Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
ärgerlich
über sein spärliches graues Haar. »Sie sind Aasgeier,
da hast du recht. Ich will euch…«
»Aber, aber Vater!« murmelte Sarah.
Matthews polternde Stimme erstickte ihren Protest. »Ich will
euch mal was sagen. Ich war dabei, als sie Multivac aufstellten. Es
wäre das Ende der politischen Intrigen, sagten sie. Es wäre
nicht mehr nötig, Steuergelder für den Wahlkampf
auszugeben. Es würden keine grinsenden Schulterklopfer und
Gauner mehr in den Kongreß oder gar ins Weiße Haus
geschoben werden. Und was geschieht? Der Wahlkampf ist
verrückter als je zuvor, nur führen sie ihn jetzt blind
drauflos. Ich sage, man sollte mit diesem Blödsinn Schluß
machen. Zurück zu den guten alten…«
»Willst du nicht, daß Papa dieses Jahr wählt,
Opa?« fragte Linda plötzlich.
Matthew funkelte das Kind an. »Du redest, wenn du gefragt
wirst, verstanden?« Er wandte sich wieder an Sarah und Norman.
»Ich habe einmal gewählt. Bin einfach in die Wahlkabine
marschiert und habe den Hebel der Partei heruntergedrückt, die
ich wählen wollte. Es war gar nichts dabei. Ich sagte mir nur:
Dieser Bursche vertritt meine Interessen als Arbeiter, und ich
wähle ihn. Fertig. So sollte es sein.«
»Du hast gewählt?« fragte Linda aufgeregt.
»Wirklich, Opa?«
Sarah beugte sich rasch vor, um zu verhindern, was leicht zu einer
unpassenden Geschichte werden konnte, die man in der Nachbarschaft
herumerzählte. »Es ist nichts, Linda. Dein Großvater
meint damit nicht, daß er wirklich gewählt hat. Damals hat
jeder diese Art Wahl mitgemacht, aber es war ganz anders als
heutzutage.«
»Im Gegenteil!« brüllte Matthew. »Ich war
zweiundzwanzig und stimmte für Langley, und es war eine richtige
Wahl. Vielleicht hat meine Stimme nicht viel ausgemacht, aber sie war
so gut wie jede andere. Und kein Multivac, der alles…«
»Es ist Zeit, daß du ins Bett kommst, Linda«,
unterbrach Norman. »Und hör endlich mit dieser ewigen
Fragerei auf. Wenn du groß bist, wirst du das alles
verstehen.«
Er küßte sie auf die Stirn, und sie entfernte sich
widerwillig und unter mütterlichem Drängen.
Linda sagte leise: »Opa?« und blieb mit ihren
Händen auf dem Rücken vor ihm stehen, bis sich seine
Zeitung so weit senkte, daß sie buschige Augenbrauen und von
Runzeln umgebene Augen sehen konnte. Es war Freitag, der 31.
Oktober.
»Ja?« knurrte er.
Linda kam näher und legte beide Arme auf die Knie des alten
Mannes, daß er seine Zeitung weglegen mußte. »Opa,
hast du wirklich einmal gewählt?«
»Du hast doch gehört, wie ich es gesagt habe, nicht?
Denkst du vielleicht, ich erzähle Märchen?«
»N-nein, aber Mama sagt, daß damals alle gewählt
haben.«
»Das haben sie getan.«
»Aber wie konnten sie das? Wie konnte jeder
wählen?«
Matthew betrachtete seine Enkelin ernst, dann hob er sie auf und
setzte sie auf seine Knie. In belehrendem Tonfall begann er:
»Siehst du, Linda, bis vor vierzig Jahren hat jeder
gewählt. Angenommen, wir mußten uns entscheiden, wer der
neue Präsident der Vereinigten Staaten werden sollte. Jede
Partei stellte einen Kandidaten auf. Wenn der Wahltag vorbei war,
wurde gezählt, wie viele Leute den einen oder den anderen als
Präsidenten wollten. Wer die meisten Stimmen bekommen hatte, war
gewählt. Verstehst du das?«
Linda nickte. »Aber woher wußten die Leute, wen sie
wählen sollten? Hat Multivac es ihnen gesagt?«
Matthews Augenbrauen zogen sich zusammen. »Nein. Sie haben
sich einfach auf ihr eigenes Urteil verlassen, Kind. Natürlich
ging es nicht so schnell, bis alle Stimmen gezählt waren.
Manchmal dauerte es zwei Tage, bis man wußte, wer gewählt
war, und die Leute waren ungeduldig. Also erfanden sie Maschinen, die
die ersten Stimmen zählten und sie mit den Ergebnissen der
früheren Wahlen verglichen. So konnten die Maschinen ausrechnen,
wie die Wahl ausgehen und wer gewählt werden würde. Siehst
du?«
Sie nickte wieder. »Wie Multivac.«
»Die ersten Computer waren viel kleiner als Multivac. Aber
die Maschinen wurden immer größer und perfekter und
brauchten immer weniger Stimmen, um den Wahlausgang vorherzusagen.
Zuletzt bauten sie dann Multivac, und dieser Maschine genügt
schon ein einziger Wähler.«
Linda lächelte, weil ihr dieser Teil der Geschichte vertraut
war. »Das ist schön.«
»Nein, das ist nicht schön«, sagte Matthew
verdrießlich. »Ich will nicht, daß mir eine Maschine
sagt, wie ich gewählt haben würde, nur weil irgendein
Kandidat behauptet, er sei
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