Fortune de France: Roman (German Edition)
geschah?«
Auf dieses versteckte Hilfeersuchen antwortete Sauveterre, dessen Gesicht wie versteinert war, mit keinem Wort. Er wich dem Blick meines Vaters aus und beklagte schon im voraus seine menschliche Schwäche.
»Herr Pfarrer«, hub da Jean de Siorac an, »wollet Ihr Euch einige Zeit auf Le Breuil im Hause von Cabusse versteckt halten?«
»Das wird kaum möglich sein«, erwiderte Feuerzange, die Augen senkend und auf die Spitze seiner dicken Nase blickend. »Cabusse ist schrecklich eifersüchtig. Er duldet nicht einmal, daß ich Cathau die Beichte abnehme.«
Diese Enthüllung erstaunte meinen Vater nicht, sondern belustigte ihn. So fuhr er in heiterem Tone fort:
»Und wie steht es mit der Höhle von Jonas?«
»Bei dieser Wölfin!« rief Feuerzange, die Arme zum Himmel gereckt. »Bei dieser Teufelin, die ihn ganz verhext hat!«
»Pfarrer, du wirst doch nicht an dieses Märchen glauben!« stieß Sauveterre schroff hervor.
Doch hierauf senkte Feuerzange nur die Augen und antwortete nicht. Es lag ihm nichts daran, Sauveterres Zorn noch mehr zu erregen. Meines Vaters Stirn indes verfinsterte sich: er argwöhnte, Feuerzange habe aus Aberglauben oder Voreingenommenheit mit dazu beigetragen, unter seiner Gemeinde diese Gerüchte zu verbreiten, die Jonas’ Ruf zu beeinträchtigen begannen. Er erhob sich.
»Herr Pfarrer, Ihr wünscht sicher noch, ehe Ihr wieder geht, Madame de Siorac Eure Aufwartung zu machen.«
Feuerzange erbleichte, als er sich solcherart verabschiedet sah, aber er verlor die Hoffnung nicht gänzlich, wußte er doch, welchen Einfluß Isabelle noch immer, insonderheit in ihrem gegenwärtigen Zustand, auf meinen Vater auszuüben vermochte.
Und in der Tat, kaum hatte Feuerzange unsere drei Fallbrücken überquert, als Isabelle auch schon Alazaïs in die Bibliothek beorderte, meinen Vater zu bitten, er möge sie doch in ihren Gemächern aufsuchen.
Mein Vater fand sie wehmütig auf die Kissen ihres Lagers hingestreckt, ihr Leib war schon recht dick, die schwellende Brust nur wenig von einem spitzenumsäumten Ausschnitt bedeckt. Trotz ihres Zustandes war sie mit größter Sorgfalt geschminkt, Rouge auf den Lippen, die Augenbrauen nachgezogen, das blonde Haar in Locken gelegt von unserer großen Alazaïs, die diese Hantierungen, obgleich sie ihr eitel und nichtig erschienen, mit wahrhaft hugenottischer Gewissenhaftigkeit und am Ende gar mit einiger Zuneigung für diese arme starrköpfige Papistin verrichtete, welche sie allabendlich in ihren Gebeten Gott anempfahl. So ruhte also meine Mutter in all ihrer Schönheit und Anmut, wie ich sie oft gesehen in den letzten Tagen ihres Lebens hienieden in dieser vergänglichen Welt, die wir alle einmal verlassen müssen, um vor dem höchsten Richter zu erscheinen – welchem sie damals schon so nahe war, ohne daß einer von uns noch sie selbst es ahnte. Denn siestand noch in der Blüte ihres Alters, bar jeglicher Falten, Verkrümmung noch Gebrechen, blond und schön in ihrem prächtigen Aufputz, gelockt und mit Riechwässern besprüht, all die Liebe verspürend, welche mein Vater ihr entgegenbrachte, und sie hundertfach erwidernd, wenn auch nur insgeheim, unter dem abweisenden Mantel ihres Stolzes.
»Meine Liebe«, so sprach mein Vater mit einem heiteren Lächeln, »wie erfreut es mich, daß Ihr mich rufen ließet und ich Euch hier in all Eurer Schönheit und bei so guter Gesundheit vorfinde, wo doch der Zeitpunkt Eurer Niederkunft schon naht.«
»Möge nur Gott verhindern, mein Herr Gemahl«, erwiderte Isabelle, bereits auf Widerspruch gefaßt, »daß Ihr mir so kurz vor meiner Niederkunft Kummer und Leid verursacht, indem Ihr meine Wünsche nicht erhört – das Kind, das ich unter dem Herzen trage, könnte davon Schaden nehmen.«
»Nun sieh einer an!« sagte mein Vater lachend, »kaum habe ich meinen Fuß zu Eurer Tür hereingesetzt, Madame, da richtet Ihr auch schon all Euer Feldgeschütz auf mich! Worum handelt es sich denn?«
»Mein lieber Mann«, hub Isabelle an, doch verstummte sie sogleich wieder, denn wiewohl mein Vater sich so heiteren Sinnes zeigte, fürchtete sie, seine Heiterkeit könnte gar schnell in Zorn umschlagen.
»Ich werde es Euch sagen«, sprach da Jean de Siorac mit wieder ernstem Gesicht. »Ihr möchtet den Pfarrer von Marcuays für einige Zeit hinter unseren Mauern wissen, damit er dem Strick entgehe, den die Leute von Montignac schon für ihn bereithalten. Doch seid ohne Sorge, Madame! Ich gewähre Euch Eure Bitte,
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