Fotostudio Plange I (German Edition)
wir uns
blind aufeinander verlassen können. Deine Eltern vertrauen mir ihren größten
Besitz, nämlich dich, an! Wenn du nun mein Vertrauen enttäuschst, enttäuscht du
eigentlich nicht mich, sondern deine Eltern. Und sollte die Basis unserer
besonderen Beziehung aus irgendeinem Grund mal nicht mehr gegeben sein, weil du
meinst, mir auf der Nase rumtanzen zu können, hast du ganz schnell ne
Briefmarke auf dem Arsch und sitzt im Flieger! Ne andere Möglichkeit hab ich
leider nicht, mein Engel!“
Ich sah, wie besonders bei den letzten Worten, die Farbe
aus seinem Gesicht wich. Verunsichert sah er mich an, seine Stimme stockte.
„Ich werd dich nie enttäuschen! Denn ich will alles, aber nicht nach
Australien. Versprochen!“
„Hand drauf?“
Er nickte und kam auf mich zu. Ich streckte meine Rechte
aus und er ergriff sie. Aber anstatt eines Händeschüttelns zog er mich an sich
und küsste mich direkt auf den Mund. Ich war ziemlich perplex. „Was war das
denn?“
„Na, ich hab das ganze mit einem Kuss besiegelt. Kennst
du das Stück nicht? ‚Sealed with a kiss‘? Kommt aus den 60ern, müsste zu dir
altem Mann passen!“ Er grinste über beide Backen. Kinder!
Marvin war schon weg, als ich mich gegen Sieben fertig
machte, mein alter Freund Holger hatte zu einer Gangbang geladen (das war der
eigentliche Grund, nach Dortmund zu fahren!). Ich suchte verzweifelt meinen
ledernen Cockring. Wenn mich nicht alles täuschte, müsste der noch nach der
letzten Camsession in der obersten Schreibtischschublade liegen, aber da war er
nicht zu finden. Entweder werde ich alt oder sollte Marvin ihn etwa genommen
haben? Ich wusste es nicht, nahm kurzerhand das silberne Band für den kleinen
Stefan und machte mich auf den Weg in die ehemalige Brauereistadt.
Ich war schon im Aufbruch begriffen, als um Viertel vor
eins mein Mobilteil klingelte. Es war Marvin, der mir mitteilte, dass er nun
zuhause sei und gleich ins Bett gehen würde. Ich wünschte ihm noch eine gute
Nacht und beendete das Gespräch. Er hatte also Wort gehalten. Aber er könnte ja
von außerhalb durchgeklingelt haben. Ich warf einen Blick in die Anrufliste, das
Gespräch wurde von meiner Festnetznummer aus geführt. Ich war beruhigt.
Als ich gegen kurz vor zwei meine Wohnung aufschloss,
stand seine Tür sperrangelweit offen. Er schnarchte leicht, wahrscheinlich
hatte er etwas getrunken, aber seine Stimme vorhin am Telefon war klar und
deutlich und alles andere als lallend. Ich ging in sein Zimmer, um nach ihm zu
sehen. Licht machte ich nicht, ich wollte ihn ja nicht wecken, die
Flurbeleuchtung war mehr als ausreichend.
Das Bild, das sich mir bot, war anmutig und erschreckend
zugleich. Die Bettdecke hatte er nach unten gestrampelt, sein T-Shirt und seine
Boxer lagen auf dem Teppichboden verstreut. Er hatte sich wohl selbst Spaß
bereitet, ich grinste innerlich. Als ich ihn zudecken wollte, sah ich zwei
Dinge: Den feuchten Fleck auf dem Bettlaken und um den kleinen Marvin spannte
sich mein gesuchtes Lederstück.
Gegen elf klopfte es an meine Schlafzimmertür.
Irgendetwas muss ich wohl von mir gegeben haben, denn plötzlich stand ein mit
Boxer und Shirt bekleideter Marvin samt einem gut gefüllten Frühstückstablett
im Türrahmen. „Frühstück!“
Ich setzte mich auf und klopfte einladend auf den freien
Teil der Bettdecke. Er stellte das Tablett entsprechend ab. „Ich dachte, da du
ja die ganze Woche über für das Frühstück gesorgt hast, überrasche ich dich mal
mit einem Frühstück im Bett. Wünsche guten Hunger!“
Ich staunte nicht schlecht, er hatte wirklich an alles
gedacht. „Hast du denn schon …?“
„Nö! Ich hatte nur einen Kaffee!“
„Na, dann setz dich mal. Platz ist ja genug!“ Er
krabbelte aufs Bett und setzte sich im Schneidersitz vor das Tablett.
Während des Frühstücks erzählte er von der gestrigen
Party, ich genoss die überraschende Mahlzeit und seine Anwesenheit. Mein Gefühl
täuschte mich aber nicht, dass er damit etwas wieder gut machen wollte. Mitten
im Gespräch fragte er plötzlich, wie denn meine Waschmaschine funktionieren
würde. „Wieso willst du das denn wissen? Willst du die Spuren der gestrigen
Nacht verwischen?“
Er wurde verlegen, ein kräftiges Rot machte sich in
seinem Gesicht breit. Er starrte krampfhaft auf das Tablett, nur um mich nicht
ansehen zu müssen. Ich streckte meine Hand aus, umfasste sein Kinn und
dirigierte seinen Kopf in meine
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