Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
ich daran denke.«
»Aber warum, um Gottes willen? Was ist denn schon dabei? Du
wirst eine oder zwei Fragen beantworten müssen, das ist
alles.«
»Die Verantwortung ist zu groß. Ich kann sie nicht auf
mich nehmen.«
»Was für eine Verantwortung? Es gibt gar keine. Multivac
hat dich ausgewählt. Es ist Multivacs Verantwortung. Jeder
weiß das.«
Norman setzte sich im Bett auf. »Jeder sollte es wissen. Aber
sie wissen es nicht. Sie…«
»Nicht so laut!« zischte Sarah wütend. »Sie
hören dich ja im Nachbarhaus.«
»Sie wissen es nicht«, wiederholte Norman
flüsternd. »Wenn sie über Ridgleys Amtszeit sprechen,
sagen sie dann, daß er sie mit himmelhohen Versprechungen und
rassistischem Quatsch für sich gewonnen hat? Nein! Wenn sie von
1988 sprechen, ist es für sie nur die ›verdammte
MacComber-Wahl‹, als wäre Humphrey MacComber der einzige
gewesen, der etwas damit zu tun gehabt hätte, weil er mit
Multivac konfrontiert wurde. Ich habe selber diesen Ausdruck
gebraucht. Aber jetzt sehe ich ein, daß der arme Kerl ein
gewöhnlicher Farmer war, der nicht darum gebeten hatte,
daß man ihn auswählte. Warum sollte er mehr Schuld gehabt
haben als die anderen? Jetzt ist sein Name ein Fluchwort
geworden.«
»Du bist kindisch«, sagte Sarah eisig.
»Ich bin vernünftig. Ich sage dir, Sarah, ich nehme es
nicht an. Sie können mich nicht zur Wahl zwingen, wenn ich nicht
will. Ich werde sagen, daß ich krank bin. Ich
werde…«
Aber Sarah hatte genug. »Nichts wirst du!«
flüsterte sie in kalter Wut. »Hör mich an, Norman! Du
hast nicht nur an dich zu denken. Du weißt, was es bedeutet,
der Wähler des Jahres zu sein. Es bedeutet Reklame und Ruhm und
vielleicht einen Haufen Geld…«
»Und dann ist alles vorbei, und ich bin wieder ein kleiner
Angestellter.«
»Eben nicht. Mindestens wirst du eine eigene Filiale
bekommen, wenn du überhaupt etwas Gehirn hast, und daran wird es
nicht fehlen, weil ich dir sagen werde, was du zu tun hast. Wenn du
deine Karten richtig spielst, kannst du Kennell Stores einen
anständigen Vertrag mit einer Gehaltserhöhungsklausel und
einem ordentlichen Pensionsplan abringen.«
»Das ist doch nicht der Zweck, ein Wähler zu sein,
Sarah.«
»Für dich ist es der Zweck. Wenn du dir selbst oder mir
– ich sage es nicht um meinetwillen – schon nichts schuldig
zu sein glaubst, dann bist du es jedenfalls Linda schuldig.«
Norman stöhnte.
»Nun, bist du es etwa nicht?« schnappte Sarah.
»Doch, natürlich«, murmelte Norman.
Am 3. November wurde die Entscheidung bekanntgegeben, und nun war
es für Norman zu spät, den Rückzug anzutreten, selbst
wenn er den Mut zu einem Versuch aufgebracht hätte.
Das Haus wurde von der Außenwelt abgeriegelt. Die
Geheimdienstbeamten traten jetzt offen in Erscheinung und wiesen alle
Besucher und Neugierigen ab.
Zuerst läutete das Telefon unablässig, doch Phil Handley
nahm alle Anrufe entgegen. Bald darauf leitete das Amt alle
Gespräche direkt zum Polizeirevier um. Norman sah mit
Erleichterung, daß ihm auf diese Weise nicht nur die erfreuten
und neidischen Glückwünsche der Freunde und Bekannten
erspart blieben, sondern auch die Annäherungsversuche von
Vertretern und Politikern… Vielleicht sogar Todesdrohungen von
irgendwelchen Wirrköpfen.
Um jede Beeinflussung auszuschalten, wurden keine Zeitungen ins
Haus gelassen. Trotz Lindas lauter Proteste unterbrach Handley die
Stromzufuhr des Fernsehapparates.
Matthew knurrte und fluchte und blieb in seinem Zimmer. Linda
vergaß bald ihre anfängliche Begeisterung und schmollte
und jammerte, weil sie nicht zum Spielen hinaus durfte. Sarah
verbrachte alle Zeit, die sie nicht für die Vorbereitung der
Mahlzeiten aufwenden mußte, mit Zukunftsplänen. Und
Normans Depression nährte sich aus sich selbst.
Dann kam endlich der Morgen des 4. November 2008, und es war
Wahltag.
Norman Muller aß sein Frühstück mechanisch und
ohne Appetit. Handleys freundliche Stimme tat ihr Bestes, dem grauen
und freudlosen Morgen ein etwas angenehmeres Aussehen zu verleihen.
»Wir werden dieses Haus abschirmen, bis Mr. Muller
zurückgekehrt ist«, sagte er zu den Anwesenden, »aber
dann werden wir Sie in Ruhe lassen.« Der Geheimdienstmann hatte
eine Uniform angelegt und trug eine schwere Dienstpistole am
Koppel.
»Sie haben uns überhaupt keine Ungelegenheiten bereitet,
Mr. Handley«, sagte Sarah.
Norman trank zwei Tassen schwarzen Kaffee, wischte sich den Mund,
stand auf und sagte mit unsicherer
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