Er ging zur Bank, um sich nach einem Darlehen zu erkundigen, aber er hatte nichts, womit er es hätte decken können, und da er nun einmal wie ein armer Teufel aussah, wurde er eisig abgewiesen. Zum erstenmal dachte er daran, sich an die Verwandten seiner Mutter zu wenden, mit denen er bislang kein Wort gewechselt hatte, aber er verwarf den Gedanken augenblicklich, dazu war er doch zu stolz.
    Die Vision einer strahlenden Zukunft ließ ihm keine Ruhe, nur unter großer Anstrengung schaffte er seine Arbeit, die langen Stunden im Kontor wurden zur Strafe. Er saß da, die Feder in der Luft, starrte, ohne es zu sehen, auf das weiße Blatt Papier und sagte sich aus dem Gedächtnis die Namen der Schiffe vor, die ihn in den Norden bringen konnten. In seinen Nächten wechselten stürmisch bewegte Träume mit aufgeregten schlaflosen Phasen, morgens erwachte er erschöpft und zugleich aufgewühlt, und bei der Arbeit machte er Anfängerfehler. Rings um ihn erreichte die wilde Erregung hysterische Grade, alle wollten aufbrechen, und wer es nicht selber konnte, beauftragte Unternehmen, investierte in eilig gegründete Kompanien oder schickte einen vertrauens– würdigen Vertreter mit der Vereinbarung, sich die Gewinne zu teilen. Die ledigen Männer waren die ersten, die in See stachen; bald folgten ihnen die verheirateten, ließen ihre Kinder im Stich und schifften sich ein, ohne zurückzublicken, trotz der schaurigen Geschichten über unbekannte Krankheiten, verheerende Unfälle und brutale Verbrechen. Die friedlichsten Männer waren bereit, den Gefahren von Pistolenschüssen und Messerstichen zu trotzen, die vernünftigsten gaben die in mühevollen Jahren gewonnene Sicherheit auf und stürzten sich mit kaum mehr Gepäck als ihre fiebernde Begeisterung in das Abenteuer. Die einen gaben ihr Erspartes für die Fahrt aus, andere arbeiteten die Reisekosten als Matrosen ab oder verpfändeten ihre zukünftige Arbeit, aber es gab so viele Bewerber, daß Joaquín Andieta auf keinem Schiff einen Platz für sich finden konnte, obwohl er Tag für Tag am Kai nachfragte.
    Im Dezember hielt er es nicht mehr aus. Als er die Einzelaufführung einer im Hafen eingelaufenen Fracht kopierte, wie er es täglich gewissenhaft tat, änderte er die Ziffern im Registerbuch und zerstörte dann die originalen Löschdokumente. Durch diesen Buchhaltertrick ließ er mehrere aus New York eingetroffene Kisten mit Re– volvern und dazu

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