Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
damit, daß Ihr bei dieser unbesonnenen Unternehmung an einem pestverseuchten Ort das Leben Eurer beiden Söhne wie das der Vettern Siorac aufs Spiel gesetzt habt!«
    »Wir mußten das halbe Rind nach Sarlat bringen«, rechtfertigte sich mein Vater.
    »Und dann Franchou entführen! Glaubet Ihr etwa, Monsieur de la Porte habe in seinem ersten Brief nur zufällig diesesWeibsbild erwähnt? Sie war die Lockspeise, die den Vogel ins Garn bringen sollte. Das Rind für ihn, Franchou für Euch!«
    »Mein Bruder, enthaltet Euch solch sappermentischer Worte!« schrie mein Vater zurück. »Zwischen mir und dieser armen Jungfer ist nichts gewesen! Ich habe ihr gegenüber nur meine Christenpflicht getan!«
    »Dann gebt sie in Stellung! Weit weg von Euch! Auf Volperie zum Beispiel, wo sie dringend Leute suchen, weil Sarrazine und Jacotte ihnen fehlen.«
    »Nein, nein! Franchou wird die Kammerjungfer von Catherine. So habe ich es beschlossen, und dabei bleibt es!«
    »Wie wunderbar! Wir haben bereits die Maligou, Barberine, Alazaïs, die kleine Hélix und die Gavachette, macht zusammen fünf Dienerinnen. Und jetzt brauchen wir noch eine sechste, ganz allein für Catherine, die noch keine zehn Jahre zählt! Ein leichter Dienst, wenn es ihr einziger sein sollte!«
    »Mein Bruder, das ist zuviel!«
    »Ihr habt ganz recht: das ist zuviel!« stieß Sauveterre mit lauter Stimme hervor. »Denn in dem Augenblick, da Mespech eine überflüssige Dienerin dazugewinnt, geht es Eurer beiden jüngeren Söhne verlustig, die Ihr in einer Zeit der Hungersnot und Pest gnadenlos davonjagen wollt. Womit sich wieder einmal bewahrheitet: Böses Vorspiel macht böses Nachspiel! Oh, mein Bruder, lasset Euch von mir sagen«, fuhr er mit einer Stimme fort, darin mehr Schmerz als Zorn lag, »Ihr liebet, wo Ihr nicht solltet, und liebet nicht, wo Ihr es solltet!«
    Es trat eine gar lange Stille ein, bis mein Vater mit dumpfer Stimme sprach:
    »Aber mußte es denn sein, daß Pierre sich mir so widersetzlich zeigt und seiner Mutter mehr gehorcht als mir?«
    »Ich muß wohl träumen!« rief Sauveterre. »Pierre sollte seiner Mutter mehr gehorchen als Euch? Einzig und allein seine Ehre gebietet ihm, den Schwur nicht zu brechen! Wisset Ihr nicht, daß Ihr sein Held seid, daß er niemanden auf dem Erdenrund mehr liebt noch bewundert als Euch? Daß er in allem Euerm Beispiel folgt – was mir, wie ich bekennen muß, angst macht, wenn ich Euer Tun betrachte!«
    »Gemach, mein Bruder! Gemach, verurteilet mich nicht!« sagte mein Vater mit Rauheit, doch in einem schon besänftigten Ton. »Noch habe ich nichts entschieden. Ich verabscheuenur diese Medaille, wie Ihr wißt. Sie ist das Kreuz meines Lebens gewesen.«
    »Ist sie jetzt nicht das Kreuz in Pierres Leben? Und vermeinet Ihr etwa, daß er sie leichten Herzens trägt?«
    Als ich diese Worte vernahm, wähnte ich mich gerettet. Und seltsamerweise erwachte mit diesem Gefühl auch mein Gewissen wieder, welches sich vorher nicht gerührt und mich an der Tür hatte lauschen lassen. Jetzt setzte es mir so hart zu, daß ich mich auf leisen Sohlen davonschlich und mich wieder zu Samson in unser Turmgemach verfügte.
    Ich vermeldete ihm alles bis ins kleinste.
    »Was?« rief er, seine himmelblauen Augen weit aufreißend, »Ihr habt hinter der Tür gelauscht?«
    »Nun ja«, erwiderte ich, verharmlosend mit den Schultern zuckend. »Ich mußte doch, da ihre Rede um mich ging!«
    Doch Samson schien noch immer ganz entsetzt, und indes ich sah, wie er mein Tun offensichtlich mißbilligte, gewahrte ich nicht ohne heimliche Freude, daß Samson mein Sauveterre war. Ich trat auf ihn zu, schloß ihn in die Arme, küßte ihn auf die Wangen und sagte in einem rauhen, doch herzlichen Ton:
    »Laß es gut sein, mein Bruder!«
    In diesem Augenblick trat der wahre Sauveterre zur Tür herein, ganz in Schwarz und den Kopf hocherhoben über seiner hugenottischen Halskrause. Die Tür mit Sorgfalt hinter sich schließend, betrachtete er mich zuförderst schweigend mit seinen schwarzen, tief in ihren Höhlen liegenden Augen.
    »Mein Neffe«, hub er schließlich an, »nehmet diesen Degen von Eurem Gürtel. Es würde Eurem Vater mißfallen, ihn an Eurer Seite zu sehen. Ihr vergeßt, daß Ihr ihn nur außerhalb der Burgmauern tragen dürft.«
    Ich hätte ihn umarmen mögen dafür, daß er mir den Ölzweig mit soviel Feingefühl reichte. Allein seine Miene war so förmlich und salbungsvoll (dazu sprach er Französisch und nicht Perigurdinisch), daß

Weitere Kostenlose Bücher