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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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seiner Liebe zu ihr. Als er den Fuß auf die erste Stufe der Freitreppe setzte, stand plötzlich Alazaïs vor ihm, hochaufgerichtet und mit finsterem Gesicht.
    »Moussu lou Baron, ich habe Euch etwas über den vermaledeiten Pfaffen zu vermelden.«
    »Nur zu, sprich!«
    Mit einem Blick auf Catherine neigte sie sich zum Ohr meines Vaters und flüsterte ihm einige Worte zu, die ihn aufschrecken ließen.
    »Geh zurück zu deinen Puppen, Catherine«, sprach er hastig,»und du, Alazaïs, schickst mir die dicke Vettel ungesäumt in meine Bibliothek.«
    Als die Maligou dickbäuchig, fettärschig und hängebusig (wie mein Vater zu sagen pflegte) und mit wirrem Haar in der Bücherkammer erschien, schloß Jean de Siorac die Tür hinter ihr, ging langsam um das unförmige Weib herum und blieb dann vor ihr stehen, die Hände in die Hüften gestemmt und sie mit gestrenger Miene anblickend.
    »Was höre ich da für Geschichten! Du und der Pfaffe, ihr vögelt des Nachts miteinander wie die Ratten im Stroh!«
    Als die Maligou ein Zeichen der Verneinung andeutete, hob Jean de Siorac die Hand und herrschte sie an:
    »Lüge nicht, Maligou, oder ich jage dich auf der Stelle davon!«
    »Heiliger Jesus!« rief da die Maligou einfältig, »aber wenn ich nicht lüge, werde ich gleichermaßen davongejagt!«
    »Also ist es wahr!«
    Die Maligou begann zu zittern.
    »Ach, Herr Baron! Ich habe nicht widerstehen können. Er versteht so fein zu sprechen!«
    »Und handelt um so schlimmer! Schämst du dich nicht, wie eine schamlose Dirne herumzuhuren als verheiratetes Weib und Ehebruch zu begehen, noch dazu mit Feuerzange?«
    »Aber gerade mit einem Pfarrer ist es doch nur eine halbe Sünde, Herr Baron! Und außerdem war er so gütig, mir hinterher immer gleich die Absolution zu erteilen.«
    Jean de Siorac hob die Hände zum Himmel. »Niemand außer dem himmlischen Vater kann dir eine
    Todsünde vergeben, du unzüchtiges Weib!«
    »Deshalb bete ich ja auch jeden Abend andächtig um Fürsprache zu Gottes Sohn«, erwiderte die Maligou, die Augen senkend, denn im gleichen Augenblick versprach sie der Jungfrau Maria, eine große Kerze vor ihrem Bildnis auf dem Dachboden anzuzünden, wenn ein Wunder geschähe und mein Vater sie nicht davonjagte.
    »Und wenn Feuerzange dir einen Bankert gemacht hätte?«
    »Ach, da bin ich ohne Sorge!« erwiderte die Maligou mit schlauer Miene. »Ich kenne da gewisse Kräutlein und weiß auch, wo und wie sie aufzulegen sind.«
    »Und was sind das für Kräuter?« fragte mein Vater, stetsvoller Neugier für die Heilpflanzen, welche in den einfachen Hütten Anwendung fanden.
    »Mit Verlaub, das darf ich Euch nicht sagen«, gab die Maligou zur Antwort. »Ich mußte der Kräuterfrau, die mich in ihren Gebrauch einweihte, strengstes Stillschweigen geloben.«
    »Du sagst es mir, wenn du nicht willst, daß ich dir den Laufpaß gebe.«
    »Moussu lou Baron!« rief die Maligou mit klopfendem Herzen und weit aufgerissenen Augen, »wenn ich es Euch sage, dann jagt Ihr mich nicht fort?«
    »Darauf gebe ich dir mein Wort«, erwiderte Jean de Siorac, welcher sich höchst weise schon von der ersten Minute an entschieden hatte, die Angelegenheit nicht ruchbar werden zu lassen.
    »Gott sei’s gedankt und ebenso dir, mein liebes Jesulein«, sprach da die Maligou und fügte, die Hände über ihrem Leib gefaltet und die Augen züchtig gesenkt, in ihrem Innersten noch eine Danksagung hinzu: »Vor allem danke ich dir, heilige Jungfrau Maria, daß du dies Wunder vollbracht und mir meine Schwäche verziehen hast. Ich wußte gleich, daß wir Weiber uns verstehen. Hab nochmals Dank für deine Barmherzigkeit, gütige Jungfrau. Deine Kerze vergesse ich nicht und will auch nicht geizen dabei.«
    Nachdem die Maligou meinem Vater die Kräuter offenbart und auch gesagt hatte, »wo und wie sie aufzulegen waren«, mußte sie ihm hoch und heilig versprechen, Feuerzange weder bei Tag noch bei Nacht, weder im Morgengrauen noch in der Abenddämmerung, weder bei Kerzenschein noch bei Tageslicht je wieder aufzusuchen und auch vor keiner Menschenseele mit diesem Werk der Unzucht zu prahlen. Fortan hatte Coulondre Eisenarm dem Pfarrer bei Tische aufzutragen; von ihm bekam der Pfaffe nichts anderes zu hören als knappe und unheilverheißende Bemerkungen über die Zukunft der Welt.
    Jean de Siorac ließ in dieser Angelegenheit so viel Vorsicht walten, daß er Jean de Sauveterre davon erst erzählte, als Feuerzange die Burg schon wieder verlassen hatte.
    »O Jean!«

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