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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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sagte Sauveterre vorwurfsvoll. »Du hast mir also etwas verschwiegen!«
    »Mir blieb keine andere Wahl. Mußte ich doch einen Zornesausbruch deinerseits befürchten.«
    »Und wirst du jetzt, da Feuerzange weg ist, die Maligou davonjagen?«
    »Nein, sie hat mein Wort. Und außerdem würde sie überall nur damit prahlen, und die Sache würde sich in den Dörfern herumsprechen. Nein, mein Bruder! Es ist besser, die Augen gnädig vor ihrer Verfehlung zu schließen und sie in unseren Diensten zu behalten. Zumal«, fügte er lächelnd hinzu, »im ganzen Périgord wohl keine versteht, einen besseren Braten zu bereiten.«
     
    Es war nicht Montluc, sondern Sieur de Saint-Geniès, seines Amtes königlicher Gouverneur im Périgord, welcher der katholischen Kirche in Montignac wieder in den Sattel verhalf. Seine Truppen rückten am 14ten August mit Feldgeschütz an, Arnaud de Bord zu belagern. Dieser ergab sich drei Tage später mit seinen Anhängern, und am 11ten September wurden nach einem eilends geführten Gerichtsprozeß sechzehn von ihnen auf dem Marktplatz von Montignac gehängt, unter ihnen der arme Batifol, dessen Ende Coulondre Eisenarm zwei Wochen vorher so schauerlich vorausgesagt. Arnaud de Bord hingegen ward erst am 18ten Oktober hingerichtet, ohne daß jemals etwas über die Ursache dieses grausamen Aufschubs verlautete.
    Wieder unbesorgt ob seines weiteren Schicksals, hatte uns Feuerzange schon seit zwei Wochen verlassen, als eines Abends in der Dämmerung ein gewisser Monsieur de L. (so ist er im »Buch der Rechenschaft« bezeichnet) mit einer kleinen Schar Bewaffneter vor dem Tor Mespechs erschien. Und trotz der seinerzeit sehr strengen Sicherheitsvorkehrungen auf der Burg ließen ihn die beiden Jeans, die ihn wohl erwartet hatten, samt seinen Männern ohne weiteres ein. Letztere durften sich allerdings nicht unter unsere Leute mischen, sondern mußten sich sogleich in die Scheune zurückziehen, wo allein Alazaïs sie mit Speis und Trank versorgte.
    Monsieur de L. nahm seine Abendmahlzeit nicht im großen Saal, sondern zusammen mit den Brüdern in der Bibliothek ein, wobei François, Samson und ich ihnen aufwarteten, voller neugieriger Erregung ob dieses geheimnisvollen Gastes und voller Stolz, als mein Vater uns nach dem Mahle zum Bleiben aufforderte. François zählte damals fünfzehn Jahre, Samsonund ich gingen auf unser zwölftes Lebensjahr zu, und mein Vater vermeinte wohl, da wir alt genug waren, unser Teil zur Verteidigung der Burg beizutragen (jeden Tag wurden wir von den Soldaten in der Handhabung von Degen, Feuerrohr und Pike unterwiesen), könnten wir ebenfalls, wenn auch noch stumm wie die Fische, an der Beratschlagung über das weitere Schicksal der Baronie teilhaben.
    Monsieur de L., welchen ich voller Neugier betrachtete, war ein ungewöhnlicher Besucher. Er trug eine breitere Halskrause, ein prächtigeres Wams und eine weniger strenge Miene zur Schau als die Hugenotten, welche gemeiniglich zu Besuch auf Mespech kamen. Zudem sprach er nicht unser Okzitanisch, sondern Französisch – eine Sprache, die ich zwar verstand, welcher er sich jedoch mit einem Akzent bediente, den ich noch nie gehört (später erfuhr ich, daß es der der Pariser war). Sein Gesicht ohne jeden Kinn- oder Schnurrbart war glatt wie ein Kieselstein (an so vielen anderen hatte er sich bei Hofe gerieben), seine Gebärden lebhaft, seine Haltung vornehm, und wiewohl sich seine Sprache in meinen Ohren schrill und ungewohnt ausnahm, bemerkte ich alsbald, daß Monsieur de L. ein Mann von großer Höflichkeit war, welcher sich in vielerlei Begrüßungs- und Höflichkeitsfloskeln erging und zehn Worte zu machen verstand, wo ein einziges genügt hätte. Sein langes Haar war – trotz der Unbequemlichkeiten seiner Reise zu Pferde – sehr sauber wie auch wohlgelockt. Seine Handschuhe, welche er während der ganzen Unterredung nicht auszog, erregten meine besondere Bewunderung: sie waren von so feinem und weichem Leder, wie ich es zu Sarlat noch niemals gesehen.
    »Meine Herren«, sprach Monsieur de L. nach einer gar langen höflichen Vorrede, »Ihr kennet meinen Namen, Ihr wißt, wem ich diene, und Euch ist auch nicht unbekannt, in wessen Auftrag ich komme.«
    Er schien höchst zufrieden über diese Einleitung, welche er wohl schon mehr als einmal benützt hatte, denn sie kam in einem Zuge und mit größter Leichtigkeit von seinen Lippen. Gleichzeitig nahm sein Gesicht den Ausdruck bescheidenen Stolzes an, als fiele auf ihn, obgleich

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