Fotostudio Plange I (German Edition)
du
nicht mehr! Also! Du gehst jetzt unter die Dusche und machst dich fertig,
derweil mach ich dir die Brote! Und nun ab!“Ich schlug ihn leicht auf den
Bauch, erhob mich, floh in die Küche und schmierte ihm die Toastscheiben.
Um Viertel nach sieben saß er endlich frisch angezogen am
Tisch. Auf das Ei musste er aus Zeitmangel wohl verzichten, aber ohne Frühstück
wollte ihn nicht aus dem Haus lassen. Fünf Minuten später rannte er in sein
Zimmer, griff sich wohl Jacke und Schultasche und öffnete die Haustür. Aber
anstatt Geklapper auf der Treppe hörte ich, wie etwas auf den Boden fiel und er
zurück in die Küche stürmte, ich saß immer noch auf meinem Stuhl, meinen Kaffee
in der Hand. Er nahm mein Gesicht in seine Hände, drückte mir einen Kuss auf
die Stirn und meinte nur: „Danke fürs Frühstück, Stef.“
Ich blickte ihn leicht konsterniert an und nahm nur noch
entfernt wahr, wie er zurück in den Flur eilte, die Tür ins Schloss flog und
die Holzstufen im Treppenhaus unter seinen Schritten ächzten.
Er scheint seine Mutter wohl auch jeden Morgen zu küssen,
denn diese zärtliche Art der Verabschiedung behielt er über die ganze Woche
bei. Ich bin zwar nicht Claudia, aber mir war dieser intime Moment nicht
unangenehm oder peinlich, eher ein Ausdruck von enger Verbundenheit.
Freitagabend wollte er mit ein paar Freunden ins Kino und
war pünktlich wie die Maurer um zwölf wieder daheim. Frühstück würde er sich
selber machen, denn er wollte ausschlafen und ich musste ja um 9 Uhr den Laden
aufschließen. Gegen halb elf kam er im Trainingsanzug mit einem Tablett und einer
Thermoskanne Kaffee bewaffnet zu mir ins Geschäft.
Er stellte die Sachen auf der Theke ab, schaute sich im
leeren Laden um, kam auf mich zu und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
„Guten Morgen! Ich hab keine Lust, alleine zu frühstücken. Ich hoffe, es geht
in Ordnung, wenn ich hier … Ich hab dir auch einen Kaffee mitgebracht!“ Bei dem
Dackelblick, mit dem er mich anschaute, konnte ich einfach nicht Nein sagen.
„Und Marv, was steht bei dir heute so an?“
„Ich muss gleich mal kurz zu Hause vorbei, ich brauch für
Montag noch meine tolle Deutsch-Arbeitsmappe: ‚Texte zu Individuum und
Gesellschaft‘!“ Er steckte sich den Finger in den Hals, ich musste grinsen.
„Unsere ach so tolle Referendarin hat ihre letzte Lehrprobe versiebt und wird
übermorgen noch mal geprüft. Wer darf wieder leiden? Wir armen Schüler! Die
Frau ist einfach nur unfähig! Die sollte besser auf eine Alm und Kühe hüten!
Und was machst du?“
„Das, was ich jeden Samstagnachmittag mache, meine
Buchhaltung.“ Diesmal steckte ich mir den Finger in den Hals und der Kleine
musste grinsen.
„Und heute Abend?“
„Ich wollte eigentlich nach Dortmund, ein paar alte
Freunde besuchen. Wieso fragst du?“
„Ach, nur so! Ich bin ja heute Abend auf Party.“
„Fete? Da weiß ich ja noch gar nichts von! Wer schmeißt
sie denn?“
„Ben!“
„Ben? Wer ist das denn?“ Ich kannte zwar einige von
seinen Freunden aus seinen Erzählungen, aber wer nun wie zusammenhängt, ob
Schule oder Verein, das entzog sich dann doch meiner genauen Kenntnis.
„Unser Torwart! Eigentlich heißt er ja Benjamin, aber er
hasst diesen Namen!“ Er grinste mich an.
Ben? Benjamin? Torwart? Moment! Mir fiel es wie Schuppen
von den Augen. „Na dann grüß mir mal Clemens, falls du ihn heute Abend sehen
solltest.“
Er machte ein Gesicht wie die drei Fragezeichen. „Wer ist
denn Clemens?“
„Wenn ich alter Mann das noch richtig auf die Reihe
kriege, dürfte euer Torwart Ben oder Benjamin Münster heißen!“ Mein Gedächtnis
funktioniert ja noch!
„Richtig!“
„Tja, Clemens ist sein Vater.“
„Woher kennst du ihn denn?“
Während er weiter an seinem Frühstück mümmelte, erinnerte
ich ihn an das Shooting im Schwimmbad. Er nickte nur. „Wie lange darf ich
denn?“
Ich überlegte kurz, seine Eltern gestatteten ihm an
Wochenenden Ausgang bis Mitternacht. „Sagen wir eins. Einverstanden?“
„Onkelchen! Du bist echt spitze!“ Er grinste mich an.
„Bist du dann zu Hause?“
Was sollte das nun werden? Wollte er mich testen? Seine
Grenzen ausreizen? „Kann ich jetzt noch nicht sagen, hängt ganz von meiner
Stimmung ab. Aber eigentlich ist es ja auch egal, ob ich da bin oder nicht!
Wenn das mit uns beiden klappen soll, dann ist das Wichtigste, dass
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