Fotostudio Plange I (German Edition)
kann ich dich mal was fragen?“
„Natürlich! Schieß los! Was willst du wissen?“
„Kann es sein, dass Marvin schwul ist?“
Er wusste, dass ich Zwangsoutings hasste wie die Pest!
„Was wäre, wenn er es wäre?“
„Er wäre weiterhin ein liebenswerter, strebsamer und
intelligenter Junge, der seine Situation ziemlich gut meistert, aber das meine
ich nicht.“
„Wie meinst du es dann?“ Ich wurde neugierig.
„Wenn er es wäre und dieser Claudio wäre sein Freund,
dann würde ich ihm zur äußersten Vorsicht raten!“
Ich war sprachlos, mir fiel die Szene vorhin im Flur
wieder ein. Irgendetwas war im Busch! Lars musste mehr wissen! „Wieso meinst
du, dass sein Bekannter Claudio heißt? Wie kommst du darauf?“
„Der Name wird, wie bei jedem Stricher, wohl falsch sein,
aber … so hat er sich mir vorgestellt!“
„Sebastian ein Stricher? Lars! Was ist los?“
„Sebastian heißt er also! Aber Namen sind Schall und
Rausch! Erinnerst du dich an Kai Bauer?“
Kai Bauer! Ich grinste innerlich. Wenn man ihn einmal
erlebt hat, kann man ihn nie mehr vergessen! Kai, Sohn eines Busunternehmers
aus Dortmund, organisierte die besten Partys und war, trotz all seiner Kohle,
kein eingebildeter, neureicher Bengel, eher der Kumpel von nebenan. Aber auch
der beste Kumpel hat so seine Eigenarten und einen Charakterzug an ihm fand ich
wirklich etwas extrem: Er war der Meinung, richtigen Sex könne man nur gegen
Geld haben und handelte entsprechend! Als er nach seinem Studium Münster
verließ (die Abschiedsparty war gigantisch!), sollen etliche Stricher, glaubt
man den Gerüchten, Tränen ob ihrer versiegten Einnahmequelle vergossen haben.
Die einzigen Anforderungen an seine käuflichen Bettgenossen waren jung und
dunkelhaarig, alles andere war egal, ob aktiv oder passiv, ob groß oder klein,
ob behaart oder rasiert.
„Wie kann man diesen Bengel vergessen? Aber was hat er
mit Sebastian zu tun? Und woher weißt du das?“
„Nicht so schnell, Stefan. Du bist wie früher, du willst
immer alles sofort wissen! In der Ruhe liegt die Kraft! Kai hat vor drei Jahren
die Firma seines alten Herrn übernommen, seitdem sehen wir uns ab und an, wir
haben das gleiche Konzert-Abo für die städtischen Bühnen. Letzten Samstag wurde
Lohengrin gegeben! War wirklich grausam, der Chor …“
„Lars, bitte keine Opernkritik! Was war los?“
„Ist ja gut! Also: Wir trafen uns in der Pause. Er fand
es auch schrecklich und beim Prosecco beschlossen wir, zu gehen, um noch etwas
Spaß zu haben. Ich dachte erst, wir gehen noch raus, aber wir fuhren zu ihm, er
ist umgezogen. Sein Haus ist wirklich erste Sahne. Dürfte eine Stange Geld
gekostet haben! Allein das Bad, echter Marmor aus Carrara, ich sage dir, …“
„Larsimaus, komm bitte zur Sache!“
„Plötzlich meinte er, hätte Bock auf …“
„Sex?“
„Ja, er brauchte Abwechslung. Und du kennst ja seine
Vorlieben!“ Er schüttelte sich leicht.
„Ihr seid also ab in die Blaumaise? Oder wie heißt der
Stricherschuppen noch einmal?“
„Blaumeise stimmt schon! Aber wir gingen nicht aus,
sondern nur in sein Arbeitszimmer. Seit Kurzem bestellt er sich seine Stricher
aus dem Internet, bevorzugt quasi Versandhaussex!“ Er grinste.
„Und dann kam Sebastian?“
„Ja, oder Claudio, wie immer du willst! Ich sollte mir
auch einen aussuchen, aber ich wollte lieber gehen, denn so junges Gemüse ist
ja nicht mein Fall, du kennst mich ja! Es dauerte keine Viertelstunde, da
klingelte es auch schon und wir waren noch beim Rotwein. Kai meinte, ich
bräuchte mich nicht zu beeilen, es würde ihn sogar besonders anmachen, wenn ich
ihn dabei beobachten würde. Ist wohl sein neuster Spleen!“
„Und? Hast du sie bespannt?“
Er wurde leicht verlegen. „Naja, was heißt Spannen? Der
Stricher legte einen Strip hin, und als er dann anfing, Kai einen zu blasen,
bin ich gegangen. Ich wollte einfach nicht!“
„Und du bist dir sicher, dass es tatsächlich Sebastian
war, der da … mit Kai?“
„Sicher? Sicher kann man nie sein, aber die Größe passt,
die Statur, die Haare, die Nase, das Auftreten. Stimmt einfach alles! Wenn er
jetzt noch einen Frosch auf seiner linken Hüfte eintätowiert hat, dann ist er
es!“
Ich sackte zusammen. Wenn das wirklich wahr wäre, was
Lars mir da gerade mitgeteilt hatte, dann wäre Marv wohl der Gelackmeierte!
Oder wusste er es? Kaum
Weitere Kostenlose Bücher