Fortune de France: Roman (German Edition)
allerdings unter zwei Bedingungen, nämlich daß er nicht mein Gast, sondern der Eure sei, und daß er nicht im Burgsaal erscheine und sich nicht vor unseren Leuten zeige. Er soll im Kabinett von Alazaïs schlafen, welche in dieser Zeit bei der Maligou nächtigen wird, und seine Mahlzeiten nicht unten, sondern allhier mit Euch einnehmen.«
»Nein, das geht nicht!« Meine Mutter hob abwehrend ihre schönen, stets mit wohlriechenden Salben eingeriebenen Hände. »Das ist gänzlich ausgeschlossen! Seine Füße stinken wie die Pest! Das inkommodiert mich sogar bei der Messe und stört meine Andacht.«
»Nun, wenn dem so ist«, sprach mein Vater, aus vollem Halse lachend, »dann muß er eben allein in seinem Kabinett essen, und Alazaïs wird ihm auftragen.«
Doch Alazaïs, welche bei dieser Unterredung zugegen war, lehnte das rundweg ab.
»Mit Verlaub, Moussu lou Baron, ich werde diesem Pfaffen nicht auftragen«, sprach sie mit ihrer tiefen Stimme. »Nicht weil er ein Pfaffe ist, sondern weil ich seine Visage nicht ausstehen kann.«
»Der einen mißfallen die Füße, die andere mag die Visage nicht«, sprach mein Vater lachend. »Der arme Teufel wird des Hungers sterben müssen! Nun, dann muß ihn die Maligou bedienen!« Mit einer kurzen Handbewegung deutete er an, daß die Sache damit entschieden sei und Alazaïs sich entfernen möge; dann setzte er sich auf Isabelles Bett, nahm ihre Hände in die seinen und betrachtete voll Entzücken seine Frau in der erhabenen Schönheit ihrer Mutterschaft.
Gemäß der Anweisung meines Vaters kam Feuerzange in der Dunkelheit der Nacht auf Mespech, ohne jegliches Gepäck und ohne irgend jemand ein Wort davon gesagt zu haben.
Er weilte noch keine vierzehn Tage in unseren Mauern, als Guillaume de la Porte in Begleitung von fünf Bewaffneten vor der ersten Zugbrücke von Mespech erschien und die Herren Brüder zu sprechen wünschte.
»Meine Herren«, so hub der Kriminalleutnant sogleich mit ernster Miene an, als man ihn eingelassen, »zu Sarlat geht das Gerücht um, Ihr hättet den Pfarrer von Marcuays entführt und gefangengesetzt, damit er die Messe nicht mehr lesen könne.«
»Diesem Gerücht muß man den Garaus machen, Herr Kriminalleutnant«, erwiderte mein Vater, »damit es nicht mehr heimtückisch umgeht, unseren guten Ruf zu schwärzen, indes wir gegenüber dem armen Pfarrer nur unsere Christenpflicht tun und ihn vor dem Strick retten.«
Und die weiteren Erklärungen Sauveterre überlassend, ging er, Feuerzange zu holen, welcher seine Worte sogleich bestätigte unter nicht enden wollenden Ergüssen von Dankbarkeit für die von seinen Gastgebern empfangenen Wohltaten. Und in der Tat machte er einen wohlgenährten Eindruck, strotzend vor Fett und guter Gesundheit. Sein Angesicht leuchtetewieder in schönstem Rot, denn die Maligou, welche ihn in seinem Kabinett bediente, trug ihm reichlich von unserem Wein und den besten Stücken auf.
Als nun Jean de Siorac Herrn de la Porte zur ersten Fallbrücke zurückgeleitete, kam Catherine, welche bei dem Brunnen mit ihren Puppen spielte, mit fliegenden Zöpfen zu ihm gelaufen und ergriff die Hand meines Vaters, ohne indes ein Wort herauszubringen, da sie ihren ganzen Vorrat an Mut schon aufgebraucht hatte, um sich ihm zu nähern.
»Herr Baron«, sprach der Kriminalleutnant, »wie ich sehe, lasset Ihr um Euren Weiher eine zweite Umfassungsmauer aufführen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt geben solche Befestigungsarbeiten Anlaß zu mancherlei Gerede.«
»Wiederum zu Unrecht, Herr Kriminalleutnant«, erwiderte mein Vater. »Mespech steht dem König und (mit einem Blick auf seinen Besucher) den königlichen Offizieren stets offen. Doch das Pariser Parlament hat die Reformierten mit Acht und Bann belegt, und so könnte ich mich gewisser Nachbarn zu erwehren haben.«
»Ihr denket an Fontenac«, sprach Monsieur de la Porte mit verfinsterter Stirn, »und daran tut Ihr recht. In der ganzen Provinz gibt es keinen übleren Gewaltmenschen, doch verfügt er über so mächtige Gönner im Bischofspalast und sogar bei Hofe, daß ich nichts gegen ihn auszurichten vermag. Wißt Ihr übrigens, daß sich, wenn jemand von seiner Familie krank wird, kein Arzt aus Sarlat mehr in seine Räuberhöhle wagt – aus Furcht, seine Freiheit oder gar sein Leben zu verlieren?«
Der Besucher verabschiedete sich, und mein Vater kam zurück, die kleine Hand Catherines in der seinen, voller Glück, daß sie ein so hübsches, munteres Kind war, doch stumm in all
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