Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
Schlafzimmer, und der mechanische Lehrer war bereits
eingeschaltet und wartete auf sie. Der Unterricht fand jeden Tag um
die gleiche Zeit statt, außer samstags und sonntags, weil ihre
Mutter sagte, daß kleine Mädchen besser lernten, wenn es
nach einem regelmäßigen Stundenplan geschah.
Der Bildschirm war erleuchtet, und der Lautsprecher sagte:
»Unsere heutige Rechenaufgabe besteht aus der Addition einfacher
Brüche. Bevor wir anfangen, steckst du die gestrige Hausarbeit
in den Aufnahmeschlitz.«
Margie gehorchte seufzend. Sie dachte an die alten Schulen zu der
Zeit, als der Großvater ihres Großvaters ein kleiner
Junge gewesen war. Alle Kinder aus der ganzen Nachbarschaft kamen
dort lachend und schreiend im Schulhof zusammen, saßen
miteinander im Klassenzimmer und gingen nach dem Unterricht zusammen
nach Hause. Sie lernten dieselben Aufgaben, damit sie einander bei
der Hausarbeit helfen und darüber sprechen konnten.
Und die Lehrer waren Leute…
Auf dem Bildschirm des mechanischen Lehrers erschienen die Worte:
»Wenn wir die Brüche 1 / 2 und 1 / 4 addieren wollen…«
Margie mußte daran denken, wie glücklich die Kinder in
den alten Tagen gewesen sein mußten. Wie schön sie es
gehabt hatten.
Der Witzbold
Noel Meyerhof befragte die vorbereitete Liste und wählte den
Gegenstand aus, der zuerst behandelt werden sollte. Wie
gewöhnlich verließ er sich hauptsächlich auf seine
Intuition.
Vor der Maschine wirkte er wie ein Zwerg, obwohl nur ihr kleinster
Teil sichtbar war. Das beeindruckte ihn nicht. Er sprach mit der
ruhigen Selbstverständlichkeit eines Mannes, der genau
wußte, daß er der Herr dieser Maschine war.
»Johnson«, sagte er, »kommt unerwartet früh
von seiner Geschäftsreise zurück und findet seine Frau in
den Armen seines besten Freundes. Er weicht erschrocken zurück
und sagt: ›Max! Ich bin mit der Dame verheiratet, also muß
ich. Aber warum du?‹«
Meyerhof dachte: Okay, lassen wir ihn ein bißchen
darüber nachgrübeln.
Und eine Stimme hinter ihm sagte: »He.«
Meyerhof wandte sich vom Mikrophon ab und zog verstimmt die Brauen
hoch. »Ich arbeite. Können Sie nicht klopfen?«
Sein gewohntes Begrüßungslächeln blieb aus.
Timothy Whistler, einer der Chefanalytiker. Sein Besuch kam Meyerhof
denkbar ungelegen, und er gab es zu erkennen.
Whistler zuckte die Achseln. Er hatte die Fäuste in die
Taschen seines weißen Arbeitskittels vergraben und trug eine
unbekümmerte Miene zur Schau. »Ich habe geklopft, aber Sie
antworteten nicht. Das Operationssignal war nicht
eingeschaltet.«
Meyerhof grunzte. Das stimmte. Er hatte zu intensiv über sein
neues Projekt nachgedacht, und in solchen Fällen pflegte er
unwichtige Details zu vergessen. Doch er war weit davon entfernt,
sich seine Vergeßlichkeit zum Vorwurf zu machen. Diese Sache
war wichtig.
Warum sie wichtig war, wußte er natürlich nicht.
Großmeister wußten es selten. Gerade die Tatsache,
daß sie jenseits dürrer Vernunfterwägungen ihrer
Intuition folgten, machte sie erst zu Großmeistern. Wie sonst
sollte der menschliche Geist mit diesem meilenlangen Denkapparat
Schritt halten? Schließlich war Multivac der größte
und leistungsfähigste Computer, der je gebaut worden war.
»Ich arbeite«, sagte Meyerhof abweisend. »Haben Sie
etwas Wichtiges?«
»Nichts, was man nicht auch später noch besprechen
konnte.« Whistler schluckte, und sein Gesicht nahm einen
unsicheren Ausdruck an. »Sie arbeiten?«
»Ja. Finden Sie etwas dabei?«
»Aber…« Whistler blickte in dem kleinen Raum umher,
dessen eine Seite ganz aus Schalttafeln und Bedienungspulten bestand,
die nur einen kleinen Teil von Multivac darstellten. »Es ist ja
niemand hier.«
»Wer sagt, daß jemand hier sein sollte?«
»Sie haben doch eben einen Ihrer Witze erzählt,
oder?«
»Und?«
Whistler erzwang ein Lächeln. »Sagen Sie bloß, Sie
haben Multivac einen Witz erzählt.«
Meyerhof nahm die Schultern zurück. »Warum
nicht?«
»Tatsächlich?«
»Ja.«
»Warum?«
Meyerhof starrte Whistler an, bis der andere die Augen
niederschlug. »Ich habe Ihnen keine Rechenschaft abzulegen.
Weder Ihnen noch sonst jemandem.«
»Gott bewahre, natürlich nicht. Ich war bloß
neugierig, das ist alles… Aber wenn Sie arbeiten, gehe ich
lieber.« Er machte eine unschlüssige Bewegung zur Tür,
dann blickte er nochmals im Raum umher.
»Tun Sie es«, sagte Meyerhof kühl. Seine Blicke
folgten dem anderen hinaus, und er drückte verärgert einen
Knopf.
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