Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
schließlich das Ende der Menschheit bedeuten.«
»Mir sind schon viele Probleme begegnet, bei denen es sich genau um die gleichen Alternativen handelte. Ich glaube, fast alle Probleme haben so etwas an sich.«
»Wirklich? Dann sagen Sie mir, was Sie von folgendem halten! Die Weltstahlgesellschaft berichtet von einer Überproduktion von zwanzigtausend Tonnen. Die Fertigstellung des mexikanischen Kanals wird sich um zwei Monate verzögern. Die Quecksilberminen in Almaden haben seit vergangenem Frühling einen beträchtlichen Produktionsausfall von ich weiß nicht wieviel, während die Hydroponik-Gesellschaft in Tientsin bereits Personal entläßt. Dies sind Fakten, die mir eben jetzt so einfallen. Man könnte noch bedeutend mehr dieser Art aufzählen.«
»Und ist das alles so wichtig? Entscheidend? Ich bin zu wenig Volkswirtschaftler, um mir die schrecklichen Konsequenzen derartiger Erscheinungen vorstellen zu können.«
»An sich sind sie natürlich nicht beängstigend. Man kann Mineningenieure nach Almaden schicken, wenn die Lage sich verschlechtern sollte. Techniker der Hydroponik-Gesellschaft können auf Java oder Ceylon verwendet werden, wenn sie in Tientsin keine Beschäftigung mehr finden. Zwanzigtausend Tonnen Stahl sind nicht mehr als ein paar Tage des Weltverbrauchs, und die um zwei Monate verspätete Eröffnung des mexikanischen Kanals ist gewiß nicht von so großer Bedeutung. Was mir Sorge macht, sind die Denkmaschinen. Ich habe mich deswegen bereits mit dem Direktor Ihrer Forschungsabteilung unterhalten.«
»Mit Vincent Silver? Er hat bisher nichts davon erwähnt.«
»Ich hatte ihn gebeten, mit niemandem darüber zu sprechen. Offenbar ist er meinem Wunsche nachgekommen.«
»Und was hat er Ihnen geantwortet?«
»Darauf komme ich gleich. Erst möchte ich einmal über die Denkmaschinen sprechen…, und zwar ausschließlich mit Ihnen, weil Sie die einzige Person in der ganzen Welt sind, die Robots gut genug versteht, um mir jetzt helfen zu können. Darf ich ein wenig philosophisch werden?«
»Heute abend, Stephen, dürfen Sie reden, wie Sie wollen und worüber Sie wollen. Vorausgesetzt, Sie sagen mir zunächst, was Sie eigentlich zu beweisen beabsichtigen.«
»Daß kleine Gleichgewichtsstörungen in unserem System von Angebot und Nachfrage, wie die von mir erwähnten, der erste Schritt zum Krieg sein mögen.«
»Mhm. Fahren Sie fort!«
Susan Calvin machte es sich nicht sonderlich bequem in dem Sessel, in dem sie saß, obgleich er besonders komfortabel war. Ihr kaltes dünnlippiges Gesicht und ihre flache gleichmäßige Stimme hatten im Laufe der Jahre eine gewisse Schärfe bekommen. Und obwohl Stephen Byerley ein Mann war, den sie gernhaben und dem sie vertrauen konnte, ließ sie sich auch ihm gegenüber nie gehen. Sie war nun fast siebzig Jahre alt, und man streift nicht so leicht die Gewohnheiten eines ganzen Lebens ab.
»Jede Periode menschlicher Entwicklung«, sagte der Koordinator, »hat ihre eigene Art menschlicher Konflikte gehabt… ihre eigene Art von Problemen, die offenbar nur durch Gewalt gelöst werden konnten. Und noch niemals hat Gewalt zu wirklicher Lösung geführt. Immer existierte das betreffende Problem während einer Reihe von folgenden Konflikten weiter und verschwand dann von selbst – wie sagt man da? –, ›nicht mit einem Knall, sondern mit Gewimmer‹, im Zuge der Veränderung des sozialen und ökonomischen Klimas. Dann tauchten alsbald neue Probleme auf und neue Serien von Kriegen. Anscheinend ein endloser Zyklus.
Betrachten Sie einmal verhältnismäßig moderne Zeiten! Da gab es ganze Serien dynastischer Kriege im sechzehnten und achtzehnten Jahrhundert. Damals hieß die Europa beherrschende Frage, ob das Haus Habsburg oder das Haus Valois-Bourbon den Kontinent regieren solle. Das war so einer jener unausweichlichen Konflikten weil Europa offenbar nicht halb unter der einen Dynastie und halb unter der anderen existieren konnte.
Nur daß es dennoch existierte und daß kein Krieg jemals weder die eine noch die andere Dynastie auslöschte… bis in Frankreich im Jahre 1789 eine neue soziale Atmosphäre zum Durchbruch kam, die zuerst die Bourbonen zu Fall brachte und schließlich auch das Haus Habsburg in den staubigen Schacht der geschichtlichen Verbrennungsanlage hinabstieß.
In den gleichen Jahrhunderten fanden auch die noch barbarischeren religiösen Kriege statt, bei denen es sich um die wichtige Frage handelte, ob Europa katholisch oder protestantisch sein
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