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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Schnäbel, und unsere Hühnchen und Hennen gackerten in ihrer Eifersucht schier endlos, ohne indes zu wagen, allzusehr nach der armen unschuldigen Franchou zu hacken, welche so hoher Gunst gewiß war. Sauveterre, mit finsterer Miene umhergehend, saß schweigend bei Tische, die Augen starr auf seinen Teller gerichtet, indes im »Buch der Rechenschaft« wie zu Zeiten von Jéhanneund der ihr gewährten Darlehen wieder öfter zu lesen stand: »Ich bete für dich, Jean.« An gleicher Stelle bekriegten sich die beiden Jeans mit Bibelzitaten, davon die einen die Unzucht anprangerten und die anderen die Fruchtbarkeit priesen. In seiner Not nahm Sauveterre gar Zuflucht zur Poesie (allerdings verfaßt von der Schwester eines Königs) und zitierte in deutlicher Absicht die das Lob der Askese singenden Verse der Margarete von Navarra:
    Zu sehr hab’ ich geliebt den armen Leib,
    tagaus, tagein um ihn nur mich gesorgt, ich hab’ zum Gott und Götzen ihn gemacht,
    mein weiches, schwaches Fleisch viel mehr geacht’
    denn meiner Seele Heil.
     
    Worauf mein Vater, den eigentlichen Kern der Sache verfehlend, kategorisch antwortete: »Mein Fleisch ist weder weich, noch bin ich schwach.«
    In höchster Verzweiflung spielte Sauveterre schließlich seine letzte Trumpfkarte aus: »Dein Alter, Jean, und das ihre!« Allein mein Vater antwortete unbeeindruckt mit dem perigurdinischen Sprichwort: »Was tut es schon, so der Bock alt, wenn nur die Ziege bereit ist.«
    Franchou war die Tochter von Jacques Pauvret, welcher seinen Namen zu Recht trug
( pauvre
heißt in unserer Sprache: arm), denn er saß als kleiner Zinsbauer auf einem winzigen Stück unseres Landes in einer dürftigen Hütte, darinnen Franchou aufgewachsen war bei knappem Korn: der Brotkorb war oft leer, das Feuer kärglich im Herd, die Kleider zerlumpt, die Maulschellen schneller zu haben denn Küsse; man lebte in Angst und Schrecken vor den Wölfen und bewaffnetem Räuberpack, und bei der geringsten Trockenheit gab es nichts als Eicheln gegen den Hunger. Für so ein Leben sollte Franchou »tugendhaft im Schoße ihrer Familie verweilen«, wie es Feuerzange den jungen Mädchen in unseren Dörfern anempfahl. Wer hätte sie also tadeln wollen, daß ihr der Sinn nicht danach stand, wenn sie, den Kopf mit Träumen angefüllt, nähend an unserem Tische saß, den silbernen Fingerhut meines Vaters auf dem Zeigefinger? Dirne des Barons von Mespech – was war daran so schlecht, so ehrlos? Die kleinen Bankerte, die satt zu essen hätten und dereinst, wie Samson, den ruhmvollen NamenSiorac tragen würden? Oder daß ihr selbst bis an das Ende ihrer Erdentage Kost und Logis hinter den hohen Burgmauern gewiß wären, welche sie vor bewaffneten Banden, vor Hungersnot und gar auch Krankheit schützten? Denn wenn im Lande die großen Seuchen wüteten, lebte Mespech dank seinen riesigen Vorräten ganz abgeschlossen von der Welt: sogar die Pest rannte vergeblich gegen unsere mächtigen Burgwälle an und fand keinen Eingang.
     
    Indes mein Vater, gequält von seinem hugenottischen Gewissen, in seinem kleinen Königreich noch zögerte, den frischen, sammetweichen Pfirsich der Sünde zu pflücken, stand Katharina von Medici in ihrem Louvre-Schloß der Sinn nach einer ganz anderen Frucht.
    Le Havre befand sich in englischen Händen. Im Verlaufe des Bürgerkrieges hatten Condé und Coligny die stolze und schöne Stadt durch den Vertrag von Hampton Court an Elisabeth von England ausgeliefert, wobei sie nach Wiederherstellung des Friedens gegen Calais ausgetauscht werden sollte. Doch den Prinzen von Condé, der sich nach dem Edikt von Amboise mit Katharina wieder ausgesöhnt hatte, reute es jetzt, diesen schandbaren Vertrag geschlossen zu haben, welcher Frankreich das so teuer zurückeroberte Calais wieder entreißen sollte. Und so dachte »der kleine Prinz, gar hübsch und fein, der stets nur singt und lacht tagaus, tagein«, nicht im geringsten daran, sein Wort zu halten, worauf Elisabeth gar heftig gegen die falschherzigen Franzosen zu wettern begann, welche nicht Treu noch Glauben üben wollten, seien sie Hugenotten oder Papisten. In dieses Feuer gedachte nun Katharina noch gehörig Öl zu schütten, indem sie der Königin von England als Unterhändler den Sieur d’Alluye schickte, welcher sich über alle Maßen dreist und herausfordernd aufführte, dabei Calais verweigernd und obendrein noch Le Havre zurückfordernd. »Ich werde Le Havre als Entschädigung für Calais behalten«, sprach

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