Fotostudio Plange I (German Edition)
in seinen Augen hatten sich zu
Ausrufezeichen gewandelt. Er fing ebenfalls an, herzhaft zu lachen. Er hatte
anscheinend verstanden. Er betrachtete sich noch eine Weile die Bilder und
wandte sich dann zur Tür. „Ich werd dann mal meine Tasche für Morgen packen.“
Während er in seinem Zimmer verschwand, löschte ich die
Aufnahmen vom Rechner und von der Karte. Sie hatten ihren Zweck erfüllt und
konnten daher in den Orkus des Vergessens wandern, andere Augen brauchten sie
nicht zu sehen. Ich fuhr den Rechner runter und blickte auf die Uhr, es war 22:58
Uhr, also Zeit, ins Bett zu gehen. Ich ging ins Bad und machte mich fertig für
die Nacht.
Marvin und ich gaben uns dann im Bad die Klinke in die
Hand. Ich hatte mich gerade ausgezogen, als es an die Schlafzimmertür klopfte.
Ich öffnete, der Große stand in Boxer und Shirt im Türrahmen und blickte etwas
traurig drein.
„Du?“
„Ja?“
„Ich bin zwar schon groß, aber …“ Er setzte seinen
Dackelblick auf, ich verstand und deutete mit meiner Hand auf das Bett.
Er blickte mich dankbar an und schlüpfte unter die Decke.
Anscheinend wollte er nach der erneuten Enttäuschung nicht alleine sein, der
Arme. Außerdem konnte ich es nachvollziehen, dass er in dem Bett, indem er
gestern noch mit dem Germanistikstudenten mehr als Spaß gehabt hatte, nicht
unbedingt alleine liegen wollte, allein der Duft nach seinem Verflossenem dürfte
ihm Angst bereiten. Ich würde morgen dann mal wieder die Bettwäsche wechseln,
um Fredericks Geruch aus seinem Leben endgültig zu verbannen.
Ich löschte das Licht und krabbelte unter die Zudecke,
Marv kuschelte sich an mich und gab mir noch einen Gutenacht-Kuss, um dann in
Morpheus Reich einzutauchen. Er schlief ziemlich schnell in ein, er brauchte
wohl nur das Gefühl von Geborgenheit, Zärtlichkeit, Liebe und Verständnis.
Frischer Kaffeeduft weckte mich. Hatten wir
Heinzelmännchen? Eine automatische Kaffeemaschine nannte ich nicht mein eigen.
Im Flur brannte Licht. Noch schlaftrunken taperte ich in die Küche. Igor saß am
Küchentresen und las Zeitung. Er ließ das Blatt auf den Tisch gleiten und
schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. „Da ist man mal eine Nacht nicht da und schon
holst du dir junge Männer ins Bett!“
„Ich wünsch dir auch einen wunderschönen guten Morgen,
mein Geliebter. Aber ich brauche mir keine jungen Burschen zu holen, sie kommen
freiwillig! Sieht man ja an dir.“ Ich versuchte, lustig zu sein und wollte ihn
küssen, aber er entzog sich mir.
„Das kann ja jeder sagen! Was war denn wieder los, dass
Marvin bei dir im Bett geschlafen hat?“ Mitleid schwang in seiner Stimme mit.
Nachdem ich ihn aufgeklärt hatte, bekam ich meinen gewünschten
Kuss. Aber bei der einen Berührung der Lippen blieb es nicht.
„Aber was machst du denn schon so früh hier?“
„Heute ist doch Jahreshauptversammlung und als
Angestellter des Vereins muss ich heute Abend arbeiten: Stühle schleppen, Saal
herrichten, Mikrofonanlage aufbauen.“
„Und dazu braucht man über zwölf Stunden?“
„Nein! Aber ich hatte Sehnsucht nach dir. Ich kam mir
richtig verloren vor, so alleine in meinem Bett. Am liebsten würde ich …“
„Was?“
„Meine Bude in Münster aufgeben und ganz bei dir
einziehen. Ich brauch sie ja eh nur noch zum Lernen. Und die Nächte ohne dich
sind einfach nur zum …“ Er steckte sich den Finger in den Hals. „Aber das
klappt ja leider nicht, soviel Platz ist hier ja auch nicht, dass man mit drei
Mann hier wohnen könnte.“ Er seufzte.
In diesem Moment kam Marvin in die Küche. Auch er war
über den morgendlichen Besuch überrascht, gab ihn aber einen Begrüßungskuss.
„Guten Morgen, Tante Igor!“
„Ich glaube, ich muss den Kleinen mal über das Knie legen
und ihm Manieren beibringen.“ Er stand auf und machte einen Schritt auf meinen
Neffen zu, der aber war schneller und verschwand im Bad.
Wir frühstückten in aller Ruhe und Gemütlichkeit und
kitzelten Marv beim Abschied noch einmal durch, Rache musste sein.
„Wie viel Platz bräuchtest du denn?“
Er blickte erstaunt auf, anscheinend hatte er mit dieser
Frage nicht gerechnet, denn wir hatten uns kurz vorher um die Marmelade
gestritten. „Meine Studentenbude in Münster kennst du ja. Die hat knappe 25 Quadratmeter,
ein besseres Wohnklo! Wieso fragst du?“
„Wenn dir das Büro zum Lernen reicht, dann kannst du es
gerne haben.
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