Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
Patrizier. Claire Belmont beobachtete ihn mit einer Mischung aus Entsetzen und Bestürzung durch den Türspalt.
»Ich kann nicht, Larry. Ich kann ihn einfach nicht im Haus haben.« Fieberhaft suchte sie in ihrem gelähmten Gehirn nach einem stärkeren Ausdruck für ihre Abneigung; nach einem, der überzeugend klang und die Angelegenheit ein für allemal regelte, aber ihr fiel nur eine simple Wiederholung ein.
»Nun, ich kann nicht!«
Larry Belmont betrachtete seine Frau mißbilligend, und in seinen Augen wurde Ungeduld erkennbar. Claires Unbehagen wuchs, denn sie sah ihre eigene Unzulänglichkeit darin gespiegelt. »Wir haben uns verpflichtet, Claire«, sagte er, »und ich kann es mir nicht leisten, daß du jetzt mit einem Rückzieher kommst. Die Firma schickt mich auf Grund dieser Vereinbarung nach Washington, und wahrscheinlich bedeutet es eine Beförderung. Die Sache ist vollkommen sicher und ohne jede Gefahr, das weißt du. Was hast du für Einwände?«
Sie hob ihre Hände in einer Geste der Hilflosigkeit. »Es läuft mir kalt über den Rücken, wenn ich ihn nur sehe. Ich könnte ihn nicht ertragen.«
»Er ist so menschlich wie du und ich. Beinahe, jedenfalls. Also mach keinen Unsinn. Komm, sei vernünftig.«
Er legte einen Arm um ihre Mitte und zog sie mit sich; und sie fand sich in ihrem eigenen Wohnzimmer. Das Ding war da und sah sie mit einer starren Höflichkeit an, als taxierte es die Frau, die in den nächsten drei Wochen seine Herrin sein sollte. Auch Dr. Susan Calvin war da und saß steif, dünnlippig und wie in abstrakte Überlegungen versunken auf einem Stuhl. Sie hatte den kalten, abwesenden Blick eines Menschen, der so lange mit Maschinen gearbeitet hat, daß ihm ein wenig von ihrem Stahl ins Blut übergegangen ist.
»Hallo«, sagte Claire mit schwächlicher Stimme.
Aber Larry rettete die Situation mit gespielter Herzlichkeit:
»Hier, Claire, ich möchte, daß du Tony kennen lernst, einen großartigen Burschen. Dies ist meine Frau Claire, Tony, alter Junge.« Er legte Tony freundschaftlich die Hand auf die Schulter. Tony ließ die Anbiederung mit ausdrucksloser Miene über sich ergehen.
»Guten Tag, Mrs. Belmont«, sagte er.
Claire zuckte beim Klang seiner Stimme zusammen. Sie war tief und samtig, glatt wie die Haare auf seinem Kopf und die Haut seines Gesichts.
»Oh, Sie – Sie können sprechen?« stammelte sie.
»Warum sollte ich es nicht können? Hatten Sie etwas anderes erwartet?«
Aber Claire konnte nur gequält lächeln. Sie wußte nicht, was sie eigentlich erwartet hatte. Sie blickte weg, dann beobachtete sie ihn verstohlen aus den Augenwinkeln. Sein Haar war glatt und schwarz, wie poliertes Plastikmaterial – oder bestand es wirklich aus einzelnen Haaren? Und setzte sich die glatte, olivfarbene Haut seiner Hände und seines Gesichts unter seiner korrekten Kleidung fort?
Sie verlor sich in verwirrten Spekulationen und mußte ihre Gedanken zur Konzentration zwingen, als sie sich von Dr. Susan Calvins kühler, emotionsloser Stimme angesprochen hörte.
»Mrs. Belmont, ich hoffe, Sie anerkennen die Wichtigkeit dieses Experiments. Ihr Mann hat mir gesagt, daß er Sie schon in den Grundzügen mit unserem Vorhaben vertraut gemacht hat. Als Chefpsychologin der Herstellerfirma möchte ich Ihnen noch etwas über die Anwendungsmöglichkeiten und die technischen Voraussetzungen sagen.
Tony ist ein Roboter. Seine Serienbezeichnung ist TN3, aber er wird auf Tony antworten. Er ist weder ein mechanisches Monstrum noch eine einfache Datenverarbeitungsmaschine mit Zusatzgeräten, wie man sie vor fünfzig Jahren um die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts zu bauen begann. Er verfügt über ein künstliches Gehirn, das annähernd so kompliziert ist wie unser eigenes. Es besteht aus verschiedenen Magnetspeichern, etwa mit der Schalttafel eines Fernsprechamts vergleichbar, aber auf kleinste Dimensionen miniaturisiert. So können Milliarden verschiedener Denkvorgänge und Handlungsabläufe vorprogrammiert in den Raumabmessungen eines normalen menschlichen Schädels gespeichert werden.
Solche Gehirne, wie ich diese Speichersysteme vereinfachend nennen möchte, werden für jeden Typ eigens konzipiert und programmiert. Jeder Roboter kann sich akustisch mit der Umwelt verständigen und ist mit allen Fähigkeiten ausgestattet, die für die Ausführung seiner Arbeit nötig sind.
Bisher hatten wir unser Herstellungsprogramm auf industrielle Typen beschränkt, die überall dort eingesetzt werden, wo
Weitere Kostenlose Bücher